BGH,
Beschl. v. 15.4.2008 - 5 StR 635/07
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
StGB § 66b
Nachträgliche Sicherungsverwahrung kann auch nach
rechtskräftiger Nichteröffnung eines Hauptverfahrens,
bei dessen Durchführung Sicherungsverwahrung hätte
verhängt werden können, nicht angeordnet werden
(Vorrang des Erkenntnisverfahrens, im Anschluss an BGHSt 50, 373).
BGH, Beschluss vom 15.4.2008 - 5 StR 635/07
LG Neuruppin -
5 StR 635/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 15.4.2008
in der Strafsache
gegen
wegen nachträglicher Anordnung der Unterbringung in der
Sicherungsverwahrung
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15.4.2008 beschlossen:
1. Auf die Revision des Verurteilten wird das Urteil des Landgerichts
Neuruppin vom 27. September 2007 nach § 349 Abs. 4 StPO
aufgehoben. Der Antrag auf nachträgliche Anordnung der
Unterbringung in der Sicherungsverwahrung wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens einschließlich des
Revisionsverfahrens und die notwendigen Auslagen des Verurteilten
fallen der Staatskasse zur Last.
3. Der Verurteilte ist für die in der Zeit vom 22. Juni 2007
bis zum 15.4.2008 vollzogene einstweilige Unterbringung nach §
275a Abs. 5 StPO zu entschädigen.
4. Der Unterbringungsbefehl des Landgerichts Neuruppin vom 1. Juni 2007
wird aufgehoben. Der Verurteilte ist in dieser Sache sofort auf freien
Fuß zu setzen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat die nachträgliche Unterbringung des
Verurteilten in der Sicherungsverwahrung gemäß
§ 66b Abs. 2 StGB angeordnet. Hiergegen richtet sich die
Revision des Verurteilten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts
beanstandet. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der
Entscheidung und zur Zurückweisung des Antrags der
Staatsanwaltschaft.
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1. Das Landgericht hat festgestellt:
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a) Der 1958 geborene Verurteilte ist schon mehrfach wegen Delikten
gegen die sexuelle Selbstbestimmung bestraft worden. Bereits im Alter
von 17 Jahren wurde er 1976 wegen Nötigung und sexuellen
Missbrauchs von Kindern zu einer Jugendstrafe von einem Jahr
verurteilt, die er vollständig verbüßte. Am
26. Juni 1978 wurde er wegen einer vier Monate nach seiner
Haftentlassung begangenen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von
zwei Jahren und zwei Monaten verurteilt, die er bis Ende Februar 1980
verbüßte. Im Oktober 1980 beging er erneut eine
Vergewaltigung; unter anderem wegen dieser Tat wurde er am 23. Dezember
1980 wegen Vergewaltigung in einem schweren Fall und wegen Hehlerei zu
einer Einheitsfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten
verurteilt. Diese Strafe verbüßte er bis Anfang
April 1984. Durch Urteil vom 22. August 1985 wurde er wegen
Vergewaltigung in einem schweren Fall - die Tat hatte er am 9. Juli
1985 begangen - zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.
Am 9. Juli 1990 wurde er aus der Strafhaft entlassen. Die verbleibende
Restfreiheitsstrafe wurde nach Ablauf der Bewährungszeit
erlassen.
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Am 31. Mai 1998 - mithin knapp acht Jahre nach seiner letzten
Entlassung aus der Strafhaft - vergewaltigte er erneut eine Frau.
Deswegen wurde er durch das Landgericht Neuruppin am 22. Januar 1999
wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren
verurteilt.
