BGH,
Beschl. v. 19.12.2007 - 1 StR 581/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 581/07
vom
19.12.2007
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19.12.2007 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Würzburg vom 11. Mai 2007 wird als unbegründet
verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die
den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
Der Angeklagte war vom Vorwurf, eine Anhalterin mit einem Messer oder
einem vergleichbaren scharfen Gegenstand getötet zu haben, aus
tatsächlichen Gründen freigesprochen worden. Nachdem
der Senat dieses Urteil auf die Revisionen von Staatsanwaltschaft und
Nebenklägern aufgehoben hatte (Urt. vom 11. Januar 2005 - 1
StR 478/04 = NStZ-RR 2005, 147), ist der Angeklagte nunmehr wegen
Totschlags verurteilt worden. Seine auf eine Verfahrensrüge
und die näher ausgeführte Sachrüge
gestützte Revision ist unbegründet (§ 349
Abs. 2 StPO).
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I.
Der näheren Ausführung bedarf dies nur hinsichtlich
der Verfahrensrüge, mit der eine Verletzung von § 265
Abs. 1 StPO geltend gemacht wird.
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1. Folgendes liegt zu Grunde:
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Die Anhalterin hatte ca. 400,-- DM Bargeld, einen Koffer und einige
weitere Gegenstände wie z.B. einen Schirm bei sich gehabt, die
nach ihrem Tode nicht mehr auffindbar waren. Dem Angeklagten war daher
zur Last gelegt worden, er habe die Tat begangen, um sich an der Habe
der Anhalterin zu bereichern (schwerer Raub, aus Habgier begangener
Mord). Nicht zuletzt angesichts der
Vermögensverhältnisse des Angeklagten - er hatte
zeitweise ein Jahresgehalt von einer halben Million DM und mehr gehabt,
war zur Tatzeit Inhaber eines Call-Centers in Ungarn und bewohnte ein
Haus, für das er ca. 800.000,-- DM aufgewendet hatte - konnte
sich das Landgericht aber nicht davon überzeugen, dass er sich
durch die Tat bereichern wollte. Dementsprechend hatte es auch bereits
am 10. Oktober 2005 vor der neuen Hauptverhandlung gegen den
Angeklagten einen Haftbefehl wegen des Verdachts des Totschlags
(§ 212 StGB) erlassen, nachdem der frühere Haftbefehl
wegen Verdachts des Mordes nach dem Freispruch aufgehoben worden war
(§ 120 Abs. 1 Satz 2 StPO). Ein ausdrücklicher, auf
§ 265 Abs. 1 StPO gestützter Hinweis, wonach anstatt
einer Verurteilung gemäß §§ 211,
250 StGB auch eine Verurteilung gemäß § 212
StGB in Betracht komme, wurde nicht erteilt.
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2. Die Rüge versagt.
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a) Auch wenn § 211 StGB und § 212 StGB trotz des
ihnen gemeinsamen Tatbestandes der vorsätzlichen
Tötung eines Menschen andere Strafgesetze im Sinne des
§ 265 Abs. 1 StPO sind, gefährdet es den Bestand
eines auf § 212 StGB gestützten Schuldspruchs
regelmäßig nicht, wenn bei einem auf § 211
StGB gestützten Anklagevorwurf ein entsprechender Hinweis
unterblieben ist (BGH NStZ-RR 1996, 10 m.w.N.).
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b) Darüber hinaus war hier ein solcher Hinweis aber auch gar
nicht erforderlich. Der Senat hatte in seinem dem Angeklagten bekannten
und in der erneuten Hauptverhandlung verlesenen früheren
Urteil in dieser Sache ausdrücklich ausgeführt,
näher dargelegte Umstände des Falles
sprächen „dagegen, dass es dem Täter allein
um materielle Bereicherung ging. Es wäre daher die
Möglichkeit zu erörtern gewesen, ob durch die
Wegnahme des Geldes und der übrigen Gegenstände eine
falsche Spur gelegt werden sollte“ (NStZ-RR 2005, 147, 149).
Ein derartiger Hinweis des Rechtsmittelgerichts verdeutlicht dem
(verteidigten) Angeklagten die in Frage kommende abweichende
Beurteilung, sodass er sein Verteidigungsverhalten entsprechend
einrichten kann. Dementsprechend erübrigt sich dann
regelmäßig ein auf § 265 StPO
gestützter Hinweis des anschließend zur Entscheidung
berufenen neuen Tatrichters (vgl. BGHSt 22, 29, 31; Gollwitzer in
Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 265 Rdn. 12 m.w.N.
in Fußn. 30).
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c) Hinzu kommt - was die Revision nicht vorträgt - , dass die
Strafkammer in dem genannten Haftbefehl wegen Totschlags weder das
Mordmerkmal der Habgier noch (schweren) Raub erwähnt und zur
Begründung des Haftbefehls ausdrücklich
„auf die Bewertung der Erkenntnisse durch den
Bundesgerichtshof in dessen Urteil vom 11.01.2005“ verwiesen
hat. Zwar gilt ein Hinweis in einer Haftentscheidung nicht als
ausreichend, um einen Hinweis gemäß § 265
StPO zu ersetzen (BGHSt 22, 29; Engelhardt in KK 5. Aufl. §
265 Rdn. 16 m.w.N.). Jedoch kann eine Haftentscheidung nicht
außer Betracht bleiben, wenn sie einen, wie dargelegt,
grundsätzlich für sich allein schon ausreichenden
Hinweis des Rechtsmittelgerichts ausdrücklich aufgreift und
umsetzt. Die Annahme, dass der Angeklagte schon durch die
Ausführungen im Urteil des Senats auf die in Rede stehende
Möglichkeit einer Änderung der rechtlichen
Würdigung des Geschehens deutlich hingewiesen wurde, wird
durch den Inhalt des Haftbefehls bestätigt und weiter
erhärtet.
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II.
Auch die Sachrüge bleibt erfolglos. Insoweit verweist der
Senat auf die zutreffenden Ausführungen des
Generalbundesanwalts.
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Nack Wahl Kolz
Hebenstreit Elf |