BGH,
Beschl. v. 16.12.2009 - 2 StR 305/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 305/09
vom
16. Dezember 2009
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u. a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf den Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 16. Dezember 2009
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Wiesbaden vom 18. Dezember 2008 im Ausspruch über die
Reihenfolge der Vollstreckung dahin abgeändert, dass die
Vollziehung von einem Jahr und sechs Monaten der verhängten
Freiheitsstrafe vor der Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt angeordnet wird.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubs in Tateinheit
mit gefährlicher Körperverletzung zu einer
Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und seine
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sowie die Vollziehung von "28
Monaten" der Freiheitsstrafe vor der Maßregel angeordnet.
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Den nicht revidierenden Mitangeklagten A. hat es wegen derselben Tat zu
einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und seine
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und den Vorwegvollzug von "14
Monaten" der Freiheitsstrafe angeordnet.
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1. Die Revision ist aus den vom Generalbundesanwalt dargelegten
Gründen unbegründet im Sinne von § 349 Abs.
2 StPO, soweit sie den Schuldspruch, den Strafausspruch und die
Maßregelanordnung betrifft. Rechtsfehlerhaft ist hingegen der
Ausspruch über den Vorwegvollzug eines Teils der
Freiheitsstrafe, denn das Landgericht hat die zwingende Regel des
§ 67 Abs. 2 Satz 3 StGB nicht beachtet, wonach sich die
Festsetzung des vorab zu vollziehenden Teils der Strafe am
Halbstrafen-Zeitpunkt zu orientieren hat. Da die erforderliche
Therapiedauer vom Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt ist, kann
der Senat den Berechnungsfehler entsprechend § 354 Abs. 1 StGB
selbst korrigieren (BGH, Beschl. vom 15. November 2007 - 3 StR 390/07;
Beschl. vom 2. September 2009 - 5 StR 339/09). Die Dauer des
Vorwegvollzugs war danach auf ein Jahr und sechs Monate festzusetzen.
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2. Von einer Erstreckung der Entscheidung auf den nicht revidierenden
Mitangeklagten A. gemäß § 357 Satz 1 StPO
sieht der Senat ab.
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a) Hinsichtlich dieses Angeklagten hat das Landgericht denselben
Rechtsfehler begangen; zutreffend wäre ein Vorwegvollzug von
einem Jahr der Strafe (statt: "14 Monate") gewesen.
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Der Senat hatte mit Beschluss vom 23. September 2009 bei den
übrigen Strafsenaten angefragt, ob einer beabsichtigten
Erstreckung gemäß § 357 Satz 1 StPO dortige
Rechtsprechung entgegenstehe.
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Der 1. Strafsenat (Beschl. vom 28. Oktober 2009 - 1 ARs 12/09) und der
3. Strafsenat (Beschl. vom 20. Oktober 2009 - 3 ARs 17/09) haben
mitgeteilt, der beabsichtigten Entscheidung stehe Rechtsprechung des
Senats nicht entgegen bzw. der Senat habe über die Rechtsfrage
bislang nicht entschieden. Der 4. Strafsenat hat mit Beschluss vom 24.
November 2009 - 4 ARs 18/09 - mitgeteilt, der beabsichtigten
Entscheidung stehe Rechtsprechung des Senats
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nicht entgegen, der Senat habe aber Bedenken gegen eine Erstreckung, da
die Entscheidung über den Vorwegvollzug
gemäß § 67 Abs. 3 Satz 1 StGB vom
Vollstreckungsgericht geändert werden könne und im
Übrigen die Feststellung der erforderlichen Therapiedauer
stets auf individuellen Erwägungen beruhe. Der 5. Strafsenat
hat mit Beschluss vom 13. Oktober 2009 - 5 ARs 57/09 - mitgeteilt, der
beabsichtigten Entscheidung stehe Rechtsprechung des Senats nicht
entgegen; der Senat halte aber an seinen Entscheidungen vom 9. Oktober
2007 - 5 StR 374/07 - und vom 24. März 2009 - 5 StR 87/09 -
für die dort gegebenen, abweichenden Fallgruppen fest.
b) Der Senat hat Zweifel, ob der Beschluss des 5. Strafsenats vom 24.
März 2009 - 5 StR 87/09 - einer Erstreckung im vorliegenden
Fall nicht entgegenstünde. In jenem Fall hatte das Tatgericht
beim revidierenden und beim nicht revidierenden Angeklagten
gleichermaßen verkannt, dass der Teilvorwegvollzug nicht um
die Dauer der bis zum Urteil erlittenen Untersuchungshaft zu
kürzen war. Dem Urteil lag somit ein einheitlicher, vom
Revisionsgericht ohne individuelles Ermessen korrigierbarer
Rechtsfehler zugrunde. Der Senat sieht zur vorliegenden Fallgestaltung
eines auf demselben Rechtsirrtum beruhenden einheitlichen
Verstoßes gegen die zwingende Vorschrift des § 67
Abs. 2 Satz 3 StGB keinen durchgreifenden rechtlichen Unterschied.
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Die Frage kann aber im Ergebnis beruhen. Im Hinblick auf den inzwischen
eingetretenen Zeitablauf hat der Senat von einer Entscheidung
gemäß § 357 Satz 1 StPO abgesehen.
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