BGH,
Beschl. v. 13.1.2010 - 2 StR 519/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 519/09
vom
13. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u. a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 13. Januar
2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Bonn vom 21. Juli 2009 mit den Feststellungen aufgehoben
a) im Ausspruch über die Maßregel,
b) soweit das Landgericht den Verfall des Wertersatzes angeordnet hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts Bonn zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit
unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge in vier Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von
fünf Jahren verurteilt. Es hat seine Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass sechs Monate der
Gesamtfreiheitsstrafe vor der Maßregel zu vollziehen sind.
Ferner hat es ausge-
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sprochen, dass "der Betrag von 1.750 € … dem
Wertersatzverfall" unterliegt. Die hiergegen gerichtete, auf die
Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des
Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang
Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet
im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Nachprüfung des Urteils hat zum Schuld- und
Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des
Beschwerdeführers ergeben.
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2. Hingegen hat die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in
einer Entziehungsanstalt keinen Bestand.
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Nach § 64 Satz 2 StGB ergeht diese Anordnung nur, wenn eine
hinreichend konkrete Aussicht besteht, den Angeklagten durch die
Behandlung zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem
Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung
erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf seinen Hang
zurückgehen. Die hinreichend konkrete Aussicht der
Rückfallfreiheit muss sich demgemäß auf
einen "erheblichen" Zeitraum erstrecken. Konkrete Anhaltspunkte
für einen die Behandlung im Maßregelvollzug
überdauernden Therapieerfolg (vgl. BGH, Beschl. v. 16.
September 2008 - 5 StR 378/08; Fischer StGB 57. Aufl. § 64
Rdn. 19) hat das Landgericht nicht festgestellt. Es hat sich vielmehr
dem gehörten Sachverständigen angeschlossen, der
ausgeführt hat, der Angeklagte sei "zumindest verbal
therapiewillig und erscheine auch aufgrund seiner Ausstattung und
Persönlichkeitsstruktur therapiefähig …
Die Möglichkeit, eine entsprechende therapeutische
Veränderung herbeizuführen, könne bejaht
werden." Damit hat die Strafkammer jedoch lediglich, wie der
Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend näher
ausgeführt hat, die bloße Möglichkeit einer
therapeutischen Veränderung festgestellt. Eine weitergehende
Erfolgsaussicht vermag der Senat dem angefochtenen Urteil auch
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in seinem Gesamtzusammenhang nicht zu entnehmen, zumal der Angeklagte
nach regulärer Beendigung eines in den Jahren 2005 und 2006
durchgeführten Methadonprogramms wieder massiv
rückfällig geworden ist.
Damit entfällt auch die Anordnung des Vorwegvollzugs von sechs
Monaten der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe vor der
Maßregel. Der neu zur Entscheidung berufene Tatrichter wird
im Falle der erneuten Anordnung der Unterbringung auch die
voraussichtlich notwendige Dauer des Maßregelvollzugs mit
sachverständiger Hilfe festzulegen haben. Erforderlich ist
eine präzise Prognose darüber, wie lange genau die
Unterbringung voraussichtlich erforderlich sein wird. Nur auf der
Grundlage einer solchen Prognose kann bestimmt werden, welcher Teil der
Strafe (einschließlich der anzurechnenden Untersuchungshaft,
vgl. BGH NStZ-RR 2008, 182) vorab zu vollziehen ist, bis exakt der in
§ 67 Abs. 5 StGB bezeichnete Zeitpunkt der
Halbstrafenentlassung erreicht sein wird (vgl. BGH StV 2008, 638).
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3. Die Strafkammer hat den Betrag von 1.750 € als Ersatz
für den Wert des erlangten Heroins und Kokains für
verfallen erklärt. Dies hält rechtlicher
Nachprüfung nicht stand. Denn insoweit hatte der Angeklagte
aus den Taten nicht einen Erlös, sondern lediglich die
Betäubungsmittel selbst erlangt. Diese unterliegen als
Beziehungsgegenstände nur der Einziehung nach § 33
Abs. 2 BtMG, nicht aber dem Verfall (vgl. BGH StV 2002, 260). Damit
scheidet auch die Anordnung des Wertersatzverfalls nach § 73 a
StGB aus, die nur (ersatzweise) anstelle des Verfalls in Betracht
kommt. Der neu zur Entscheidung berufene Tatrichter wird zu
prüfen haben, ob in der genannten Höhe (§
358 Abs. 2
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Satz 1 StPO) der Verfall von Wertersatz im Blick auf die vom
Angeklagten aus den Betäubungsmittelgeschäften
erzielten Erlöse anzuordnen ist; auch insoweit erhält
der Angeklagte durch die neue Hauptverhandlung das rechtliche
Gehör.
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