BGH,
Beschl. v. 15.3.2001 - 3 StR 21/01
BtMG § 29 a Abs. 1 Nr. 2, § 30 Abs. 1 Nr. 4,
§ 30 a Abs. 1
Bei dem in sogenannten Ecstasy-Tabletten enthaltenen Wirkstoff 3, 4
Methylendioxy-N-methamphetamin (MDMA) beginnt die nicht geringe Menge
im Sinne von § 29 a Abs. 1 Nr. 2, § 30 Abs. 1 Nr. 4
und von § 30 a Abs. 1 BtMG bei 30 g MDMA-Base (im
Anschluß an BGHSt 42, 255).
BGH, Beschl. vom 15. März 2001 - 3 StR 21/01 - LG Krefeld
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 21/01
vom
15. März 2001
in der Strafsache gegen
1.
2.
3.
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung der
Beschwerdeführer am 15. März 2001
gemäß § 349 Abs. 2 StPO einstimmig
beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Krefeld vom 13. Juli 2000 werden verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit
unerlaubtem Handeltreiben mit diesen und zwar in drei Fällen
bei den Angeklagten K. und S. und in vier Fällen bei dem
Angeklagten W. verurteilt. Es hat gegen den Angeklagten K. eine
Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren und drei Monaten, gegen den
Angeklagten W. eine Einheitsjugendstrafe von drei Jahren und gegen den
Angeklagten S. eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren
verhängt sowie den Verfall von Wertersatz in Höhe von
5.000 DM bei K. , 15.000 DM bei W. und 10.000 DM bei S. angeordnet.
Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der
Revisionsrechtfertigungen hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum
Nachteil der Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Ergänzend zu den Ausführungen des
Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
1. Der Bestand des Schuld- und Strafausspruchs wird nicht dadurch
gefährdet, daß die Jugendkammer bei dem hier in den
Ecstasy-Tabletten enthaltenen Wirkstoff MDMA für die nicht
geringe Menge im Sinne von § 29 a Abs. 1 Nr. 2, § 30
Abs. 1 Nr. 4 BtMG von einem Grenzwert von 25 g "MDMA" (gemeint wohl
"MDMA-Base") ausgegangen ist. Der Senat hatte in seiner
Grundsatzentscheidung vom 9. Oktober 1996 (BGHSt 42, 255 ff.)
für den
ebenfalls in Ecstasy-Tabletten enthaltenen Wirkstoff MDE/MDEA
entschieden, daß die nicht geringe Menge bei 30 g MDE-Base
(entspricht 35 g MDE-Hydrochlorid) beginnt. Dabei hat er weiter
ausgeführt - ohne dies allerdings abschließend zu
entscheiden -, daß Gründe der praktischen
Handhabbarkeit und die Gleichartigkeit in der Wirkungsweise es trotz
der Unterschiede in der Wirkungsintensität und in der
Dosierung nahe legen, den Grenzwert der nicht geringen Menge
für die Amphetaminderivate MDA, MDMA und MDE, den am
häufigsten vorkommenden Wirkstoffen bei Ecstasy-Tabletten,
einheitlich zu bestimmen, zumal diese Wirkstoffe in Ecstasy-Tabletten
auch in Kombinationen vorkommen. Dies ließe sich ohne
Täterbenachteiligung dadurch erreichen, daß der Wert
für MDE, das Amphetaminderivat mit der geringsten
Wirkungsintensität innerhalb dieser Gruppe, zugrunde gelegt
wird (BGHSt 42, 255, 267). Diese Frage entscheidet der Senat nunmehr in
diesem Sinne. Die Schuldfrage ist dadurch nicht berührt, weil
die Grenzmenge auch bei einem Wert von 30 g MDMA-Base in allen
Fällen vielfach überschritten worden wäre.
Der Senat kann weiter ausschließen, daß die
Jugendkammer bei Anwendung eines höheren Grenzwertes zu
niedrigeren Strafen gelangt wäre, zumal diese Frage bei der
vorwiegend nach erzieherischen Gesichtspunkten zu bemessenden
Jugendstrafe bei den beiden heranwachsenden Angeklagten ohnehin von
untergeordneter Bedeutung ist und im übrigen
berücksichtigt werden könnte, daß MDMA
über eine relativ stärkere
Wirkungsintensität verfügt.
2. Soweit die Jugendkammer bei der Entscheidung über die
Anordnung des Verfalls des Wertersatzes nach § 73 c StGB von
einem Gesamterlös, berechnet aus den jeweiligen Erwerbsmengen
und den beim späteren Verkauf erzielten Preisen, ausgeht,
erscheint dies rechtlich insoweit nicht unbedenklich, als darin auch
diejenigen Mengen enthalten sind, die von den Angeklagten nicht
verkauft, sondern entsprechend ihrer vorherigen Absicht für
den Eigenkonsum verwendet worden sind. Diese Teilmengen hätten
an sich - notfalls im Wege der Schätzung - festgestellt und
nur mit ihrem Einkaufswert, also ohne die insoweit nicht erzielte
Händlerspanne, berücksichtigt werden müssen.
Da die Jugendkammer aber sodann insbesondere auch im Hinblick auf die
"heute nicht mehr im Vermögen befindlichen durch den Konsum
bedingten Genussvorteile" nach der Billigkeitsregelung des §
73 c Abs. 1 Satz 2 StGB einen Abschlag von 2/3 des
Gesamterlöses vorgenommen und sich der Rechtsfehler ohnehin
nur auf eine geringe Teilmenge ausgewirkt hat, kann der Senat
ausschließen, daß sie bei richtiger Berechnung zu
einer niedrigeren Verfallssumme gelangt wäre.
3. Die Jugendkammer durfte bei der Anwendung der
Härtevorschrift des § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB, wonach
die Anordnung des Verfalls unterbleiben kann, soweit der Wert des
Erlangten in dem Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden
ist, entgegen der Auffassung des Revisionsführers S.
ihr Ermessen auch dahin ausüben, daß sie nur einen
Teil des ursprünglich Erlangten für verfallen
erklärt hat. Dies entspricht der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs (vgl. BGHR StGB § 73 c Härte 2 und
4) und allgemeiner Meinung in der Kommentarliteratur (Schmidt in LK 11.
Aufl. § 73 c Rdn. 7; Horn in SK-StGB 18. Lfg. § 73 c
Rdn. 5; Lackner/Kühl, StGB 23. Aufl. § 73 c Rdn. 3).
Kutzer Miebach Winkler Pfister von Lienen
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