BGH,
Beschl. v. 17.7.2007 - 4 StR 220/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 220/07
vom
17.7.2007
in der Strafsache
gegen
wegen Freiheitsberaubung u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 17.7.2007
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Essen vom 4. Januar 2007 dahin geändert, dass der Angeklagte
wegen Nötigung in zwei tateinheitlichen Fällen in
weiterer Tateinheit mit Freiheitsberaubung und Bedrohung zu einer
Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt wird.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und
die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Nötigung in zwei
Fällen sowie wegen Freiheitsberaubung in Tateinheit mit
Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs
Monaten verurteilt. Mit seiner Revisi-on beanstandet der Angeklagte die
Verletzung sachlichen Rechts.
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1. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der
Sachrüge führt zu einer Änderung des
Schuldspruchs, da das Landgericht die Konkurrenzverhältnisse
der festgestellten Taten unrichtig beurteilt hat. Sämtliche
Handlungen des Angeklagten sind als eine Tat im Rechtssinne zu bewerten.
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a) Die Nötigung der beiden Tatopfer durch den Angeklagten ist
durch dieselbe Drohung begangen worden. Nach den getroffenen
Feststellungen kam der Geschädigte K. nicht nur aus Sorge um
sein eigenes Leben, sondern auch deshalb der vom Angeklagten
erzwungenen Handlung nach, weil der Angeklagte mit
Nötigungsabsicht zeitgleich die Mutter des
Geschädigten mit der für schussfähig
gehaltenen Waffe bedrohte und der Geschädigte daher auch um
das Leben seiner Mutter fürchtete (UA 8; vgl.
Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. § 240 Rdn. 37). Der
Angeklagte hat deshalb die von den beiden Geschädigten
erbrachten Handlungen zumindest auch mittels desselben
Nötigungsmittels - der Drohung gegenüber der
Geschädigten D. - erzwungen. Dies reicht zur Annahme von
(gleichartiger) Tateinheit aus (vgl. Tröndle/Fischer aaO vor
§ 52 Rdn. 20, 23).
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b) Die Freiheitsberaubung und die währenddessen erfolgte
Bedrohung der Geschädigten D. stehen zu den unmittelbar zuvor
begangenen Nötigungshandlungen des Angeklagten ebenfalls in
Tateinheit und nicht - wie das Landgericht annimmt - in Tatmehrheit.
Auch das Entführen der Geschädigten D. beruhte auf
einem einheitlichen Tatentschluss des Angeklagten und war auf Grund des
zeitlichen, räumlichen und situativen Zusammenhangs so eng mit
den zuvor begangenen Nötigungen verbunden, dass sich das
gesamte Tätigwerden des Angeklagten als einheitliches Tun im
Sinne einer natürlichen Handlungseinheit darstellt (vgl. BGHR
StGB vor § 1/natürliche Handlungseinheit; Entschluss,
einheitlicher 12 m.w.N.).
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c) Der Senat ändert den Schuldspruch von sich aus. §
265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte gegen den
geänderten Schuldspruch nicht anders als geschehen
hätte verteidigen können. Dass der Angeklagte
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nicht wegen eines Verbrechens der Geiselnahme (§ 239 b StGB)
verurteilt worden ist, beschwert ihn nicht.
2. Mit der Annahme von Tateinheit entfallen die von der Strafkammer
festgesetzten Einzelstrafen. Der Senat kann jedoch in entsprechender
Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die Gesamtstrafe als
Einzelstrafe bestehen lassen. Die geänderte
konkurrenzrechtliche Bewertung lässt den Unrechts- und
Schuldgehalt der Tat unberührt. Es kann deshalb ausgeschlossen
werden, dass der Tatrichter bei Annahme von Tateinheit statt
Tatmehrheit auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte.
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3. Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels gibt keinen
Anlass, den Angeklagten von den Kosten des Verfahrens und seinen
Auslagen gemäß § 473 Abs. 4 StPO teilweise
zu entlasten.
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Tepperwien Athing Solin-Stojanović
Ernemann Sost-Scheible |