BGH,
Beschl. v. 11.2.2000 - 3 StR 486/99
VereinsG § 18 Satz 2, § 20 Abs. 1 Nr. 4
StGB § 52 Abs. 1
Übernimmt ein Täter im Interesse eines mit einem
Betätigungsverbot belegten Vereins ein auf eine gewisse Dauer
angelegtes Amt oder einen bestimmten Tätigkeitsbereich mit dem
Willen, zur Aufrechterhaltung oder zur Unterstützung der
verbotenen Tätigkeit des Vereins beizutragen, so verbindet das
übernommene Amt sämtliche in seiner Ausübung
begangenen Zuwiderhandlungen gegen das vereinsrechtliche
Betätigungsverbot zu einer einzigen Tat (Bewertungseinheit)
des § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG (im Anschluß an BGHSt
43, 312).
BGH, Beschl. vom 11. Februar 2000 - 3 StR 486/99 - LG Dortmund
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 486/99
vom
11. Februar 2000
in der Strafsache gegen
1.
2.
wegen Zuwiderhandelns gegen ein vereinsrechtliches
Betätigungsverbot
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 11. Februar
2000 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig
beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Dortmund vom 4. Mai 1999, soweit es sie betrifft, mit den
Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen einer Zuwiderhandlung gegen
ein vereinsrechtliches Betätigungsverbot (§ 20 Abs. 1
Nr. 4 VereinsG) schuldig gesprochen; es hat gegen den Angeklagten Yi.
eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten und gegen den Angeklagten Y. eine
solche von acht Monaten verhängt und deren Vollstreckung
jeweils zur Bewährung ausgesetzt.
Die Revisionen der Angeklagten haben schon mit der Sachrüge
Erfolg, so daß es auf die vom Angeklagten Y.
außerdem erhobene Verfahrensrüge nicht ankommt. Die
vom Landgericht getroffenen Feststellungen reichen für beide
Angeklagte nicht aus, um einen im Schuldumfang hinreichend bestimmten
Schuldspruch zu tragen.
1. Nach den Urteilsfeststellungen sind die Angeklagten
mitgliedschaftlich in die Struktur der PKK eingebunden, die zusammen
mit ihrer Teilorganisation ERNK mit Verfügung des
Bundesministers des Innern vom 22. November 1993 mit einem seit dem 26.
März 1994 unanfechtbaren Betätigungsverbot nach
§ 18 Satz 2 VereinsG belegt worden ist. Im Rahmen ihrer
Tätigkeit für die PKK waren die Angeklagten u.a. als
Vorstandsmitglieder für den "Verein zur Förderung des
deutsch-kurdischen Kulturaustausches e.V." in B. tätig, einem
Verein, in und aus dessen Räumlichkeiten heraus nach dem
Betätigungsverbot häufig Propaganda für die
PKK und die ERNK betrieben wurde. Der Angeklagte Yi. war in der Zeit
vom 14. April 1996 bis zum 22. März 1997 und vom 1. Februar
1998 bis zum 24. Januar 1999 Mitglied des Vereinsvorstandes, der
Angeklagte Y. war Vorstandsmitglied in der Zeit vom 14. April 1996 bis
zum 22. März 1997, also in diesem Zeitraum gemeinsam mit dem
Angeklagten Yi. , und wieder - ohne den Mitangeklagten - ab dem 24.
Januar 1999. Während ihrer Zeiten als
Vereinsvorstände kam es zu folgenden einzelnen Begebenheiten
im Zusammenhang mit dem "Verein zur Förderung des
deutsch-kurdischen Kulturaustausches e.V.":
(1) Im April 1996 hielt sich etwa einen Monat lang ein ehemaliger
Guerillakämpfer der PKK, der Zeuge Ku. , in den
Räumlichkeiten des Vereins auf, um dort auf weitere Weisungen
der PKK zu warten;
(2) am 4. August 1996 wurde eine für H. geplante
"Volksversammlung" der PKK von den verantwortlichen
PKK-Funktionären in die Räume des Kulturvereins in B.