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b) Erst kurz nach dieser letzten Verurteilung wurde der
Beschwerdeführer verdächtigt, am 14. Juni 1995 eine
weitere Straftat, nämlich einen sexuellen Missbrauch von
Kindern in Tateinheit mit sexueller Nötigung begangen zu
haben. Deswegen wurde ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet,
das am 13. Dezember 2000 nach § 154 Abs. 1 StPO im Hinblick
auf die durch das Urteil vom 22. Januar 1999 verhängte
Freiheitsstrafe von neun Jahren eingestellt wurde. Mit
Verfügung vom 12. Mai 2006 nahm die Staatsanwaltschaft die
Ermittlungen wieder auf und erhob am 2. September 2006
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Anklage. Mit Beschluss vom 6. November 2006 lehnte das Landgericht
Frankfurt (Oder) die Eröffnung des Hauptverfahrens ab, da die
überlange Verfahrensdauer ein Verfahrenshindernis
begründe. Die Staatsanwaltschaft legte hiergegen kein
Rechtsmittel ein, der Beschluss erwuchs in Rechtskraft.
c) Bis zum 21. Juni 2007 verbüßte der Verurteilte
die Freiheitsstrafe aus dem Urteil vom 22. Januar 1999
vollständig. Seit dem 22. Juni 2007 befindet er sich aufgrund
des Beschlusses des Landgerichts Neuruppin vom 1. Juni 2007 im Vollzug
der einstweiligen Unterbringung gemäß §
275a Abs. 5 StPO.
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2. Das Landgericht ist sachverständig beraten zu der
Überzeugung gelangt, dass der Verurteilte aufgrund eines
Hanges zu erheblichen Straftaten mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut
Straftaten der in § 66b Abs. 2 StGB vorausgesetzten Art
begehen werde. Seine Gefährlichkeit für die
Allgemeinheit ergebe sich aus Tatsachen, die erst während des
Strafvollzugs erkennbar geworden seien. Die Voraussetzungen nach
§ 66b Abs. 2 StGB für die nachträgliche
Anordnung der Sicherungsverwahrung lägen damit vor. Der
Vorrang des Erkenntnisverfahrens stehe dem nicht entgegen. Bei der
Anlassverurteilung durch das Landgericht Neuruppin vom 22. Januar 1999
sei die primäre Anordnung der Unterbringung in der
Sicherungsverwahrung aus rechtlichen Gründen nicht
möglich gewesen, da hinsichtlich der früheren Taten
nach den damaligen Erkenntnissen die sogenannte
Rückfallverjährung gemäß
§ 66 Abs. 4 Sätze 3 und 4 StGB eingetreten gewesen
sei.
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Als neue Tatsachen im Sinne des § 66b Abs. 1 StGB hat das
Landgericht gewertet, dass der Verurteilte die Tat vom 14. Juni 1995
begangen habe, was bei seiner Verurteilung am 22. Januar 1999 noch
unbekannt gewesen sei. Erst durch diese Straftat - die die ansonsten
gegebene Rückfallverjährung unterbrochen habe - seien
die formellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 StGB
erfüllt. Dass wegen dieser Tat keine Verurteilung erfolgt sei,
sei unschädlich. Das Landgericht Frankfurt (Oder) habe zwar
hinsichtlich dieser
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Tat die Eröffnung des Hauptverfahrens wegen
überlanger Verfahrensdauer rechtskräftig abgelehnt,
hierin liege aber keine im Hinblick auf die unterbliebene
Sicherungsverwahrung rechtsfehlerhafte Sachentscheidung, weswegen der
Vorrang des Erkenntnisverfahrens der Anwendung des § 66b StGB
nicht entgegenstehe.
3. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht
stand. Zwar hat sich das Landgericht rechtsfehlerfrei von der
Täterschaft des Verurteilten bei der Tat am 14. Juni 1995
überzeugt. Auch soweit es einen Hang des Verurteilten zur
Begehung schwerer Straftaten und seine Gefährlichkeit
für die Allgemeinheit feststellt, weist das angefochtene
Urteil keinen Rechtsfehler auf, was auch die Revision nicht verkennt.
