BGH,
Beschl. v. 16.3.2007 - 2 StR 35/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 35/07
vom
16.3.2007
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes
- 2 -
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 16.3.2007
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Wiesbaden vom 16. Oktober 2006 im Strafausspruch mit den Feststellungen
aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubs (§
250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB) zu einer Freiheitsstrafe von vier
Jahren verurteilt. Seine unbeschränkt eingelegte Revision
führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des
Strafausspruchs; im Übrigen ist sie unbegründet im
Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte sich bei
dem Tatopfer W. in einem Brief entschuldigt und während der
Hauptverhandlung eine Wiedergutmachungsleistung von 2.000 Euro
veranlasst. Aus den Feststellungen ergibt sich weiterhin, dass der
Zeuge W. "Verständnis für die Umstände
(zeigte), die den Angeklagten zur Tat vom 22.05.2002 veranlasst haben"
(UA S. 13). Unter diesen Voraussetzungen hätte das Landgericht
das
2
- 3 -
Vorliegen der Voraussetzungen des § 46 a Nr. 1 StGB
prüfen und in den Urteilsgründen erörtern
müssen. Hierauf konnte nicht schon deshalb verzichtet werden,
weil bis zur Verkündung des tatrichterlichen Urteils die
Entschädigungszahlung zwar an den Verteidiger des Angeklagten
übergeben worden, aber noch nicht an den Zeugen W. gelangt
war. Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergeben sich
nämlich Umstände, welche es nahe gelegt
hätten zu prüfen, ob der Angeklagte eine den
Voraussetzungen des § 46 a Nr. 1 StGB genügende
Wiedergutmachung zumindest ernsthaft erstrebt hat; auch die
Bereitschaft des Geschädigten, diese Bemühungen in
einem kommunikativen Prozess (vgl. BGHSt 48, 134 ff.;
Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. § 46 a Rdn. 10 a
m.w.N.) als Ausgleich zu akzeptieren, lag hier nach den Feststellungen
nicht fern. Läge der Grund für die
Verzögerung der Leistung, wie die Revision mit einer
Verfahrensrüge vorgetragen hat, nicht im Verantwortungsbereich
des Angeklagten, so stünde sie der Annahme eines ernsthaften
Bemühens nicht von vornherein entgegen. Feststellungen hierzu
waren hier schon aus sachlich-rechtlichen Gründen geboten, so
dass es auf die Zulässigkeit der entsprechenden
Verfahrensrüge nicht ankommt.
2. Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht beim Ausschluss eines minder
schweren Falles (§ 250 Abs. 3 StGB) zu Lasten des Angeklagten
gewertet, dass dieser zu der Tat "bewusst die von ihm vorher beschaffte
Schreckschusspistole mitgenommen hat" (UA S. 15). Auch bei der
Strafzumessung im Einzelnen hat es zu Lasten des Angeklagten gewertet,
dieser habe "bewusst … die Schreckschusspistole zur
Durchführung der Tat mitgenommen" (UA S. 16). Dies
verstößt gegen § 46 Abs. 3 StGB, denn der
vorsätzliche Einsatz des sonstigen Werkzeugs zur Erzwingung
des Rauberfolgs ist Voraussetzung des Tatbestands der Qualifikation
gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB und
darf innerhalb des dadurch eröffneten Strafrahmens nicht
nochmals straferhöhend gewertet werden.
3
- 4 -
3. Über die Strafzumessung ist daher neu zu entscheiden. Der
neue Tatrichter wird auch den Zeitablauf zwischen Tat und Aburteilung
im Zusammenhang mit den Lebensumständen des Angeklagten in die
Strafzumessungserwägungen einzubeziehen haben. Auch dies ist
im angefochtenen Urteil jedenfalls nicht ausdrücklich
geschehen.
4
Rissing-van Saan Otten Fischer
Roggenbuck Appl |