BGH,
Beschl. v. 10.11.2009 - 4 StR 194/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 194/09
vom
10. November 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue u. a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 10. November
2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Rostock vom 14. Oktober 2008 mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben,
a) soweit er in den Fällen II. 1. und II. 2. der
Urteilsgründe verurteilt worden ist;
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des
Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in zwei
Fällen und wegen Betruges unter Einbeziehung einer
Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren
verurteilt, wobei ein Jahr und sechs Monate als vollstreckt gelten. Die
in der einbezogenen Vorverurteilung ausgesprochene Nebenfolge wurde
aufrechterhalten. Das Verfahren hinsichtlich des Falles 257 der Anklage
wurde eingestellt und der Angeklagte im Übrigen freigesprochen.
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Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung
formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der
Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang
Erfolg, so dass es auf die von der Revision hinsichtlich der
Fälle II. 1. und II. 2. der Urteilsgründe erhobenen
Verfahrensrügen nicht ankommt. Im Übrigen ist das
Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2
StPO.
2
A.
Die Schuldsprüche wegen Untreue in den Fällen II. 1.
und II. 2. der Urteilsgründe haben keinen Bestand, da das
Landgericht insoweit den Schaden nicht rechtsfehlerfrei festgestellt
hat.
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I.
Das Landgericht hat zu diesen Taten Folgendes festgestellt:
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1. Der Zeuge J. beabsichtigte, ein aus dem neunzehnten Jahrhundert
stammendes Gebäudeensemble im H. , bekannt unter der
Bezeichnung "Weiße Stadt am Meer", in Anknüpfung an
dessen glanzvolle Historie zu einem exklusiven Ferienobjekt zu
entwickeln. Zu diesem Zweck gründete er am 4. Juni 1996 die E.
E. s-C. H. GmbH (fortan E. ), deren Gesellschafter und
Geschäftsführer er war. Der Angeklagte, der bereits
seit Anfang 1996 in die Akquisition der
Grundstücksflächen in H. eingebunden war und im
besonderen Maße das Vertrauen des Zeugen J. besaß,
war neben dem Zeugen D. vom 1. Januar 1997 bis zum 31. Dezember 1997
weiterer Geschäftsführer der E.
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und in der Folgezeit Generalbevollmächtigter der Gesellschaft.
Der Zeuge J. legte besonderen Wert darauf, dass das international
renommierte Büro des New Yorker Architekten S. die
architektonische Gestaltung des 26 Einzelgebäude umfassenden
Komplexes in A. -H. übernahm. Dieser Wunsch des Zeugen J. war
dem Angeklagten bekannt. Er wusste ferner, dass J. die Anweisung
erteilt hatte, alle Planungsleistungen direkt durch die E. zu vergeben
und die Auswahl und Kontrolle nicht einem Generalunternehmer, z. B.
einem Architekten, im Wege eines Generalplanervertrages zu
überlassen. Dem Angeklagten gelang es jedoch unter Ausnutzung
der ihm vom Zeugen J. zugestandenen Entscheidungsfreiheit gemeinsam mit
dem Seniorpartner des Architektenbüros K. aus D. , dem
gesondert verfolgten Ka. , die planerische Rekonstruktion der
historischen Gebäude in H. fast ausschließlich von
dem Architektenbüro K. durchführen zu lassen, obwohl
der Zeuge J. , was der Angeklagte ebenfalls wusste, allenfalls bereit
war, dieses Büro an dem Projekt als "Korrespondenzarchitekt"
zu beteiligen. Spätestens am 17. September 1996 trafen der
Angeklagte und der anderweitig verfolgte Ka. außerdem die
Vereinbarung, dass der Angeklagte von jedem Auftrag, der im Rahmen des
Projektes "Heiligendamm" an K. vergeben werden würde, einen
Anteil von 5 % als "Provision" erhalten sollte.
