BGH,
Beschl. v. 18.3.2003 - 4 StR 95/03
4 StR 95/03
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
18. März 2003
in der Strafsache gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 18. März 2003
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Essen vom 7. November 2002
a) im Strafausspruch,
b) soweit eine Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt unterblieben ist,
mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben
Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt.
Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er
allgemein die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das
Rechtsmittel hat zum Rechtsfolgenausspruch Erfolg; im übrigen
ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der
Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum
Nachteil des Angeklagten ergeben. Daß das Landgericht bei der
Tat vom 20. März 2002 § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG nicht
als erfüllt angesehen hat, beschwert ihn nicht.
2. Dagegen kann der Rechtsfolgenausspruch keinen Bestand haben. Der
Generalbundesanwalt hat hierzu ausgeführt:
"Nach den getroffenen Feststellungen wäre die Kammer aus
Rechtsgründen verpflichtet gewesen, die Frage zu
prüfen, ob die Voraussetzungen für die Unterbringung
des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt vorliegen. Der Angeklagte
ist drogenabhängig; er konsumiert seit 1989/90 Haschisch, seit
Ende 1991 Heroin und setzte den Drogenmissbrauch fort, soweit er sich
in Freiheit befand (UA S. 5). Zur Tatzeit verbrauchte er zwei bis drei
Gramm gestrecktes Heroin am Tag und beging die abgeurteilten Taten auch
zur Sicherstellung seines Eigenkonsums (UA S. 6). Eine hinreichend
konkrete Aussicht eines Behandlungserfolgs besteht; der Angeklagte ist
sogar willens, sich einer Therapie zu unterziehen (UA S. 10f). Unter
diesen Umständen hätte die Kammer darüber
befinden müssen, ob bei dem Angeklagten die Gefahr besteht,
dass er auch in Zukunft in Folge des bei ihm gegebenen Hangs erhebliche
rechtswidrige Taten begehen wird. Die Unterbringung nach § 64
StGB ist zwingend anzuordnen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen der
Maßregel gegeben sind (BGHSt 37, 5f; BGH StGB § 64
Ablehnung 5, 7 und 8). Die Tatsache, dass nur der Angeklagte Revision
eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung
nicht; die Revision hat die Nichtanwendung des § 64 StGB auch
nicht von ihrem Rechtsmittelangriff ausgenommen
(Tröndle/Fischer, StGB, 51. Aufl., § 64 Rdn. 19
m.w.N.).
Der Strafausspruch unterliegt der Aufhebung, da es nicht
auszuschließen ist, dass die Einzelstrafe und die
Gesamtfreiheitsstrafe milder ausgefallen wären, wenn die
Kammer die Unterbringung nach § 64 StGB angeordnet
hätte".
Dem stimmt der Senat zu. Er hebt auch die dem Strafausspruch
zugrundeliegenden Feststellungen auf. Der mit Blick auf § 246
a StPO ohnehin hinzuzuziehende Sachverständige wird
Gelegenheit haben, sich auch zu den Voraussetzungen erheblich
verminderter Schuldfähigkeit des Angeklagten zu
äußern.
Tepperwien Maatz Kuckein Solin-Stojanovic Sost-Scheible |