verlegt, wo sie auch durchgeführt wurde;
(3) am 26. November 1996 holte der anderweitig verfolgte Ö.
mit einem Lieferwagen Pakete mit Propagandamaterial der PKK aus den
Räumlichkeiten des Vereins ab, die für Br. und andere
norddeutsche Städte bestimmt waren; am Abend desselben Tages
fand eine Durchsuchung der Vereinsräume statt, bei der
umfangreiches Propagandamaterial der PKK und der ERNK (Zeitschriften,
Plakate, Fahnen usw.) sichergestellt wurde;
(4) desgleichen fand am 29. Januar 1997 wiederum eine Durchsuchung der
Vereinsräume statt, nachdem beobachtet worden war,
daß Ö. zu einem Verlag in K. gefahren, dort
zahlreiche Pakete in seinen Lieferwagen geladen, diese nach B. gefahren
und in die Räume des Vereins gebracht hatte; die Durchsuchung
führte wiederum zur Sicherstellung umfangreichen
Propagandamaterials der PKK.
Die vier Ereignisse hat die Strafkammer für beide Angeklagte
als Straftaten gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4
VereinsG gewertet, weil sie in der Zeit ihrer gemeinsamen
Vorstandsmitgliedschaft in dem Verein stattgefunden haben.
Ferner hat das Landgericht
(5) dem Angeklagten Yi. die Teilnahme an einer um den Jahreswechsel
1996/1997 an einem nicht bekannten Ort durchgeführten
Versammlung höherrangiger PKK-Funktionäre als
Verstoß gegen § 20 Abs. 1 Nr. 4
VereinsG angelastet;
(6) ebenso die Teilnahme an einer vom "Verein zur Förderung
des deutsch-kurdischen Kulturaustausches e.V." angemeldeten
"Informationsveranstaltung", die am 17. Mai 1998 in einer Schule in B.
stattfand und Zwecken der PKK diente;
(7) als nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG strafbares Verhalten
des Angeklagten Y. hat das Landgericht schließlich gewertet,
daß zur Zeit seiner ab dem 24. Januar 1999 laufenden zweiten
Zugehörigkeit zum Vereinsvorstand anläßlich
einer am 12. Februar 1999 durchgeführten erneuten Durchsuchung
des "Vereins zur Förderung des deutsch-kurdischen
Kulturaustausches e.V." größere Mengen
Propagandamaterials der PKK und ihrer Teilorganisationen sichergestellt
wurden. Bei dieser Durchsuchung stellte die Polizei fest, daß
die Räume des Vereins immer noch, wie bei früheren
Gelegenheiten schon festgestellt, mit ERNK-Symbolen und Bildern von
Abdullah Öcalan geschmückt waren.
Diese Ereignisse hat das Landgericht jeweils als Vergehen
gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG -
für den Angeklagten Yi. in sechs Einzelfällen,
für den Angeklagten Y. in fünf Einzelfällen
- gewertet und angenommen, daß die Angeklagten sich jeder nur
wegen einer einzigen Tat des § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG
schuldig gemacht haben, weil sie sich über einen
längeren Zeitraum mitgliedschaftlich in der PKK
betätigt hätten, so daß jeweils eine
natürliche Handlung anzunehmen sei. Diese Würdigung
hält unter mehreren Gesichtspunkten rechtlicher
Überprüfung nicht stand.
2. Das Landgericht hat die rechtliche Ausgestaltung des Tatbestandes
des § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG nicht hinreichend bedacht und
den Angeklagten außerdem einzelne Ereignisse als
Verstöße gegen ein vereinsrechtliches
Betätigungsverbot angelastet, für die es keine
ausreichenden, den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 20
Abs. 1 Nr. 4 VereinsG genügenden Feststellungen getroffen hat.
a) § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG beinhaltet, anders als
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 VereinsG, kein Organisationsdelikt.
