BGH,
Beschl. v. 10.1.2006 - 1 StR 541/05
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 541/05
vom 10.1.2006
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10.01.2006 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim
vom 18. August 2005 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat
die Kosten des Rechtsmittels zu tragen. Gründe: Der
Angeklagte, ein seit 1994 (früh-)pensionierter Finanzbeamter,
wurde wegen 14 Anlagebetrügereien mit sehr hohem Schaden zu
zwei Jahren Gesamtfreiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt.
Wäre es nicht - offenbar wegen Überlastung - bei der
Polizei und bei Gericht zu im Ergebnis jahrelanger
Verfahrensverzögerung gekommen, wäre, so die
Strafkammer, eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren
verhängt worden. 1 Die auf die Sachrüge
gestützte Revision des Angeklagten, die auf den Strafausspruch
beschränkt ist, ist unbegründet (§ 349 Abs.
2 StPO). 2 Die Revision meint, die Strafkammer hätte
ausdrücklich erörtern müssen, dass der
Angeklagte als Folge der Verurteilung seine Ruhestandsbezüge
verliert. 3
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Der Senat sieht hier keinen Rechtsfehler. 4 Allerdings sind berufliche
Konsequenzen einer strafgerichtlichen Verurteilung
grundsätzlich als Wirkungen, die für das
künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu
erwarten sind, bei der Strafzumessung in Betracht zu ziehen (§
46 Abs. 1 Satz 2 StGB). Zu diesen Konsequenzen kann auch der Verlust
von Ruhestandsbezügen gehören (vgl. BGH StV 1985,
454; Tröndle/Fischer StGB, 53. Aufl. § 46 Rdn. 44
jew. m. w. N.). Ob dieser Strafzumessungsgrund ausdrücklich zu
nennen ist, hängt aber davon ab, ob sich seine
Erörterung als bestimmender Strafzumessungsgrund
aufdrängt. Dies kann vor allem dann nahe liegen, wenn durch
die Verurteilung die Grundlage für die wirtschaftliche
Existenz des Täters verloren geht, wie dies bei dem Verlust
der Ruhestandsbezüge eines früheren Beamten der Fall
sein kann (vgl. zusammenfassend BGH NStZ 1996, 539 m. w. N.). 5 Hier
hat die Strafkammer festgestellt, dass der Angeklagte - (ersichtlich)
monatlich - 2.300 € als Ruhestandsbezüge
erhält und außerdem seit 2004 durch eine beratende
Tätigkeit im Bereich Programmierung "weitere 2.500 €
bis 3.500 € im Durchschnitt" erzielt. 6 Die
Ruhestandsbezüge belaufen sich daher auf jedenfalls weniger
als die Hälfte der Gesamteinnahmen des Angeklagten. Ihr
Verlust ist daher keinesfalls mit dem Verlust der alleinigen
wirtschaftlichen Existenzgrundlage gleichzusetzen. Der Angeklagte ist
wie jeder andere Straftäter zu betrachten, der (auch)
wirtschaftliche Nachteile durch seine Tat erleidet und bei dem dieser
Umstand nicht notwendig bestimmende Bedeutung für das
Strafmaß erlangen muss, die zur Erörterung in den
Urteilsgründen zwingt (BGH aaO). 7 Auch im Übrigen
sind Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ersichtlich.
Allerdings hat die Strafkammer bei der Bemessung der Kompensation 8
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für die Verfahrensverzögerung nicht
ausdrücklich berücksichtigt, dass dem Angeklagte
dadurch jahrelang erhebliche staatliche Ruhestandsbezüge
zugeflossen sind, was bei zügigerer
Verfahrensdurchführung nicht so lange der Fall gewesen
wäre (vgl. demgegenüber zur Berücksichtigung
sämtlicher Folgen einer Verfahrensverzögerung BGH,
Beschluss vom 21. Juli 2005 - 1 StR 78/05). Näher nachzugehen
braucht der Senat dem aber hier nicht, da der Angeklagte durch die
unterlassene Erörterung dieses Gesichtspunkts nur
begünstigt worden sein kann. Nach alledem kann auf sich
beruhen, dass, wie der Generalbundesanwalt ausgeführt hat, die
von ihm als "außergewöhnlich milde" gekennzeichnete
Strafe auch dann angemessen i. S. d. § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO
wäre, wenn der behauptete Fehler bei der Strafzumessung
vorläge. 9 Nack Wahl Boetticher Elf Graf |