BGH,
Beschl. v. 13.1.2010 - 2 StR 447/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 447/09
vom
13. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 13. Januar 2010 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Mühlhausen vom 24. Juni 2009 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bedrohung und
gefährlicher Körperverletzung zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die Revision des
Angeklagten hat mit der allgemeinen Sachrüge Erfolg.
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1. Nach den Feststellungen spielten der Angeklagte, das
spätere Tatopfer und ein Dritter am Tattag seit dem
frühen Morgen im Haus des Geschädigten Karten und
konsumierten dabei erhebliche Mengen Alkohol. Gegen 16.30 Uhr
fütterte der Angeklagte eine fremde Katze aus der
Nachbarschaft, worüber der Geschädigte seinen Unmut
zum Ausdruck brachte. Daraufhin verließ der Angeklagte das
Haus, holte aus dem Hof eine Axt und äußerte ins
Wohnzimmer zurückkehrend gegenüber seinen
Mitspielern, er werde sie totschlagen. Anschließend griff er,
die Axt schwingend, den Geschädigten an, dem - von zwei
Schlägen nur gestreift - leicht verletzt die Flucht zu einem
Nachbarhaus
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gelang, von wo aus er die Polizei verständigte.
Währenddessen setzte sich der Angeklagte wortlos zu dem
dritten im Wohnzimmer verbliebenen Spieler und wartete auf das
Eintreffen der Polizei. Eine ihm um 18.00 Uhr entnommene Blutprobe
ergab eine BAK von 2,91 Promille.
2. Das Landgericht ist sachverständig beraten davon
ausgegangen, der Angeklagte sei infolge des zuvor genossenen Alkohols
aufgrund eines mittelgradigen Rausches nur erheblich vermindert in der
Lage gewesen, sein Verhalten zu steuern. Mit der Frage einer
möglichen Schuldunfähigkeit gemäß
§ 20 StGB hat sich die Strafkammer nicht auseinandergesetzt.
Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Rückgerechnet auf den Tatzeitpunkt wies der Angeklagte - was
das Landgericht nicht bedacht hat - eine BAK von 3,41 Promille auf. Bei
einer solch hohen Blutalkoholkonzentration ist
regelmäßig die Prüfung einer Aufhebung der
Schuldfähigkeit veranlasst (Fischer, StGB 57. Aufl. §
20 Rdn. 19 ff. m.w.N.). Zu einer solchen Prüfung bestand hier
auch Veranlassung im Hinblick auf das kaum nachvollziehbare Tatmotiv,
das ungewöhnliche Nachtatverhalten und angesichts des
Umstandes, dass der nicht vorbestrafte Angeklagte weder generell zu
Wut- und Aggressionsausbrüchen neigt noch sonst für
aggressive Entgleisungen bekannt ist (UA 9).
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3. Die aufgezeigte Lückenhaftigkeit des Urteils führt
zu dessen Aufhebung und Zurückverweisung. Der neue Tatrichter
wird - sollte er erneut zu einer entsprechenden Verurteilung kommen -
zu bedenken haben, dass bei Verhängung von einzelnen
Geldstrafen, die in einer Gesamtstrafe aufgehen, neben der Anzahl der
Tagessätze auch immer die Tagessatzhöhe festzusetzen
ist (BGHSt 30, 93, 96; BGHR StGB § 54 Abs. 3
Tagessatzhöhe 1).
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