Diese Vorschrift bezieht sich auf die sog. ausländischen
Vereine des § 15 Abs. 1 Satz 1 VereinsG, die nicht wenigstens
über eine Teilorganisation im Inland verfügen. Gegen
sie ergeht mangels inländischer Organisation kein
Organisationsverbot, sondern ein Betätigungsverbot
gemäß § 18 Satz 2 VereinsG.
Verstöße gegen ein solches
Betätigungsverbot werden von § 20 Abs. 1 Nr. 4
VereinsG erfaßt und strafrechtlich sanktioniert (vgl. BGHSt
42, 30, 33 f.; Köbler NStZ 1995, 531, 532; Wache in
Erbs/Kohlhaas, 122. Erg.Lfg., § 20 VereinsG Rdn. 18 f.).
Adressaten des einem Organisationsverbot sachlich gleichwertigen
Betätigungsverbots (vgl. BGHSt 42, 30, 34; Köbler
NStZ aaO S. 532) sind alle Personen, durch die der selbst nicht
handlungsfähige Verein im Inland tätig wird, so
daß von der Strafnorm des § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG
außer den Vereinsmitgliedern auch Dritte erfaßt
werden, die, ohne mitgliedschaftlich oder sonst organisatorisch
eingebunden zu sein, für den Verein in der Weise aktiv werden,
daß ihr Handeln als Tätigkeit des Vereins erscheint
oder wenigstens geeignet ist, das mit dem Verbot belegte
Tätigwerden des Vereins zu unterstützen (BGHSt aaO S.
36). Tatbestandsmäßig im Sinne des § 20
Abs. 1 Nr. 4 VereinsG ist deshalb jedes Handeln, das sich als
Betätigung für den Verein oder wenigstens als
Förderung der Aufrechterhaltung oder Unterstützung
der Tätigkeit des Vereins darstellt, indem etwa ein
außenstehender Dritter ein Verhalten entfaltet, das auf die
Tätigkeit des Vereins bezogen und konkret geeignet ist, eine
vorteilhafte Wirkung für dessen verbotene Betätigung
hervorzurufen und damit das verbotene Wirken des Vereins zu
fördern (vgl. BGHSt 42, 30, 36 f.).
b) Wegen der von einem Organisationsverbot zu unterscheidenden
andersartigen Rechtsnatur des § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG setzt
eine tatbestandliche Zuwiderhandlung gegen ein solches
Betätigungsverbot stets entweder ein Tätigwerden
für den Verein voraus oder aber ein Verhalten, das - sei es
als aktives Tun, Dulden oder pflichtwidriges Unterlassen - konkret auf
die verbotene Vereinstätigkeit bezogen und geeignet ist,
für diese vorteilhaft zu wirken. Insbesondere die
bloße Mitgliedschaft in einem mit einem
Betätigungsverbot nach § 18 Satz 2 VereinsG belegten
Verein reicht für sich genommen, anders als etwa bei der
Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung nach § 129
a Abs. 1 StGB, bei der nicht stets das Ausüben einer
Tätigkeit vorausgesetzt wird (vgl. BGHSt 29, 114, 123), nicht
als strafbare Handlung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG
aus. Auch gehört § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG nicht zu
den Deliktstatbeständen, die nach ihrer Handlungsbeschreibung
ein über den Einzelfall hinausreichendes, auf gleichartige
Tatwiederholung gerichtetes Verhalten und somit ganze Handlungskomplexe
erfassen können und sollen. Wie der Senat bereits mehrfach
entschieden hat, ermöglicht § 20 Abs. 1 Nr. 4
VereinsG für sich genommen nicht die rechtliche Verbindung
mehrerer Zuwiderhandlungen zu einer Tat im Sinne einer tatbestandlichen
Handlungseinheit. § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG ist vielmehr nach
seiner Deliktsnatur ein auf das verwaltungsrechtliche
Betätigungsverbot bezogener Ungehorsamstatbestand, der durch
jede dem Verbot widersprechende und für den Verein
vorteilhafte Betätigung erfüllt wird. Jeder
Verstoß gegen das Betätigungsverbot wird deshalb
grundsätzlich als solcher selbständig tatbestandlich
erfaßt und ist eine selbständige Tat, die mit
anderen Zuwiderhandlungen nicht durch die tatbestandliche
Handlungsumschreibung, sondern allenfalls nach den Grundsätzen
der sogenannten natürlichen Handlungseinheit zu einer Tat im
Rechtssinne zusammengefaßt werden kann (vgl. BGHSt 43, 312,
314; BGHR VereinsG § 20 Abs. 1 Nr. 4 Tatmehrheit 3 = NStZ
1999, 411 f.).
