BGH,
Beschl. v. 19.3.2002 - 4 StR 394/01
4 StR 394/01
StVO § 18 Abs. 7
Ein Wenden auf einer Kraftfahrstraße im Sinne des §
18 Abs. 7 StVO liegt nicht vor, wenn der Betroffene auf einer
Kraftfahrstraße unter Einbeziehung von zwei
gegenüberliegenden Parkplätzen sein Fahrzeug in der
Weise in die der bisherigen Fahrtrichtung entgegengesetzte Richtung
bringt, daß er zunächst in den rechtsseitig
gelegenen Parkplatz einfährt, diesen durchfährt, sein
Fahrzeug sodann über dessen Ausfahrt unter Überqueren
der Kraftfahrstraße in die Einfahrt des
gegenüberliegenden Parkplatzes lenkt und diesen über
die Ausfahrt entgegen seiner ursprünglichen Fahrtrichtung
wieder verläßt.
BGH, Beschluß vom 19. März 2002 - - I. Amtsgericht
Kaufbeuren - II. Bayerisches Oberstes Landesgericht
BUNDESGERICHTSHOF
Beschluss
vom
19. März 2002
in der Bußgeldsache
gegen
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Vorsitzende
Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Tepperwien, die Richter am
Bundesgerichtshof Maatz und Dr. Kuckein, die Richterin am
Bundesgerichtshof Solin-Stojanovic und den Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann am 19. März 2002 beschlossen:
Ein Wenden auf einer Kraftfahrstraße im Sinne des §
18 Abs. 7 StVO liegt nicht vor, wenn der Betroffene auf einer
Kraftfahrstraße unter Einbeziehung von zwei
gegenüberliegenden Parkplätzen sein Fahrzeug in der
Weise in die der bisherigen Fahrtrichtung entgegengesetzte Richtung
bringt, daß er zunächst in den rechtsseitig
gelegenen Parkplatz einfährt, diesen durchfährt, sein
Fahrzeug sodann über dessen Ausfahrt unter Überqueren
der Kraftfahrstraße in die Einfahrt des
gegenüberliegenden Parkplatzes lenkt und diesen über
die Ausfahrt entgegen seiner ursprünglichen Fahrtrichtung
wieder verläßt.
Gründe:
I.
1. Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen einer fahrlässig
begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 18 Abs. 7 StVO -
Wenden auf einer Kraftfahrstraße - zu einer
Geldbuße von 300 DM verurteilt und zugleich gegen ihn
für die Dauer von einem Monat ein Fahrverbot
verhängt.
Nach den Feststellungen befuhr der Betroffene mit seinem Pkw von der
Autobahnausfahrt Buchloe kommend die B 12 in Richtung Kaufbeuren.
Nachdem er an zwei Stellen das am Fahrbahnrand angebrachte Schild
Zeichen 331 "Kraftfahrstraße" passiert hatte,
näherte er sich zwei rechts- und linksseitig der B 12
befindlichen Parkplätzen, welche bogenförmig zur B 12
angelegt sind. Einfahrt und Ausfahrt der Parkplätze liegen
wechselseitig genau gegenüber. Der Betroffene fuhr in den
rechtsseitig gelegenen Parkplatz ein. Nach einer Zigarettenpause
stellte er fest, daß er sich verfahren hatte. Er
entschloß sich zur Rückfahrt zur Autobahn in
Richtung Buchloe. Zu diesem Zweck fuhr er an der Ausfahrt des
Parkplatzes auf der B 12 nicht nach rechts in Richtung Kaufbeuren
weiter, sondern überquerte die B 12, um in den
gegenüberliegenden Parkplatz einzufahren. Nach Durchfahren des
Parkplatzes setzte der Betroffene seine Fahrt zur Autobahn in Richtung
Buchloe fort.
Gegen die Entscheidung des Amtsgerichtes hat der Betroffene
Rechtsbeschwerde eingelegt, mit der er die Verletzung materiellen
Rechts rügt.
