BGH,
Beschl. v. 11.1.2006 - 2 StR 582/05
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 582/05
vom 11.1.2006
in dem Sicherungsverfahren
gegen
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung der
Beschwerdeführerin am 11.01.2006 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen: Auf die Revision der
Beschuldigten wird das Urteil des Landgerichts Mainz vom 16. August
2005 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer
Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen. Gründe: Das Landgericht hat die
Beschuldigte im Sicherungsverfahren nach § 63 StGB in einem
psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Gegen dieses Urteil wendet
sich die Beschuldigte mit ihrer auf die Sachrüge
gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat Erfolg. 1 Der
Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 9.12.2005
ausgeführt: "Die Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus setzt gemäß § 63 StGB unter
anderem voraus, dass auf Grund des Zustandes des Täters
künftig erhebliche rechtswidrige Straftaten mindestens aus dem
Bereich der mittleren Kriminalität zu erwarten sind. Das
Gesetz fordert dem Tatrichter damit eine
Gefährlichkeitsprognose ab, die eine Gesamtwürdigung
des Täters und seiner Tat voraussetzt. An dieser
Gesamtwürdigung fehlt es hier. Die Revision beanstandet in
diesem Zusammenhang zu Recht, dass sich die tatrichterliche
Prognoseentscheidung nicht mit dem Umstand auseinandersetzt, 2
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dass zwischen der Tat (Tatzeit 22. Dezember 2003) und dem
verfahrensgegenständlichen Urteil (16. August 2005) ein
Zeitraum von 19 Monaten und drei Wochen liegt, in dem die Beschuldigte
sich nicht im behördlichen Gewahrsam befand; der
Unterbringungsbefehl gemäß § 126 a StPO
erging erst mit Erlass des Urteils (UA S. 7). Dass die in dem genannten
Zeitraum in Freiheit befindliche Beschuldigte offenbar trotz ihres
krankhaften Zustandes keine Straftaten aus dem Bereich der mittleren
Kriminalität beging, musste bei der Prüfung der
Frage, ob künftige Straftaten der Beschuldigten wahrscheinlich
sind, Berücksichtigung finden; maßgeblicher
Zeitpunkt für die Prognoseentscheidung ist derjenige der
Hauptverhandlung, nicht derjenige der Tat (Tröndle/Fischer 53.
Auflage § 63 StGB Rdnr. 20 m.w.N.). Die
Gefährlichkeitsprognose bedarf daher der erneuten
tatrichterlichen Prüfung." Dem schließt sich der
Senat an. 3
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