2. Am 14. Februar 1997 schlossen die E. , vertreten durch den
Angeklagten und den Zeugen D. , und K. , vertreten durch den
anderweitig verfolgten Ka. , einen "Vertrag zur Beauftragung von
Architektenleistungen für die Gebäude G. …
zum Umbau und Erweiterungs-Neubau des H. ". Vertragsgegenstand war die
Erbringung der erforderlichen Grundleistungen der Leistungsphasen I bis
VII gemäß § 15 HOAI in der damals geltenden
Fassung sowie als eigenständige Leistungsphase VIII
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gemäß § 15 HOAI die künstlerische
Oberbauleitung bezogen auf 17 Gebäude in H. zu einem
Pauschalfestpreis von 9.125.000 DM zuzüglich Nebenkosten in
Höhe von 8 % und Umsatzsteuer. Weiterhin wurde festgelegt,
dass die Leistungen der Leistungsphase I gemäß
§ 15 HOAI als bereits bezahlt angesehen werden. Die zu
erbringenden Grundleistungen wurden in dem Vertrag mit insgesamt 73 %
des ermittelten Honorars bewertet, wobei auf die Leistungsphasen I bis
IV 33 % und auf die Leistungsphase V 34 % des Pauschalhonorars (=100 %)
entfielen. In einer ergänzenden Vereinbarung vom 14.
März 1997 wurde der Leistungsumfang der zu erbringenden
Architektenleistungen unter Mitwirkung des Angeklagten auf der Seite
der E. auf insgesamt 97 % der Grundleistungen der Leistungsphasen I bis
IX gemäß § 15 HOAI erhöht. Zudem
wurden Fachingenieurleistungen, nämlich die Tragwerksplanung
bei Gebäuden gemäß §§ 64,
65 HOAI, die Planung der technischen Ausrüstung
gemäß §§ 73, 74 HOAI und die
Planung der Freianlagen gemäß §§
15, 16 HOAI, an K. vergeben. Es wurde ein Pauschalfestpreis von
23.954.369 DM zuzüglich 8 % Nebenkosten und Umsatzsteuer, d.
h. insgesamt 29.751.326,29 DM brutto, vereinbart. In diesen Vertrag
wurden zudem zusätzliche Gebäude des sog. "D. " als
Bauabschnitt V aufgenommen, obwohl es dazu bereits im Vertrag vom 14.
Februar 1997 eine Vereinbarung mit einem Honorarvolumen von 7.420.000
DM gab. Am 30. Mai bzw. 3. Juni 1997 vereinbarten die E. und K. ,
erneut unter Mitwirkung des Angeklagten, einen "2. Nachtrag zum
Architektenvertrag Nr. 1 und Nr. 4 vom 14.02.1997 zur Beauftragung von
Leistungen im Fachbereich Bauphysik zur Genehmigungs- und
Ausführungsplanung Grandhotel Rest Altbauten" zu einem
Pauschalfestpreis in Höhe von 220.000 DM zuzüglich
Nebenkosten und Umsatzsteuer.
Auf die Abschlagsrechnungen von K. , die lediglich pauschal gestellt
wurden und keine Leistungsnachweise enthielten, ordnete der Angeklagte
bis
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Ende Oktober 1997 die Überweisung von insgesamt 4.734.411,40
DM an K. eigenhändig an und veranlasste durch seine
wiederholten und nachdrücklichen Versicherungen
gegenüber dem Gesellschafter J. , die von K. in Rechnung
gestellten Leistungen seien vollständig erbracht, die
Überweisung weiterer Beträge in Höhe von
mindestens 3.500.000 DM an K. bis zum 23. Februar 1998 (Fall II. 1.).
3. Am 14. März 1997 schlossen die E. , vertreten durch den
Angeklagten und den Zeugen D. , und K. , vertreten durch den
anderweitig verfolgten Ka. , den "Generalplanervertrag zur Beauftragung
von sämtlichen Architekten- und Ingenieurleistungen F.
…" zu einem Pauschalfestpreis in Höhe von 1.800.000
DM zuzüglich Nebenkosten und Umsatzsteuer. Für das
Projekt "F. " erhielt der Angeklagte von K. bis zum 15. Juni 1998 eine
Provisionszahlung in Höhe von 18.027,61 DM netto. Diesen
Betrag nahm das Landgericht als Vermögensschaden an. Aus den
weiteren Urteilsgründen ergibt sich, dass die Kammer -
ausgehend von der Prämisse, dass K. das vollständige
Honorar für die Leistungsphasen I bis IV
gemäß § 15 HOAI verdient hatte -,
für das Projekt "F. " keine sicheren Feststellungen treffen
konnte, die eine Überzahlung von K. ergaben (Fall II. 2.).