2. Das mit der Rechtsbeschwerde befaßte Bayerische Oberste
Landesgericht beabsichtigt, das Rechtsmittel als unbegründet
zu verwerfen. Das Amtsgericht habe das Fahrmanöver des
Betroffenen zutreffend als ein verbotswidriges Wenden im Sinne des
§ 18 Abs. 7 StVO gewertet. Der Betroffene habe die
Kraftfahrstraße durch das Einbiegen auf den rechtsseitig
gelegenen Parkplatz nicht völlig verlassen, weil der
Parkplatz, ebenso wie bei Autobahnen, noch zur
Kraftfahrstraße gehöre. Wenden im Sinne der
Straßenverkehrsordnung sei der Vorgang, durch den ein
Fahrzeug auf derselben Straße von der bisherigen in die
entgegengesetzte Richtung gebracht werde. Es entspreche daher
allgemeiner Auffassung, daß ein verbotenes Wenden im Sinne
des § 18 Abs. 7 StVO auch dann vorliege, wenn ein Kraftfahrer
sein Fahrzeug unter Einbeziehung eines rechts oder links der Fahrbahn
gelegenen Parkplatzes in die der bisherigen Fahrtrichtung
entgegengesetzte Richtung bringe. Nichts anderes könne gelten,
wenn das Fahrmanöver unter Benutzung zweier
gegenüberliegender Parkplätzen durchgeführt
werde. Wesentliche Merkmale des Wendens, nämlich das
vorübergehende Querfahren und die hieraus erwachsene besondere
Gefahr für den Schnellverkehr, seien auch bei einem solchen
Verkehrsvorgang gegeben.
An der beabsichtigten Entscheidung sieht sich das Bayerische Oberste
Landesgericht durch den Beschluß des Oberlandesgerichts
Stuttgart vom 16. August 2000 - 2 Ss 325/00 (NZV 2001, 179 = VRS 99,
376 = DAR 2000, 585) gehindert. Das Oberlandesgericht Stuttgart geht
zwar im Ansatz ebenfalls davon aus, daß durch das Einbiegen
auf einen rechtsseitig gelegenen Parkplatz die
Kraftfahrstraße nicht völlig verlassen werde, da
dieser, ebenso wie bei Autobahnen, noch zur Straße
gehöre. Es hat jedoch ein Wenden im Sinne des § 18
Abs. 7 StVO für den Fall verneint, daß bei dem
Fahrvorgang zwei gegenüberliegende Parkplätze benutzt
werden. Die mit einem solchen Fahrmanöver verbundene Gefahr
sei nämlich nicht vergleichbar mit den
Gefährdungsmomenten, die eine Fahrtrichtungsänderung
um 180 Grad auf einer oder zwei Fahrbahnen mit sich bringe. Vielmehr
liege ein nur kurze Zeit beanspruchendes Überqueren der
Fahrbahn vor.
Das Bayerische Oberste Landesgericht hat deshalb mit Beschluß
vom 8. August 2001 - 1 ObOWi 306/01 (abgedruckt in NZV 2001, 526 = VRS
101, 305 = NStZ 2002, 96) die Sache gemäß §
121 Abs. 2 GVG i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG zur Entscheidung
über folgende Rechtsfrage vorgelegt:
"Liegt ein Wenden auf einer Kraftfahrstraße im Sinn des
§ 18 Abs. 7 StVO vor, wenn der Betroffene auf einer
Kraftfahrstraße unter Einbeziehung von zwei
gegenüberliegenden Parkplätzen sein Fahrzeug in die
der bisherigen Fahrtrichtung entgegengesetzte Richtung bringt?"
3. Der Generalbundesanwalt hat beantragt zu beschließen:
"Ein Wenden auf einer Kraftfahrstraße im Sinne von §
18 Abs. 7 StVO liegt nicht vor, wenn der Betroffene auf einer
Kraftfahrstraße unter Einbeziehung von zwei
gegenüberliegenden, räumlich von der Fahrbahn
getrennten und jeweils mit Ein- und Ausfahrten versehenen
Parkplätzen sein Fahrzeug in die der bisherigen Fahrtrichtung
entgegengesetzte Richtung bringt."
II.
Die Vorlegungsvoraussetzungen gemäß § 121
Abs. 2 GVG i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG sind
erfüllt.
Die Vorlegungsfrage betrifft die Auslegung des Begriffs "Wenden auf
einer Kraftfahrstraße" in § 18 Abs. 7 StVO und damit
eine Rechtsfrage.
