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BGH, Beschluss vom 15. Januar 2003 - 5 StR 525/02


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 15.1.2003 - 5 StR 525/02
5 StR 525/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 15. Januar 2003
in der Strafsache gegen
wegen Betruges u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat am 15. Januar 2003 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 3. Mai 2002 mit den zugehörigen Feststellungen gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte in den Fällen II. 2., 7., 10.
und 13. der Urteilsgründe verurteilt wurde und
b) im gesamten Rechtsfolgenausspruch.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis, wegen Betrugs in zwei Fällen, wegen Betrugs in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis in fünf Fällen, wegen versuchten Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung sowie wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Seine hiergegen gerichtete Revision hat in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Schuldsprüche in den Fällen II. 2., 7., 10. und 13. halten rechtlicher Überprüfung nicht stand, soweit der Angeklagte wegen tateinheitlichen Betrugs verurteilt worden ist. Bei diesen Taten, die sämtlich Veräußerungen vorher durch Betrug erlangter Pkw betreffen, kommt im Hinblick auf die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbes nach § 932 BGB eine Verurteilung wegen Betruges nur dann in Betracht, wenn bei dem Erwerber zumindest eine schadensgleiche Vermögensgefährdung vorliegt. Dies kann dann der Fall sein, wenn der Erwerber ein nicht unerhebliches Prozeßrisiko - auch im Hinblick auf § 935 BGB, wozu freilich bislang jegliche Feststellungen fehlen - zu gewärtigen hat (BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 24 m. w. N.).
In den genannten Fällen fehlen die erforderlichen Feststellungen, daß die jeweiligen Erwerber sich eines wenigstens nicht aussichtslosen Angriffes auf ihre Rechtsposition ausgesetzt sehen mußten. Ob dies der Fall ist, ist aufgrund der Gesamtheit der Umstände zu entscheiden. Bei Gebrauchtwagenverkäufen handelt der Erwerber in der Regel grob fahrlässig, wenn er sich den Kfz-Brief nicht vorlegen läßt (BGHR aaO). Hierzu verhält sich das landgerichtliche Urteil nicht. Vielmehr läßt sich den Urteilsgründen entnehmen, daß der Angeklagte jedenfalls in den Fällen II. 7., 10. und 13. über den Kfz-Schein wie auch den Kfz-Brief verfügte. Wenn er - was naheliegt - den Kfz-Brief bei den Verkaufsverhandlungen als Bestätigung seiner Eigentümerstellung verwandte, ist unerheblich, ob er dabei gegenüber dem jeweiligen Erwerber über seine Identität getäuscht hat (vgl. Schramm in MüKo 4. Aufl. BGB § 164 Rdn. 43). Hinsichtlich des Falles II. 2. fehlen Feststellungen dazu, inwieweit der Angeklagte sich als Verfügungsberechtigter legitimiert hat.
Konnte der Angeklagte Kfz-Schein und Kfz-Brief an die jeweiligen Käufer übergeben, hätte es besonderer Umstände bedurft, die einen gutgläubigen Erwerb nach § 932 Abs. 2 BGB in einem Maße in Zweifel ziehen könnten, daß der Geschäftsverkehr die Rechtsstellung der Erwerber wirtschaftlich als minderwertig bewertet hätte. Jedenfalls war aufgrund des Besitzes der jeweiligen Pkw und der Fahrzeugpapiere im Rechtsverkehr zu vermuten, daß der Angeklagte Eigentümer war (§ 1006 BGB). Allein der Umstand, daß sich der Kfz-Erwerber keinen Lichtbildausweis des Verkäufers hat vorlegen lassen, begründet - entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts - dann keinen Anhalt für eine grobe Fahrlässigkeit, wenn nicht zusätzliche Verdachtsmomente hinzutreten.
2. Die Teilaufhebung des Schuldspruches zieht eine Aufhebung des Strafausspruches insgesamt mit den zugehörigen Feststellungen nach sich, weil die Strafzumessung auch im übrigen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet. Es wird dabei insbesondere festzustellen sein, ob und nach welchem Zeitraum die einzelnen Pkw den Geschädigten zurückgegeben werden konnten. Soweit die zunächst betrügerisch erlangten Autos kurz danach bei weiteren Betrugshandlungen als "Pfandobjekte" zur Verfügung gestellt wurden, wird dabei zu berücksichtigen sein, daß diese Fahrzeuge nach dem Vorstellungsbild des Angeklagten alsbald wieder in den Besitz ihrer Eigentümer kommen dürften. So erscheint es im Hinblick auf die Auswirkungen der Taten (§ 46 Abs. 2 StGB) als rechtsfehlerhaft, allein auf den Sachwert der Pkw abzustellen und nicht danach zu differenzieren, ob die Fahrzeuge nach dem Plan des Angeklagten nur vorübergehend oder auf Dauer entzogen werden sollten.
Keinen Bestand haben kann damit auch die Anordnung der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 1 StGB. Der neue Tatrichter wird insoweit zu beachten haben, daß die Feststellung der formellen Voraussetzungen nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 StGB die Verhängung zweier Einzelstrafen von mindestens einem Jahr aus zwei Verurteilungen erfordert. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, läßt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen, weil diese lediglich die Taten aus einer Verurteilung näher schildern, im übrigen lediglich Gesamtstrafen, nicht jedoch die Höhe der Einzelstrafen bezeichnen (BGHR StGB § 66 Abs. 1 Vorverurteilungen 5). Sollte der neue Tatrichter die formellen Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung belegen können, wird bei der dann erforderlichen Prüfung eines Hanges i. S. d. § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB auch die Situation des Angeklagten nach seiner Entlassung aus der Strafhaft näher aufzuklären sein. Wenn der nach zehn Jahren Haft nur mit circa 500,00 DM entlassene Angeklagte nach den Feststellungen des Landgerichts in Bayern und in Frankfurt sich vergeblich um Unterkunft und Sozialhilfe bemühte (UA S. 25), dann könnte diese wirtschaftliche Notlage jedenfalls zunächst gegen einen durch Anlage oder Übung erworbenen Hang sprechen (vgl. BGH NJW 1980, 1055). Abgesehen davon, daß diese ersichtlich auf Angaben des Angeklagten beruhenden Angaben nicht verifiziert wurden, kann aber andererseits die sich dann - erkennbar auch nach Behebung der wirtschaftlichen Not - anschließende Tatserie wiederum für einen Hang sprechen (vgl. zur danach gebotenen Gesamtwürdigung BGHR StGB § 66 Abs. 1 Hang 6, 8 mit weiteren Nachweisen).
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