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II.
Im Fall II. 1. der Urteilsgründe hat das Landgericht die
pflichtwidrige Handlung i.S.d. § 266 Abs. 1 StGB in den
angeordneten bzw. veranlassten Zahlungen gesehen. Das ist aus
Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Jedoch begegnen die
Ausführungen zu dem dem Angeklagten zurechenbaren
Vermögensnachteil durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
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1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist
unter Nachteil jede durch die Tathandlung verursachte
Vermögenseinbuße zu verstehen. Die
Vermögensminderung ist nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung
festzustellen, also auf Grund eines Vergleichs des
Vermögensstands vor und nach der treuwidrigen Handlung. Ein
Nachteil liegt daher nicht vor, wenn und soweit durch die Tathandlung
zugleich ein den Verlust aufwiegender Vermögenszuwachs
begründet wurde (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 15, 342, 343 f.;
BGH NStZ 2004, 205, 206).
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2. Im Ansatz zutreffend hat das Landgericht zur Ermittlung des
Vermögensnachteils im Sinne des Untreuetatbestandes den von
dem Angeklagten an K. geleisteten bzw. veranlassten Zahlungen in
Höhe von insgesamt 8.234.411,40 DM die von K. erbrachten
Leistungen und die dadurch verdienten und abrechenbaren Honorare
gegenübergestellt. Ob die Strafkammer insoweit den
zutreffenden Berechnungsansatz gewählt hat, wird aus den
Urteilsgründen indessen nicht ersichtlich; diese erweisen sich
daher als lückenhaft.
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a) Als Bewertungsgrundlage der als erbracht angesehenen Leistungen hat
das Landgericht ausschließlich das am 14. Februar 1997
vertraglich vereinbarte Pauschalhonorar von 9.125.000 DM unter
Berücksichtigung der vereinbarten Nebenkostenpauschale, des
Sicherheitseinbehalts sowie der Umsatzsteuer herangezogen. Zudem hat es
von dem verdienten Honorar hinsichtlich der Leistungsphasen II und III
einen Betrag in Höhe von 855.000 DM in Abzug gebracht, da die
diesem Betrag korrespondierenden Leistungen von dem
Architekturbüro S. erbracht worden seien. Bei der Bestimmung
der Höhe des Honorars ist die Kammer der Methode der
Einzelbewertung des Sachverständigen nicht gefolgt. Sie hat
vielmehr die für den Angeklagten günstigere
Wertungsmethode zugrunde gelegt, wonach bei Erteilung von
Baugenehmigungen das ge-
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samte Honorar bis zur Leistungsphase IV gemäß
§ 15 HOAI verdient sei. Zudem hat sie 50 % der
Architektenleistungen zur Ausführungsplanung (Leistungsphase V
gemäß § 15 HOAI) als erbracht angesehen.
Danach belaufe sich das verdiente Architektenhonorar auf einen Betrag
von 4.038.052,50 DM brutto und der konkrete Vermögensschaden
der E. angesichts der erfolgten Zahlungen auf 4.196.358,90 DM.
Fachingenieurleistungen und den höheren Pauschalfestpreis
gemäß Vertrag vom 14. März 1997 hat das
Landgericht hingegen nicht berücksichtigt; diese Vereinbarung
habe in eklatanter Weise gegen die Anweisung des Zeugen J.
verstoßen, einen Generalplanervertrag gerade nicht
abzuschließen. Tatsächlich lägen auch keine
abrechenbaren Ingenieurleistungen vor. Der Sachverständige
habe insoweit keine K. zurechenbaren Leistungen feststellen
können, ebenso wenig solche, die den Leistungsbereichen der
Generalplanerverträge zugeordnet werden könnten.
b) Diese Prüfung zum Umfang des Untreueschadens ist
unvollständig, weil sie die zwingende Regelung über
die Mindestsätze nach der HOAI außer Betracht
lässt.