c) Diese Grundsätze hat das Landgericht in mehrfacher Hinsicht
nicht ausreichend beachtet. Zum einen hat es in der Mehrzahl der
Fälle ersichtlich den Umstand der mitgliedschaftlichen
Einbindung der Angeklagten in die PKK und ihre Zugehörigkeit
zum Vorstand des "Vereins zur Förderung des deutsch-kurdischen
Kulturaustausches e.V." in B. ausreichen lassen, um ihnen Ereignisse in
den Räumlichkeiten des Vereins oder im Zusammenhang mit dem
Kulturverein als von ihnen zu verantwortende Zuwiderhandlungen im Sinne
des § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG zuzurechnen, ohne
Feststellungen dazu zu treffen, ob die Angeklagten von den einzelnen
Vorfällen überhaupt wußten und was sie in
deren Zusammenhang konkret unternommen oder unterlassen haben.
Abgesehen davon, daß auch an keiner Stelle des Urteils
mitgeteilt wird, welche Funktionen und Aufgaben den Angeklagten
während der Zeiten ihrer Zugehörigkeit zu dem
Vorstand des Kulturvereins zukamen, reicht jedenfalls allein die
Tatsache ihrer Vorstandsmitgliedschaft nicht als Grundlage für
die Annahme aus, die einzelnen Aktivitäten für die
PKK seien mit ihrer Duldung und Einwilligung erfolgt, ohne konkrete,
über die bloße Zugehörigkeit zum
Vereinsvorstand hinausgehende Anhaltspunkte für diese
Schlußfolgerung zu benennen.
Ebenso fehlerhaft ist es, die einzelnen als Zuwiderhandlungen nach
§ 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG den Angeklagten zugerechneten
Vorkommnisse allein deshalb als eine Tat zu werten, weil sie sich
längere Zeit mitgliedschaftlich in der PKK betätigt
haben (vgl. UA S. 35). Die Mitgliedschaft in der PKK als solche ist im
Hinblick auf die bereits dargelegte Deliktsstruktur des § 20
Abs. 1 Nr. 4 VereinsG nicht geeignet, mehrere Zuwiderhandlungen gegen
das Betätigungsverbot zu einer (tatbestandlichen)
Handlungseinheit zu verbinden; auch liegen die rechtlichen
Voraussetzungen für die Annahme einer natürlichen
Handlungseinheit nicht vor.
