BGH,
Beschl. v. 14.2.2001 - 2 StR 32/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 32/01
vom
14. Februar 2001
in der Strafsache gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 14. Februar 2001 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Gießen vom 13. Oktober 2000 mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung zur Frage der
Unterbringung des Angeklagten S. in einer Entziehungsanstalt
unterblieben ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer
räuberischer Erpressung in Tateinheit mit
Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und
sechs Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt er die
Verletzung förmlichen und sachlichen Rechts.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg, soweit es sich gegen den Schuld-
und Strafausspruch richtet. Insoweit ist es unbegründet im
Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Aufzuheben ist das Urteil jedoch,
soweit eine Entscheidung zur Frage der Unterbringung des Angeklagten in
einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Die Strafkammer hat es unterlassen zu prüfen, ob die
Voraussetzungen für die Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt nach § 64 StGB erfüllt sind. Das
hätte geschehen müssen, weil die getroffenen
Feststellungen hierzu drängten. Danach ist der Angeklagte seit
ca. zwei Jahren kokainabhängig. Er konsumiert
regelmäßig auch größere Mengen
Alkohol als Mittel zur Bekämpfung von Entzugserscheinungen und
zur subjektiven Besserung seines allgemeinen Befindens. Die Tat wurde
begangen zur Mittelbeschaffung, weil er "knapp bei Kasse" war und
Drogen besorgen wollte. Von seinem Beuteanteil besorgte er sich noch in
derselben Nacht Kokain. Angesichts dieser Feststellungen, die einen
Hang des Angeklagten zu übermäßigem
Rauschmittelkonsum sowie einen ursächlichen und
symptomatischen Zusammenhang zwischen der Tat und der
Abhängigkeit sicher ergeben, hätte der Tatrichter
prüfen und entscheiden müssen, ob bei dem Angeklagten
die Gefahr besteht, daß er auch in Zukunft infolge seines
Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Unterbringung
nach § 64 StGB ist zwingend anzuordnen, wenn die rechtlichen
Voraussetzungen der Maßregel gegeben sind (vgl. BGHSt 37, 5,
6; BGHR StGB § 64 Ablehnung 8). § 64 StGB hat auch
Vorrang vor der Sonderregelung der §§ 35, 36 BtMG, da
letztere erst im Vollstreckungsverfahren zur Anwendung kommen und auf
das Erkenntnisverfahren keinen Einfluß haben (vgl. BGHR StGB
§ 64 Ablehnung 7 und 8). Daß keine hinreichend
konkrete Aussicht eines Behandlungserfolges besteht, ist nicht
ersichtlich, zumal der Tatrichter eine in der Hauptverhandlung
bekundete Einsicht des Angeklagten in seine Drogenproblematik
festgestellt hat.
Der Senat kann ausschließen, daß die Strafkammer
bei Anordnung der Unterbringung eine geringere Strafe verhängt
hätte.
Bode Otten Rothfuß
Fischer Elf |