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Zwar ist es grundsätzlich zulässig, für alle
in der HOAI geregelten Architekten- und/oder Ingenieurleistungen ein
Pauschalhonorar zu vereinbaren, mit dem alle vereinbarten Leistungen
eines Auftrags - der sich auch auf mehrere Objekte beziehen kann -
abgegolten sind und das genaue Honorarabrechnungssystem unterlaufen
wird. Unterschreitet allerdings das Pauschalhonorar bei zutreffender
Berechnung die Mindestsätze nach der HOAI, ohne dass die
Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 HOAI vorliegen, so ist die
Pauschalhonorarvereinbarung unwirksam mit der Folge, dass
gemäß § 4 Abs. 4 HOAI die
Mindestsätze als vereinbart gelten (Vygen in
Korbion/Mantscheff/Vygen HOAI 6. Aufl. § 4 Rdn. 49 ff.). Das
Honorar richtet sich gemäß § 4 Abs. 1 HOAI
nach
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der schriftlichen Vereinbarung "im Rahmen der durch diese Verordnung
festgesetzten Mindest- und Höchstsätze", wobei die
schriftliche Honorarvereinbarung bei Auftragserteilung getroffen werden
muss (Vygen aaO § 4 Rdn. 37). Nur innerhalb der von der HOAI
aufgestellten Grenzen sind die Parteien frei, über das Honorar
zu bestimmen (Vygen aaO § 4 Rdn. 2). Ein Verstoß
gegen den Mindestpreischarakter der HOAI liegt aber nicht schon dann
vor, wenn die Parteien einen der Parameter für die
Honorarabrechnung verändert haben. Vielmehr kommt es darauf
an, ob die gesamte vertragliche Vereinbarung zu einem Honorar unterhalb
des richtigen, nach den Faktoren der HOAI ermittelten Mindestsatzes
führt (BGH, Urteil vom 16. Dezember 2004 - VII ZR 16/03,
NJW-RR 2005, 669; Koeble in Locher/Koeble/Frik HOAI 9. Aufl. §
4 Rdn. 11, 77 f.). Ob somit ein Verstoß gegen den
Mindestpreischarakter vorliegt und der nach der HOAI berechnete
Mindestsatz verlangt werden kann, hängt nicht von der
Vereinbarung einzelner Faktoren ab, sondern davon, wie sich das
Gesamtergebnis nach der Honorarvereinbarung zu dem Gesamtergebnis einer
richtigen fiktiven Berechnung nach der HOAI verhält (Koeble
aaO § 4 Rdn. 78).
Gemessen daran kann den Urteilsgründen nicht entnommen werden,
ob das zugrunde gelegte Pauschalhonorar bei einem Gesamtvergleich zu
einem niedrigeren Honorar als nach den Mindestsätzen der HOAI
geführt hätte. In Bezug auf die Architektenleistungen
durfte das Landgericht den im Vertrag vom 14. Februar 1997 vereinbarten
Pauschalfestpreis bei der Ermittlung des Schadens nur dann zugrunde
legen, wenn dieser nicht den Betrag unterschritt, der sich aus einer
insgesamt richtigen fiktiven Berechnung nach den Mindestsätzen
der HOAI ergab. Eine solche Gegenüberstellung hat das
Landgericht nicht vorgenommen. Die pauschalen Angaben des Zeugen Z. ,
dass aus seiner kaufmännischen Sicht ein deutlich geringeres
Architektenhonorar, auch un-
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ter Zugrundelegung des Rahmens der HOAI, angemessen gewesen
wäre (UA 85), sind insoweit nicht ausreichend.
c) Das Landgericht hätte ferner weitere Erwägungen
zur Gültigkeit der zugrunde gelegten
Pauschalhonorarvereinbarung anstellen müssen.