Die nachträgliche Anordnung der Unterbringung in der
Sicherungsverwahrung kann aber keinen Bestand haben, weil das
Landgericht - ersichtlich in dem Bemühen, die Allgemeinheit
vor einem gefährlichen Straftäter zu
schützen - die Straftat aus dem Jahr 1995 unzutreffend als
neue Tatsache gewertet hat.
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Diese Straftat kann schon deswegen nicht als neu im Sinne des
§ 66b StGB gelten, da gegen den Verurteilten aufgrund dieser
Tat die primäre Verhängung von Sicherungsverwahrung
hätte erfolgen können. Dass dies aus
rechtsfehlerhaften Erwägungen in dem wegen dieser Tat
eingeleiteten, aber rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren
unterblieben ist, kann nicht durch die - faktisch in die Rechtskraft
der Nichteröffnungsentscheidung eingreifende -
nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung geheilt
werden.
a) Die Möglichkeiten primärer Anordnung von
Sicherungsverwahrung gemäß §§ 66,
66a StGB müssen gegenüber der nachträglichen
Anordnung strikt vorrangig bleiben (BGHSt 50, 373, 380; Fischer, StGB
55. Aufl. § 66b Rdn. 18, 19 m.w.N.). Lagen die Voraussetzungen
zur Anordnung der Sicherungsverwahrung zu einem früheren
Zeitpunkt vor, ist aber aufgrund einer rechtskräftigen
Entscheidung hiervon abgesehen worden, hindert der Vorrang des
Erkenntnisverfahrens die Anordnung der nachträglichen Siche-
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rungsverwahrung. Dieser Vorrang gilt unabhängig davon, ob der
in der Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung liegende Rechtsfehler
bei der Anlassverurteilung oder - wie hier - erst in dem Verfahren
wegen der Straftat, welche jetzt die neue Tatsache im Sinne des
§ 66b StGB bilden soll, aufgetreten ist (vgl. BGHSt 50, 373,
380). Denn das Verfahren nach § 66b StGB dient nicht der
Korrektur fehlerhafter, aber rechtskräftiger früherer
Entscheidungen (BVerfG - Kammer - NJW 2006, 3483, 3484; BGH NStZ-RR
2007, 370, 371; BGH, Beschluss vom 19. Oktober 2007 - 3 StR 378/07).
Eine solche nachträgliche Korrektur rechtskräftiger
Entscheidungen auf unveränderter Tatsachenbasis ist mit dem
Gebot der Rechtssicherheit als tragendem Prinzip der
Rechtsstaatlichkeit (vgl. hierzu BVerfGE 2, 380, 403; 25, 269, 290;
Schnapp in von Münch/Kunig, Grundgesetzkommentar 5. Aufl. Art.
20 Rdn. 30) nicht vereinbar. Denn die durch die Notwendigkeit der
Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes legitimierte Rechtskraft
(vgl. Kühne in Löwe/Rosenberg, StPO 26. Aufl. Einl.
Abschn. K Rdn. 79) der ablehnenden Entscheidung bewirkt, dass das
Gericht grundsätzlich gehindert ist, denselben Streitstoff
zwischen den durch die Rechtskraft Gebundenen nochmals sachlich zu
prüfen (BVerfGE 1, 89, 90). Individualschützender
Ausfluss dessen ist, dass durch die rechts- und
bestandskräftige Entscheidung über die Nichtanordnung
der Sicherungsverwahrung in einem konkreten Strafverfahren ein
Vertrauenstatbestand gesetzt worden ist (BGHSt 50, 373, 380). Dieses
berechtigte Vertrauen darf jedenfalls im Hinblick auf das allgemeine
Vertrauensschutzgebot aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG bei
unveränderter Tatsachengrundlage ohne ausdrückliche
gesetzliche Ermächtigung nicht durch nachträgliche
Korrektur erschüttert werden.