Eine natürliche Handlungseinheit setzt voraus, daß
der Täter aufgrund eines einheitlichen Willens im Sinne
derselben Willensrichtung handelt und die einzelnen
tatbestandsverwirklichenden Handlungen in einem derart engen
- zeitlichen, räumlichen und sachlichen - Zusammenhang stehen,
daß sie bei natürlicher, an den Anschauungen des
Lebens orientierter Betrachtungsweise als ein einheitliches,
zusammengehörendes Tun erscheinen (BGHSt 43, 312, 315
m.w.Nachw.). Daß diese Voraussetzungen vorliegend nicht
erfüllt sind, tritt schon angesichts der nicht
unbeträchtlichen Zeitspannen zwischen den einzelnen
Geschehnissen und der Verschiedenartigkeit der den Angeklagten
zugerechneten Ereignisse deutlich zutage. Allerdings hat der Senat in
der bereits zitierten Entscheidung BGHSt 43, 312 selbst darauf
hingewiesen, daß die Annahme einer natürlichen
Handlungseinheit am ehesten im Rahmen mitgliedschaftlicher
Betätigung, insbesondere bei ununterbrochen fortlaufenden,
gegen das Betätigungsverbot verstoßenden Handlungen
in Betracht kommen kann (vgl. BGHSt aaO S. 315 f.). Zum einen kann aber
vorliegend von ununterbrochen fortdauernden Handlungen der Angeklagten
keine Rede sein, weil sie mit jeweils zeitlichen Unterbrechungen als
Vorstandsmitglieder des "Vereins zur Förderung des
deutsch-kurdischen Kulturaustausches e.V." fungiert haben, und weil
zwischen den Einzelfällen teilweise mehrere Monate liegen. Zum
anderen dürfen die Ausführungen des Senats nicht
fehlgedeutet werden. Die Darlegungen des Senats besagen nur,
daß in einem engen zeitlichen, räumlichen und
sachlichen Zusammenhang ununterbrochen begangene natürliche
Handlungen nach einer an den Anschauungen des Lebens orientierten
Betrachtungsweise eher als ein einheitlich zusammengehörendes
Tun erscheinen, wenn der Täter diese Handlungen als Mitglied
des mit dem Betätigungsverbot belegten Vereins in dessen
Interesse vornimmt, so daß es deshalb auch naheliegend
erscheint, daß er aufgrund eines einheitlichen Willens
gehandelt hat.
3. Unbeschadet der dargelegten Rechtsgrundsätze und der
bisherigen Rechtsprechung, an der der Senat festhält, besteht
aber im vorliegenden Fall Anlaß, eine bisher vom Senat noch
nicht erörterte, anders geartete Form einer rechtlichen
Handlungseinheit in Betracht zu ziehen, die sich je nach den
Umständen der konkreten Fallgestaltung aus der Art der
Zuwiderhandlung oder aus der Form des Tätigwerdens des
Angeklagten für den mit einem Betätigungsverbot
belegten Verein ableiten läßt.
So ist zunächst zu berücksichtigen, daß
schon in der Übernahme eines auf eine gewisse Dauer angelegten
Amtes oder einer Funktion, um diese (zumindest auch) im Interesse eines
mit einem Betätigungsverbot belegten Vereins - hier der PKK -
auszuüben, eine Betätigung liegen kann, die konkret
geeignet ist, eine vorteilhafte Wirkung für die verbotene
Tätigkeit des Vereins hervorzurufen, so daß sich
schon die Übernahme eines solchen Amtes als Zuwiderhandlung im
Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG darstellt. Allerdings
kann das anschließende bloße Innehaben eines
solchen Amtes nicht als andauernder Verstoß gegen ein
vereinsrechtliches Betätigungsverbot gewertet werden, weil
§ 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG auch kein Dauerdelikt beinhaltet
(BGHSt 43, 312, 315). Wenn im Rahmen der Ausübung eines
solchen Amtes aber weitere Tätigkeiten entfaltet werden, die
sich ebenfalls unterstützend oder sonst vorteilhaft auf die
Aufrechterhaltung der verbotenen Tätigkeit des Vereins - hier
konkret der PKK oder ihrer Unterorganisationen - auswirken, liegen
darin zwar jeweils neue und zusätzlich begangene
Zuwiderhandlungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4
VereinsG, diese erscheinen jedoch als notwendige, weil schon in der
Übernahme des Amtes angelegte Folge bzw. als Ausfluß
der Amtsträgerschaft und der Ausübung der im
Interesse des mit einem Betätigungsverbot belegten Vereins
übernommenen Funktionen. In derartigen Fällen ist es
wenig sachgerecht, jede einzelne Zuwiderhandlung gesondert
abzuurteilen, sondern es erscheint naheliegend, diese als eine Tat im
Rechtssinne zu bewerten. Die Bewertung mehrerer, schon für
sich genommen tatbestandsmäßiger Zuwiderhandlungen
gegen ein Betätigungsverbot i.S.d. § 18 Satz 2
VereinsG als eine einheitliche Tat ist auch dann zwar nicht in der
Handlungsbeschreibung des § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG angelegt
und deshalb auch keine tatbestandliche Handlungseinheit im eigentlichen
Sinne. Die Möglichkeit, an sich eigenständige
tatbestandsmäßige Handlungen strafrechtlich als eine
Einheit zu bewerten, ist allein in einer Eigenheit, der besonderen Art
und Weise der Tatbestandserfüllung begründet, der das
Element der Wiederholung immanent ist.