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Im Hinblick auf die in § 4 Abs. 1 HOAI vorgeschriebene
Gleichzeitigkeit von Abschluss des Architekten- oder Ingenieurvertrages
und der schriftlichen Honorarvereinbarung hätte es der
Prüfung bedurft, ob und mit welchem Inhalt der
Architektenvertrag im Zeitpunkt der Unterzeichnung der schriftlichen
Honorarvereinbarung bereits wirksam abgeschlossen war. Denn eine
spätere Änderung der Honorarvereinbarung ist -
jedenfalls bis zur Beendigung der Architektentätigkeit - nicht
zulässig. Erfolgt somit die schriftliche Honorarvereinbarung
nicht bei Auftragserteilung, ist sie unwirksam, so dass die Regelung
des § 4 Abs. 4 HOAI eingreift und die jeweiligen
Mindestsätze als vereinbart gelten (Vygen aaO § 4
Rdn. 24 f.; Koeble aaO § 4 Rdn. 34 ff.). Demgegenüber
ist eine spätere - also nach Auftragserteilung erfolgte -
Honorarvereinbarung immer dann möglich und damit wirksam, wenn
sich nach Auftragserteilung das Leistungsziel in irgendeiner Form nach
Art oder Umfang ändert (Vygen aaO § 4 Rdn. 33). Im
Vertrag vom 14. Februar 1997 wurde festgelegt, dass die Leistungen der
Leistungsphase I als bereits bezahlt anzusehen sind, weshalb schon vor
Vertragsabschluss am 14. Februar 1997 ein anderes,
möglicherweise mündliches oder durch konkludentes
Verhalten zustande gekommenes Vertragsverhältnis bestanden
haben könnte. Bei einer Änderung des Leistungsziels
wären aber in Bezug auf das Gleichzeitigkeitserfordernis
sowohl die Honorarvereinbarung vom 14. Februar 1997 als auch diejenige
vom 14. März 1997 rechtswirksam, wobei hinsichtlich des
Vertrages vom 14. März 1997 unklar bleibt, wie sich die
Pauschale zwischen Architekten- und Ingenieurleistungen
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aufteilt. Das Landgericht legt seiner Berechnung des abrechenbaren
Architektenhonorars das vereinbarte Pauschalhonorar in Höhe
von 9.125.000 DM zugrunde und stellt insoweit nicht fest, ob und wenn
ja in welcher Höhe sich durch den 1. und/oder 2. Nachtrag des
Architektenvertrages vom 14. Februar 1997 der Pauschalfestpreis
erhöht hat.
Auch ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Kammer bezogen auf die
Leistungsphasen I bis IV zwischen den Architekten- und
Ingenieurleistungen differenziert, da insgesamt - also auch
hinsichtlich der Fachingenieurleistungen - Baugenehmigungen erteilt
wurden, wie sich aus der Aussage des Zeugen M. ergibt (UA 83).
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d) Die Schadensermittlung beruht hier auf dem vom Landgericht
gewählten fehlerhaften Berechnungsansatz. Entgegen der Ansicht
des Generalbundesanwalts waren die durch K. für das Projekt H.
erbrachten Leistungen für den Auftraggeber E. nicht wertlos.
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aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine Ausnahme
von dem Grundsatz, dass bei Gleichwertigkeit von Leistung und
Gegenleistung ein Vermögensnachteil zu verneinen ist, in
Betracht kommen, wenn eine zwar objektiv gleichwertige Gegenleistung
unter Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse
und Verhältnisse des Geschädigten sowie der von ihm
verfolgten Zwecke subjektiv wertlos ist, wobei auf den Standpunkt eines
objektiven Betrachters abzustellen ist (vgl. nur BGHSt 16, 321, 325
f.). Die im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen
rechtfertigen eine solche Ausnahme jedoch nicht.
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bb) Das Landgericht hat gerade nicht festgestellt, dass die
Gegenleistung von K. für die E. nicht zu dem vertraglich
vorausgesetzten Zweck verwendbar war und sie diese auch nicht in
anderer zumutbarer Weise verwenden konnte. Dass entgegen den
Vorstellungen des Zeugen J. kein Stararchitekt die Planungsleistungen
erbracht hat, sondern die Architekten des Büros K. , bietet
für sich genommen keinen Anhalt für die Annahme der
Wertlosigkeit der von K. erbrachten Gegenleistung. Zwar ist der
gesondert verfolgte Ka. tatsächlich gelernter Maurer und kein
Architekt, jedoch lag der wesentliche Teil der Leistungserbringung in
der Hand ausgebildeter Architekten. Dies gilt etwa für den
Zeugen P. , Diplom-Ingenieur und Architekt, der als Projektleiter
für den Bereich "Grandhotel" und "Logierhäuser"
zuständig war (UA 86 f.). Auch der gesondert verfolgte Ho. ,
ebenfalls Diplom-Ingenieur und Architekt, war unter anderem
für die technische Bearbeitung zuständig,
während sich der Zuständigkeitsbereich des
anderweitig verfolgten Ka. lediglich auf die Auftragsbeschaffung und
die Vertragsverhandlungen erstreckte (UA 16, 114 f.). Die erbrachten
Leistungen der Architekten von K. waren auch keineswegs wertlos, denn
auf der Grundlage der von K. eingereichten Bauanträge erhielt
E. für die vertragsgegenständlichen Bauvorhaben
Baugenehmigungen (UA 37).