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Der Gesetzgeber wollte - jedenfalls jenseits des neu
eingefügten und am 18. April 2007 in Kraft getretenen
§ 66b Abs. 1 Satz 2 StGB - mit der Einführung der
nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung keine
Rechtskraftdurchbrechung bei unveränderter Tatsachengrundlage
ermöglichen. Er wollte vielmehr die Möglichkeit
schaffen, solche Tatsachen in die
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Gefährlichkeitsprognose einzubeziehen, die „erst zu
diesem späten Zeitpunkt berücksichtigt werden
konnten“, hingegen soll diese Maßregel nicht darauf
abzielen, „die Frage einer späteren Unterbringung
länger als bisher offen zu halten“ (vgl. BT-Drucks
15/2887 S. 12). Dies belegt die Subsidiarität der
nachträglichen Sicherungsverwahrung - die faktisch wie eine
Wiederaufnahme zu Lasten des Verurteilten wirkt (BGHSt 50, 373, 380 im
Anschluss an Ullenbruch in MüKo-StGB 2003 § 66b Rdn.
41) - gegenüber der primären Anordnung der
Sicherungsverwahrung.
Ob der Vorrang des Erkenntnisverfahrens die Anwendung des §
66b StGB auch hindert, wenn wegen der neuen Tat ein Erkenntnisverfahren
nicht rechtskräftig abgeschlossen ist, liegt zwar nahe,
braucht der Senat jedoch nicht zu entscheiden.
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b) Der Grundsatz der Subsidiarität des Verfahrens zur
Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung steht
vorliegend der Verwertung der Straftat im Jahre 1995 als neue Tatsache
im Sinne des § 66b StGB entgegen. Denn aufgrund dieser Tat
wäre die primäre Anordnung der Sicherungsverwahrung
nach § 66 StGB möglich gewesen, wie das Landgericht
im Ergebnis zutreffend ausführt.
aa) Dass die formellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 StGB in
Betracht kamen, liegt ungeachtet der 1980 verhängten
Einheitsstrafe, mit der auch eine Hehlerei als Nichtkatalogtat geahndet
wurde, auf der Hand (vgl. zum Wegfall der zeitlichen
Beschränkungen bei Anlasstaten im Beitrittsgebiet BGHSt 50,
373, 377). Jedenfalls die Voraussetzungen für die
Möglichkeit der Anordnung der Sicherungsverwahrung nach
§ 66 Abs. 3 Satz 1 StGB im Blick auf die 1985 erfolgte
Verurteilung mit anschließender
fünfjähriger Strafvollstreckung - im Übrigen
auch die des § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB im Kontext mit der
Anlassverurteilung - lagen zum Zeitpunkt der in Rechtskraft
(§§ 210, 211 StPO) erwachsenen
Nichteröffnungsentscheidung durch das Landgericht Frankfurt
(Oder) vor.
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bb) Die materiellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 3 StGB
drängten sich aus den gleichen Erwägungen auf, die
jetzt das Landgericht rechtsfehlerfrei zur materiellen Grundlage der
Anordnung des § 66b StGB gemacht hat. Die
Beurteilungsgrundlage hinsichtlich des Hangs und der darauf basierenden
Gefährlichkeit des Verurteilten ist unverändert
geblieben.
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Die danach mögliche Anordnung der primären
Sicherungsverwahrung ist aber nicht erfolgt. Vielmehr ist das wegen
dieser Tat eingeleitete Verfahren nach der von der Staatsanwaltschaft
nicht beanstandeten, auf die Annahme eines dauerhaften
Verfahrenshindernisses gestützten
Nichteröffnungsentscheidung des Landgerichts Frankfurt (Oder)
rechtskräftig abgeschlossen worden.
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c) Der Vorrang des Erkenntnisverfahrens gilt auch, wenn über
die Nichtanordnung der primären Sicherungsverwahrung nicht
durch ein Sachurteil, sondern - wie hier - durch eine wirksame
Prozessentscheidung in Form der Nichteröffnung des
Hauptverfahrens aus rechtlichen Gründen
gemäß § 204 StPO entschieden worden ist.
