BGH,
Beschl. v. 12.5.2009 - 4 StR 102/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 102/09
vom
12. Mai 2009
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 12. Mai 2009
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Rostock vom 19. September 2008 - auch hinsichtlich des
früheren Mitangeklagten D. - mit den Feststellungen
aufgehoben, soweit gegenüber dem Angeklagten und dem
früheren Mitangeklagten als Gesamtschuldner der Verfall des
Wertersatzes in Höhe von 80.000 € (achtzigtausend
Euro) angeordnet worden ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 40
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren
verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Ferner hat es
gegen ihn und den nicht revidierenden Mitangeklagten D. als
Gesamtschuldner den Verfall des Wertersatzes in Höhe von
80.000 € angeordnet. Die mit der Verletzung formellen und
materiellen Rechts begründete Revision des Angeklagten
führt hinsichtlich der Anordnung des Verfalls von Wertersatz
zur Aufhebung und Zurückverweisung, im Übrigen ist
sie aus den Gründen
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der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im
Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Nach den Feststellungen erwarben der Angeklagte und der Mitangeklagte
D. im Zeitraum vom 1. Dezember 2006 bis zum 20. November 2007 aufgrund
eines gemeinsamen Tatplans in mindestens 40 Fällen von einem
Unbekannten zu einem nicht feststellbaren Kaufpreis jeweils mindestens
1 kg Marihuana mit einem Mindest-THC-Gehalt von 2 Gewichtsprozent zum
gewinnbringenden Weiterverkauf. Sie veräußerten das
Rauschgift zu einem Mindestpreis von 4000 € pro Kilogramm.
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1. Zur Begründung der Anordnung des Wertersatzverfalls hat das
Landgericht ausgeführt, der Angeklagte und der Mitangeklagte
D. hätten aus dem gemeinschaftlichen unerlaubten Handeltreiben
mit 40 kg Marihuana unter Berücksichtigung eines
Sicherheitsabschlags von 500 € pro Kilogramm mindestens 4000
€ pro Kilogramm erlangt. Damit würden der Angeklagte
und sein Mittäter für einen Gesamtbetrag in
Höhe von 160.000 € gesamtschuldnerisch haften. Dies
stelle schon angesichts des Lebensalters der Täter eine
unbillige Härte dar, der mit einer gesamtschuldnerischen
Haftungsbegrenzung auf 80.000 € angemessen Rechnung getragen
werde.
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2. Diese Ausführungen tragen die Anordnung des
Wertersatzverfalls nicht.
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a) "Erlangt" im Sinne von §§ 73 Abs. 1 Satz 1, 73 a
Satz 1 StGB ist ein Vermögensvorteil nur dann, wenn der
Täter oder Teilnehmer die faktische Verfügungsgewalt
über den Gegenstand erworben hat (BGH NStZ 2003, 198, 199;
Senatsbeschluss vom 1. März 2007 - 4 StR 544/06). Bei mehreren
Tatbeteilig-
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ten am unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln kommt
eine Zurechnung nach den Grundsätzen der
Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2
StGB mit der Folge einer gesamtschuldnerischen Haftung nur in Betracht,
wenn sich die Beteiligten darüber einig waren, dass dem
jeweiligen Mittäter zumindest Mitverfügungsgewalt
über die Rauschgifterlöse zukommen sollte und er
diese auch tatsächlich hatte (BGH aaO; vgl. auch BGH NStZ-RR
2007, 121). Die bloße Annahme mittäterschaftlichen
Handelns vermag die fehlenden Darlegungen des tatsächlichen
Geschehens hierzu nicht zu ersetzen (BGH, Urteil vom 26. März
2009 - 3 StR 579/08).
b) Im vorliegenden Fall hat das Landgericht die Menge der von den
Angeklagten im Tatzeitraum mit Gewinn veräußerten
Betäubungsmittel sowie die Höhe der mit den
Geschäften erzielten Erlöse unter
Berücksichtigung eines Sicherheitsabschlags durch
Schätzung gemäß § 73 b StGB
festgestellt. Ob und in welcher Höhe jeder der Tatbeteiligten
für sich oder beide gemeinschaftlich Verfügungsgewalt
über die Rauschgifterlöse haben sollten bzw.
tatsächlich ausübten, wird damit nicht belegt.
Tragfähige Anhaltspunkte für
Mitverfügungsgewalt ergeben sich auch nicht aus den
über Vernehmungsbeamte der Polizei eingeführten
Aussagen des gesondert verfolgten Mittäters B. , des Zeugen Z.
sowie einer gesperrten Vertrauensperson der Polizei, soweit deren
Angaben in den Urteilsgründen mitgeteilt werden. Diese
Beweismittel rechtfertigen zwar ebenso wie die in der Hauptverhandlung
verlesenen und im Urteil auszugsweise wiedergegebenen Wortprotokolle
von Telefonüberwachungsmaßnahmen die Annahme von
mittäterschaftlichem Zusammenwirken zwischen dem Angeklagten
und dem Mitangeklagten D. beim unerlaubten Handeltreiben mit Marihuana
im zweistelligen Kilogrammbereich. Auch nur stillschweigende Absprachen
über Einzelheiten einer Verteilung der Verkaufserlöse
ergeben sich daraus aber nicht. Die vom Landgericht angenommene
Mitverfügungsgewalt am Gesamter-
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lös versteht sich angesichts der in den
Urteilsgründen als "überragend" bewerteten Stellung
des Mitangeklagten D. als "Großdealer" im Verhältnis
zu den übrigen Tatbeteiligten und damit auch zum Angeklagten
nicht von selbst, zumal D. neben gemeinsamen Beschaffungsfahrten mit
dem Angeklagten solche auch allein durchführte und dabei
größere Mengen Rauschgift zum gewinnbringenden
Weiterverkauf erwarb.
c) Gemäß § 357 Satz 1 StPO ist die
Aufhebung der Verfallsanordnung auch auf den früheren
Mitangeklagten D. zu erstrecken (vgl. BGHR StGB § 73 Gewinn 2).
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Maatz Athing Frau Richterin am BGH
Solin-Stojanović ist
urlaubsbedingt verhindert
zu unterschreiben
Maatz
Ernemann Franke |