BGH,
Beschl. v. 17.4.2008 - 5 StR 155/08
5 StR 155/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
17.4.2008
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17.4.2008
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Wuppertal vom 28. November 2007 gemäß § 349
Abs. 4 StPO im Ausspruch über die Gesamtstrafe und die
Höhe des wegen rechtsstaatswidriger
Verfahrensverzögerung als vollstreckt geltenden Teils dieser
Strafe aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als
unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in elf
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren
verurteilt. Im Hinblick auf die rechtsstaatswidrige
Verzögerung des Verfahrens hat es in der Urteilsformel
ausgesprochen, dass von der Strafe zwei Monate als
verbüßt gelten. Die auf den Strafausspruch
beschränkte und auf die Verletzung materiellen Rechts
gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus dem Tenor
ersichtlichen Umfang Erfolg.
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Der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe kann keinen
Bestand haben, weil das Landgericht Art und Ausmaß der von
ihm angenommenen
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Verzögerungen im Ermittlungsverfahren und „auch nach
der Anklageerhebung innerhalb des Kammerbetriebes“ in den
Urteilsgründen nicht ausreichend dargelegt hat. Der Senat kann
daher nicht nachprüfen, ob der Tatrichter die besonderen
Belastungen, denen der Angeklagte wegen der überlangen
Verfahrensdauer ausgesetzt war, hinreichend berücksichtigt hat
(siehe zu den im Rahmen des Vollstreckungsmodells geltenden
Grundsätzen BGH, Beschluss vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07,
NJW 2008, 860, 866, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt).
Dies zieht auch die Aufhebung des Ausspruchs über die
Höhe des wegen rechtsstaatswidriger
Verfahrensverzögerung als vollstreckt geltenden Teils der
verhängten Gesamtfreiheitsstrafe nach sich, hier freilich
nicht auch die Aufhebung der Einzelstrafen.
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Der neue Tatrichter wird bei der Neubemessung der Gesamtfreiheitsstrafe
die ausländerrechtlichen Folgen für den Angeklagten
besonders in den Blick zu nehmen haben. Zwar sind
ausländerrechtliche Folgen in der Regel keine bestimmenden
Strafzumessungsgründe (BGHR StGB § 46 Abs. 2
Ausländer 5 und 6; BGH NStZ-RR 2004, 11). Dies gilt
insbesondere, wenn - wie hier - für den Angeklagten im
Hinblick auf seinen langjährigen
rechtmäßigen Aufenthalt, die Bindung an seine
Lebensgefährtin und das gemeinsame Kind der besondere
Ausweisungsschutz des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 4
AufenthG eingreift. Im vorliegenden Fall liegen jedoch in der Person
des An-
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geklagten besondere Umstände vor (vgl. BGHR aaO
Ausländer 5), angesichts deren die Ausweisung eine
außergewöhnliche Härte darstellen
könnte.
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