Jedenfalls dann, wenn ein Täter ein auf eine gewisse Dauer
angelegtes Amt oder einen Tätigkeitsbereich im Interesse eines
mit einem Betätigungsverbot belegten Vereins mit dem Willen
übernimmt, zur Aufrechterhaltung oder zur
Unterstützung der verbotenen Tätigkeit dieses Vereins
beizutragen, und in Ausübung dieser Funktion weitere
für den Verein förderliche Tätigkeiten
entfaltet, ist eine solche einheitliche Bewertung mehrerer Handlungen
nach Auffassung des Senats gerechtfertigt und geboten. In diesen
Fällen verbindet das übernommene Amt oder die
übernommene Funktion als Grundlage und Gegenstand der
einheitlichen strafrechtlichen Bewertung sämtliche in
Ausübung dieses Amtes begangenen weiteren Zuwiderhandlungen
i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG zu einer einzigen Tat
(Bewertungseinheit). Voraussetzung ist dabei allerdings, daß
die weiteren Tätigkeiten i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 4
VereinsG in Ausübung des Amtes bzw. der übernommenen
Funktion erfolgen und nicht nur gelegentlich oder lediglich zeitgleich
mit der Innehabung des Amtes vorgenommen werden. Derartige nicht
funktionsbezogene Tätigkeiten, etwa im privaten Bereich, sind
dann, wenn die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen
vorliegen, als eigenständige Zuwiderhandlungen
gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4
VereinsG zu behandeln.
4. Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Landgericht mit
seiner Orientierung an den Zeiten der Zugehörigkeit der beiden
Angeklagten zum Vorstand des "Vereins zur Förderung des
deutsch-kurdischen Kulturaustausches e.V." zumindest einen rechtlich
zutreffenden Ansatz gewählt. Aus dem Umstand, daß
beide Angeklagten nach den getroffenen Feststellungen Mitglieder der
PKK sind, kann auch noch mit hinreichender Sicherheit abgeleitet
werden, daß sie das Amt eines Vorstandsmitgliedes in dem
Kulturverein, der nicht identisch mit der PKK oder einer der ebenfalls
mit einem Betätigungsverbot belegten Unterorganisationen der
PKK ist, aber zumindest in der Vergangenheit auch Ort und Ausgangspunkt
vielfältiger Propagandatätigkeiten zugunsten der PKK
war, im Interesse und mit dem Willen zur Aufrechterhaltung der
Tätigkeiten der PKK im B. Raum übernommen haben.
a) Entgegen der Auffassung des Landgerichts liegen aber schon unter dem
Gesichtspunkt der möglicherweise verklammernden Wirkungen der
Übernahme und Ausübung eines Amtes oder einer
Funktion für die PKK mehrere
- nämlich mindestens zwei - Taten der Angeklagten vor. Als
erste, von beiden Angeklagten begangene, einer einheitlichen Bewertung
zugängliche Tat gemäß § 20 Abs. 1
Nr. 4 VereinsG kommen die in Ausübung des Vorstandsamtes in
der Zeit vom 14. April 1996 bis zum 22. März 1997 begangenen
mehreren Einzeltaten in Betracht. Spätere, in den Zeiten der
jeweils zweiten Zugehörigkeit der Angeklagten zum Vorstand des
Kulturvereins und in Ausübung dieser Funktion begangene
Zuwiderhandlungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4
VereinsG würden als neue, d.h. zweite einheitliche Straftat
gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4
VereinsG zu werten sein.
