BGH,
Beschl. v. 11.3.2009 - 2 StR 537/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 537/08
vom
11. März 2009
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
- 2 -
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 11. März 2009
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Bonn vom 31. Juli 2008 im Ausspruch über die
Maßregel mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher
Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und
neun Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt angeordnet. Die auf die allgemeine Sachrüge
gestützte Revision führt zur Aufhebung der
Maßregelanordnung; im Übrigen ist sie
unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1
Die Anordnung der Maßregel gemäß
§ 64 StGB hat das Landgericht auf die Erwägung
gestützt, eine Therapie sei "nicht von vornherein als
aussichtslos zu betrachten." Zwar sei ein Therapiewille des Angeklagten
nicht zu erkennen;
2
- 3 -
dies rechtfertige aber noch nicht "die Aussichtslosigkeit einer
Entziehungskur im Sinne des § 64 StGB" (UA S. 21).
Diese Auslegung des § 64 a.F. StGB hat das
Bundesverfassungsgericht im Jahr 1994 für verfassungswidrig
erklärt (BVerfGE 91, 1 ff.). Der Bundesgerichtshof hat seither
in einer großen Vielzahl von Entscheidungen immer wieder
darauf hingewiesen, dass das Abstellen auf ein Merkmal des Fehlens von
"Aussichtslosigkeit" rechtsfehlerhaft ist und § 64 Abs. 1 a.F.
StGB in verfassungskonformer Auslegung stattdessen die Feststellung
einer konkreten Erfolgsaussicht der Maßregel voraussetzte.
Durch das am 20. Juli 2007 in Kraft getretene Gesetz vom 16. Juli 2007
(BGBl. I 1327) ist § 64 StGB entsprechend geändert
worden und trägt dem Erfordernis einer konkreten
Erfolgsaussicht nun auch im Wortlaut der Vorschrift
ausdrücklich Rechnung (§ 64 Satz 2 StGB). Es ist
daher nicht verständlich, wenn Tatgerichte entgegen dem
Gesetzeswortlaut noch immer an einer Auslegung des § 64 StGB
festhalten, die der seit 15 Jahren ständigen
höchstrichterlichen Rechtsprechung widerspricht.
3
- 4 -
Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung des
Maßregelausspruchs und insoweit zur
Zurückverweisung. Der Senat kann ausschließen, dass
sich der Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf die Bemessung
der Freiheitsstrafe ausgewirkt hat.
4
Rissing-van Saan Rothfuß Fischer
Roggenbuck Schmitt |