Zwar entfaltet ein die Eröffnung des Hauptverfahrens
ablehnender Beschluss gegenüber einem Sachurteil nur eine
beschränkte Rechtskraft (BGHSt 7, 65; Roxin,
Strafverfahrensrecht 25. Aufl. § 50 B III. b.; vgl. hierzu
auch Rieß in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl.
§ 211 Rdn. 2 m.w.N.). Die weniger weitreichende Rechtskraft
fällt aber nur bei einer Änderung der
Tatsachengrundlage ins Gewicht. So gestattet die Vorschrift des
§ 211 StPO als Konsequenz der Prüfung allein nach
Aktenlage eine Wiederaufnahme zuungunsten des Beschuldigten bei einer
nachträglichen Veränderung der tatsächlichen
Grundlagen (vgl. BGHSt 18, 225, 226; Tolksdorf in KK-StPO 5. Aufl.
§ 211 Rdn. 1). Eine Korrektur von Subsumtionsfehlern oder
Irrtümern wird damit aber nicht zugelassen
(Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 211
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Rdn. 3; Rieß aaO Rdn. 1). Insoweit steht die
Rechtskraftwirkung des Nichteröffnungsbeschlusses
gemäß § 211 StPO einem Urteil gleich.
Im vorliegenden Fall hat das Landgericht Frankfurt (Oder) bei der
Prüfung der Prozessvoraussetzungen und der Annahme einer die
Eröffnung hindernden überlangen Verfahrensdauer in
seine Abwägung die Möglichkeit der primären
Anordnung von Sicherungsverwahrung nach § 66 StGB nicht mit
einbezogen. Darin liegt eine mangelhafte rechtliche Bewertung, die
nicht nachträglich - wie etwa bei neuen Tatsachen, die dem
angenommenen Prozesshindernis den Boden entziehen oder es beseitigen -
korrigiert werden kann. Zwar erscheint die Annahme eines
Verfahrenshindernisses aufgrund überlanger Verfahrensdauer im
vorliegenden Fall kaum nachvollziehbar, diese rechtsfehlerhaften
Erwägungen hindern aber den Eintritt der Rechtskraft und die
daran geknüpften Folgen hinsichtlich Rechtssicherheit und
Vertrauensschutz nicht.
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d) Der Senat schließt angesichts der sorgfältigen
Darlegungen im angefochtenen Urteil aus, dass sich aufgrund einer
weiteren Verhandlung noch Umstände ergeben könnten,
die als neue Tatsachen die Verhängung der Maßregel
rechtfertigen könnten. Er entscheidet daher selbst, dass die
Maß-regelanordnung entfällt, und hebt gleichzeitig
den Unterbringungsbefehl auf (§ 275a Abs. 5, § 126a
Abs. 3, § 126 Abs. 3 StPO).
4. Der Verurteilte ist für die einstweilige Unterbringung zu
entschädigen. Es handelt sich um eine
Strafverfolgungsmaßnahme nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 StrEG
(BGH, Beschluss vom 11.3.2008 - 3 StR 378/07 m.w.N.). Der Senat ist
nach § 8 StrEG für den Ausspruch über die
Verpflichtung zur Entschädigung zuständig, weil er
eine verfahrensabschließende Entscheidung getroffen hat.
Weitere, vom Tatrichter zu treffende Feststellungen sind
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nicht mehr erforderlich. Umstände, die zum Ausschluss oder zur
Versagung der Entschädigung Anlass geben könnten,
liegen nicht vor.
Dem Landgericht obliegen die Entscheidungen im Zusammenhang mit der
kraft Gesetzes eintretenden Führungsaufsicht (§ 68f
StGB).
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Basdorf Gerhardt Raum
Brause Jäger |