b) Im übrigen ist es fehlerhaft, den Angeklagten die einzelnen
Vorfälle allein schon deshalb zuzurechnen, weil sie in die
Zeit ihrer Vorstandstätigkeit fallen und in einem Zusammenhang
mit dem Kulturverein stehen. Die Feststellungen reichen in der Mehrzahl
der Fälle nicht aus, eine Strafbarkeit der Angeklagten zu
begründen. Soweit es um die Aufnahme des Zeugen Ku. in die
Vereinsräumlichkeiten, die Durchführung von
"Volksversammlungen" oder das Aufbewahren von Propagandamaterial der
PKK und der ERNK in den Vereinsräumen geht, hätte es
näherer Feststellungen bedurft, ob die Angeklagten
über diese Ereignisse informiert waren, was sie getan oder
pflichtwidrig unterlassen haben, um die Tätigkeiten anderer
für die PKK zu unterstützen. Von Bedeutung
wären auch Feststellungen zu der Art der Vorstandsaufgaben und
der Verantwortlichkeiten der Angeklagten im Vorstand des Vereins, um
beurteilen zu können, ob etwa die Lagerung in den und
Verteilung von Propagandamaterial aus den Räumen des Vereins
der Zustimmung und Billigung gerade der Angeklagten bedurfte; allein
auf der Duldung solcher Propagandamaßnahmen beruht aber z.B.
der Schuldvorwurf im letzten, dem Angeklagten Y. angelasteten
Einzelfall vom 12. Februar 1999.
Soweit dem Angeklagten Yi. zu Recht die Teilnahme an einer Versammlung
höherrangiger PKK-Funktionäre um die Jahreswende
1996/1997 als Zuwiderhandlung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 4
VereinsG angelastet wird, ergeben die bisherigen Feststellungen nicht,
daß diese Teilnahme in Ausübung des Vorstandsamtes
für den "Verein zur Förderung des deutsch-kurdischen
Kulturaustausches e.V." geschah, so daß eine Verbindung zu
einer Tat mit den vorangehenden Taten (1) bis (3), sofern bei diesen
überhaupt die tatbestandlichen Voraussetzungen des §
20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG für die Person des Angeklagten
festgestellt werden können, nicht ohne weiteres gerechtfertigt
erscheint. Hinreichend konkrete Umstände, die einen solchen
Zusammenhang als möglich erscheinen lassen, sind bisher nicht
festgestellt. Im übrigen würde es der Grundsatz in
dubio pro reo auch nur dann, wenn solche hinreichend konkreten
Anhaltspunkte für einen Zusammenhang mit der
Vorstandstätigkeit des Angeklagten festgestellt werden
können, gebieten, von einer, mit den übrigen in
Ausübung des Vorstandsamtes begangenen Betätigungen
einheitlich zu bewertenden Tat im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 4
VereinsG auszugehen.
Zu der am 17. Mai 1998 vom Angeklagten Yi. zusammen mit den
Mitangeklagten C. und T. in Zusammenhang mit einer PKK-Veranstaltung
begangenen Zuwiderhandlung gegen ein vereinsrechtliches
Betätigungsverbot reichen die Feststellungen für
einen - eigenständigen - Verstoß gegen § 20
Abs. 1 Nr. 4 VereinsG an und für sich aus; der Senat hat
deshalb auch die Revisionen der Mitangeklagten C. und T. , die nur
wegen dieses Vorfalls verurteilt worden sind, mit Beschluß
vom selben Tage als offensichtlich unbegründet verworfen.
Hinsichtlich des Angeklagten Yi. hat der Senat das Urteil
dennoch auch insoweit aufgehoben, um dem nunmehr mit der Sache zu
befassenden Tatrichter insgesamt Gelegenheit zu geben, neue und in sich
stimmige Feststellungen zu treffen.
Kutzer Rissing-van Saan Miebach
Pfister von Lienen |