BGH,
Beschl. v. 11.7.2001 - 3 StR 222/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 222/01
vom
11. Juli 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Körperverletzung mit Todesfolge
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag -
am 11. Juli 2001 gemäß § 349 Abs. 2 und 4
StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Duisburg vom 28. Februar 2001 im Rechtsfolgenausspruch
mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung mit
Todesfolge
zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt und seine
Unterbringung
in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Es hat weiter bestimmt,
daß
vier Jahre der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen sind.
Die auf die Verletzung
formellen und sachlichen Rechts gestützte Revision hat in dem
aus der
Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und deshalb
unzulässig. Die
Sachrüge ist zum Schuldspruch unbegründet im Sinne
des § 349 Abs. 2 StPO.
Der Strafausspruch, die Anordnung der Unterbringung sowie die
Bestimmung,
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die Strafe teilweise vor der Maßregel zu vollziehen,
unterliegen jedoch der
Aufhebung.
1. Das Landgericht hat die Annahme eines minder schweren Falles
abgelehnt.
Bei der erforderlichen Gesamtabwägung hat es allerdings einen
wesentlichen
Strafzumessungsgrund nicht ausdrücklich erörtert.
Zugunsten des
Angeklagten hat es zwar nicht ausgeschlossen, daß der
Angeklagte die in der
Alkoholikerszene spielende Milieutat spontan und im Rahmen einer
affektiv
aufgeladenen Situation mit vorausgegangenen Beschimpfungen und
Beleidigungen
durch das Tatopfer beging. Die Strafkammer hat aber nicht erkennbar
bedacht, daß den Beschimpfungen und Beleidigungen und den von
dem Angeklagten
aus Lust an der Mißhandlung des Opfers mit Verletzungsabsicht
geführten,
alsbald zum Tode führenden Schlägen mit der
Kurzhantelstange bereits
eine von einer anderen Person begonnene gewalttätige Situation
von ca.
15 Minuten Dauer vorausging. Denn der Zeuge T. hatte dem
später Verstorbenen
zuvor durch zahlreiche heftige Schläge und Fußtritte
ganz erhebliche
Verletzungen zugefügt und dann das aus mehreren Wunden
blutende Opfer
mit dem Angeklagten, dessen Angebot, ihm zu helfen und ebenfalls auf den
Verletzten einzuschlagen, der Zeuge T. zunächst abgelehnt
hatte, alleine
zurückzulassen. Es ist daher nicht, jedenfalls nicht ohne
nähere Erörterung,
auszuschließen, daß das ohne Zutun des Angeklagten
begonnene gewalttätige
Vorgehen des Zeugen T. erst die Gewaltbereitschaft des Angeklagten
geweckt
und seine Hemmschwelle herabgesetzt hat, so daß er ebenfalls
gegen
das bereits erkennbar schwer verletzte Opfer gewaltsam vorging. Dies
kann
sich u. U. schuldmindernd zugunsten des Angeklagten auswirken.
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Im übrigen hat das Landgericht seiner Strafzumessung
zuungunsten des
Angeklagten einen rechtsfehlerhaften Strafrahmen zugrunde gelegt, da die
untere Grenze des gemäß §§ 21, 49
Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmens
des § 227 Abs. 1 StGB nicht ein Jahr, sondern sechs Monate
beträgt (§ 49
Abs. 1 Nr. 3 StGB).
2. Die Anordnung der Unterbringung und des Teilvorwegvollzugs haben
ebenfalls keinen Bestand. Nach der Grundentscheidung des Gesetzgebers
soll
möglichst umgehend mit der Behandlung des süchtigen
oder kranken Rechtsbrechers
begonnen werden, da dies am ehesten einen dauerhaften Erfolg verspricht.
Gerade bei längerer Strafdauer muß es darum gehen,
den Angeklagten
frühzeitig zu heilen und seine
Persönlichkeitsstörung zu behandeln, damit er im
Strafvollzug an der Verwirklichung des Vollzugszieles arbeiten kann
(vgl. dazu
BGHSt 37, 160, 162; BGHR StGB § 67 Abs. 2 Vorwegvollzug,
teilweiser 4, 10,
11, 12; BGH NStZ-RR 1999, 44; NStZ 1999, 613 f.). Eine Abweichung von
der
Regelabfolge des Vollzuges bedarf einer eingehenden, insbesondere die
in der
Person des Angeklagten liegenden Umstände und Besonderheiten
berücksichtigenden
Begründung (BGHR StGB § 67 Abs. 2 Vorwegvollzug,
teilweiser 10).
Will sie der Tatrichter darauf stützen, daß der an
die Maßregel anschließende
Strafvollzug den Maßregelerfolg wieder zunichte machen
könnte, so müssen
dafür überzeugende Gründe vorliegen (BGH
NStZ 1986, 428; BGHR StGB
§ 67 Abs. 2 Vorwegvollzug 7, Vorwegvollzug, teilweiser 13).
Diesen Anforderungen werden die nur formelhaften Ausführungen
des
Landgerichts nicht gerecht. Soweit die Strafkammer meint, daß
eine Erfolgsaussicht
der Therapie nur dann bestehe, wenn sie zum Ende der Haftstrafe
durchgeführt wird, fehlen nachvollziehbare dargelegte
Gründe, warum ein an-
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schließender Strafvollzug den Erfolg des
Maßregelvollzugs gefährden kann
und wie sich dies bei dem Angeklagten auswirken könnte (vgl.
BGHR StGB
§ 67 II Vorwegvollzug, teilweiser 7, 9, 11; BGH NStZ 1986,
427, 428).
Im übrigen steht die Begründung des
Teilvorwegvollzugs der Strafe in
einem gewissen Widerspruch zur Begründung der Anordnung der
Maßregel.
Denn zur Begründung, daß die Maßregel
nicht von vorneherein als aussichtslos
erscheint, hat das Landgericht ausgeführt, daß der
Angeklagte selbst die
Notwendigkeit einer Therapie einsieht und den Willen hat, eine solche
auch
durchzuführen. Dann hätte es aber einer
näheren Begründung bedurft, warum
die Erfolgsaussicht der Therapie nur besteht, wenn sie am Ende der
Verbüßung
der Haftstrafe durchgeführt wird. Wegen dieser nicht ohne
weiteres
miteinander zu vereinbarenden Begründungen mußte
auch die Anordnung der
Maßregel aufgehoben werden. Der neue Tatrichter hat so auch
die Möglichkeit,
insgesamt und einheitlich über den Straf- und
Maßregelausspruch zu entscheiden.
Rissing-van Saan Miebach Pfister
von Lienen Becker |