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III.
Auch im Fall II. 2. hätte das Landgericht die
Mindestsätze der HOAI berücksichtigen
müssen. Bezogen auf das Projekt "F. " hat es die
Untreuehandlung in der Vereinbarung einer dem Angeklagten
zufließenden Provision gesehen. Ein daraus entstehender
Nachteil i.S.d. § 266 StGB für den
Geschäftsherrn, hier die E. , kommt aber nur in Betracht, wenn
der Zuwendende bereit gewesen wäre, seine Leistung auch zu
einem um die Kick-Back-Zahlung
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reduzierten Entgelt zu erbringen. Der Schaden liegt dann darin, dass
der Treupflichtige die konkrete und sichere Möglichkeit eines
günstigeren Abschlusses nicht für seinen
Geschäftsherrn realisiert hat (vgl. BGHSt 31, 232; Dierlamm in
Münchener Kommentar § 266 Rdn. 231 m.w.N.). Zwar hat
die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei Provisions- oder
Schmiergeldzahlungen in der Regel einen Nachteil im Sinne des
§ 266 StGB angenommen. Dieser Rechtsprechung liegt die
Erwägung zugrunde, dass jedenfalls mindestens der Betrag, den
der Vertragspartner für Schmiergelder aufwendet, auch in Form
eines Preisnachlasses dem Geschäftsherrn des
Empfängers hätte gewährt werden
können (BGHSt 50, 299, 314; BGH, Beschluss vom 11. November
2004 - 5 StR 299/03, jeweils m.w.N.). Dies würde hier aber
bereits dann ausscheiden, wenn schon der ausgehandelte Pauschalpreis
die Mindestsätze der HOAI unterschritt oder deren
Mindestsätzen jedenfalls entsprach.
B.
Die Verurteilung wegen Betruges im Fall II. 3. der
Urteilsgründe hält rechtlicher
Überprüfung stand. Insoweit wird auf die
Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift
vom 2. Juni 2009 verwiesen.
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C.
Der Senat bemerkt jedoch ergänzend:
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Im Vertrag vom 14. Februar 1997 zwischen E. und K. betreffend das
Projekt "G. " war unter "§ 9
Ausführung/Ausführungsfristen" vereinbart worden,
dass K. als einziger Vertragspartner des Bauherrn sämtliche
Verpflichtungen dieses Vertrages als eigene Vertragsleistung schuldet.
Es han-
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delte sich daher im Verhältnis zwischen E. als Bauherr und K.
als Auftragnehmer auch hinsichtlich der von dem Architekten S. (als
Subunternehmer der K. ) erbrachten planerischen Leistungen um
Vertragsleistungen des Büros K. und demzufolge hinsichtlich
der 855.000 DM entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts um eine
Abschlagszahlung für eine erbrachte Leistung von K.
für das Projekt "G. ". Insoweit ist auch die Behandlung der
für den Architekten S. gedachten 855.000 DM im Rahmen der
Ermittlung des Schadens zu Fall II. 1. der Urteilsgründe (UA
135 f.) fehlerhaft. Der Betrag ist nicht vom verdienten und
abrechenbaren Architektenhonorar abzuziehen, da es sich um eine
Abschlagszahlung für eine erbrachte Leistung von K. handelte.
RiBGH Athing ist infolge
Urlaubs gehindert zu
unterschreiben.
Tepperwien Maatz Tepperwien
Franke Mutzbauer |