Die vorgelegte Rechtsfrage ist auch entscheidungserheblich. Das
Bayerische Oberste Landesgericht kann im Vorlegungsfall nicht ein
"Wenden auf einer Kraftfahrstraße" im Sinne des § 18
Abs. 7 StVO annehmen und die Rechtsbeschwerde, wie beabsichtigt,
verwerfen, ohne von den tragenden Gründen der Entscheidung des
Oberlandesgerichts Stuttgart abzuweichen. Die den Entscheidungen
zugrundeliegenden Sachverhalte sind im wesentlichen gleichgelagert: In
beiden Fällen ist der Betroffene zunächst von der
Kraftfahrstraße in den rechtsseitig gelegenen Parkplatz
eingefahren, hat diesen durchfahren, sein Fahrzeug sodann über
dessen Ausfahrt unter Überqueren der Kraftfahrstraße
in die gegenüberliegende Einfahrt des links gelegenen
Parkplatzes gelenkt und diesen schließlich über die
Ausfahrt entgegen seiner ursprünglichen Fahrtrichtung wieder
verlassen. Dieser für die Entscheidung maßgebliche
Fahrvorgang wird jedoch in der Vorlegungsfrage nicht hinreichend
konkretisiert. Der Senat hat daher die Vorlegungsfrage wie folgt
präzisiert und neu gefaßt:
"Liegt ein Wenden auf einer Kraftfahrstraße im Sinne des
§ 18 Abs. 7 StVO vor, wenn der Betroffene auf einer
Kraftfahrstraße unter Einbeziehung von zwei
gegenüberliegenden Parkplätzen sein Fahrzeug in der
Weise in die der bisherigen Fahrtrichtung entgegengesetzte Richtung
bringt, daß er zunächst in den rechtsseitig
gelegenen Parkplatz einfährt, diesen durchfährt, sein
Fahrzeug sodann über dessen Ausfahrt unter Überqueren
der Kraftfahrstraße in die Einfahrt des
gegenüberliegenden Parkplatzes lenkt und diesen über
die Ausfahrt entgegen seiner ursprünglichen Fahrtrichtung
wieder verläßt?"
III.
Der Senat beantwortet die Vorlegungsfrage wie aus der
Beschlußformel ersichtlich.
1. Den verkehrsrechtlichen Begriff des Wendens im Sinne der
§§ 9 Abs. 5, 18 Abs. 7 StVO hat der Gesetzgeber weder
in der Straßenverkehrsordnung noch in der amtlichen
Begründung hierzu näher definiert. Nach allgemeiner
Auffassung ist hierunter der - willentlich gesteuerte - Verkehrsvorgang
zu verstehen, durch den ein Fahrzeug auf derselben Straße von
der bisherigen in die entgegengesetzte Richtung gebracht wird (vgl.
BGHSt 27, 233, 234/235; 31, 71, 74; Hentschel,
Straßenverkehrsrecht 36. Aufl. § 9 StVO Rdn. 50;
Janiszewski/Jagow/Burmann, StVO 16. Aufl. § 9 StVO Rdn. 56
jeweils m.w.N.).
2. Ein "Wenden" im Sinne der Straßenverkehrsordnung setzt
danach voraus, daß die Richtungsänderung auf
derselben Straße erfolgt. Eine Definition des Begriffs
"Straße" bzw. ihrer Bestandteile enthält die
Straßenverkehrsordnung indes ebenfalls nicht.
a) Das vorlegende Gericht knüpft insoweit - ebenso wie das
Oberlandesgericht Stuttgart - ersichtlich an den im Straßen-
und Wegerecht geltenden Straßenbegriff an (vgl. auch BayObLG
VRS 58, 154): Danach gehören neben dem eigentlichen
Straßenkörper mit den Fahrbahnen auch Nebenanlagen
sowie bestimmte Nebenbetriebe, bei Bundesautobahnen unter anderem auch
Tankstellen, Raststätten und Parkplätze zur
"Straße" (vgl. §§ 1 Abs. 4, 15 Abs. 1
FStrG). Die Maßgeblichkeit des straßenrechtlichen
Straßenbegriffs für die Beurteilung der Frage, ob
die Richtungsänderung auf derselben Straße erfolgt
und damit ein Wenden im Sinne des § 18 Abs. 7 StVO vorliegt,
entspricht - soweit ersichtlich - der in der obergerichtlichen
Rechtsprechung und in der Kommentarliteratur vorherrschenden Auffassung
(vgl. nur Hentschel aaO § 18 Rdn. 14;
Janiszewski/Jagow/Burmann aaO § 18 Rdn. 1 jeweils m.w.N.).
Hierbei wird die für Nebenbetriebe (Tankstellen,
Raststätten und Parkplätze) an Bundesautobahnen
geltende Bestimmung des § 15 Abs. 1 FStrG auf
Kraftfahrstraßen übertragen. Dementsprechend hat das
vorlegende Gericht bereits in einer früheren Entscheidung
ausgesprochen, daß ein verbotswidriges Wenden auf einer
Kraftfahrstraße gegeben ist, wenn ein Fahrzeug unter
Einbeziehung eines rechtsseitig gelegenen Parkplatzes in die der
bisherigen Fahrtrichtung entgegengesetzte Richtung gebracht wird
(BayObLGSt 1981, 178 = VRS 62, 143 = DAR 1982, 164). Dieser Auffassung
hat sich das OLG Koblenz (12. Zivilsenat) in einem Fall angeschlossen,
in welchem die Richtungsänderung durch Einbeziehung eines aus
der ursprünglichen Fahrtrichtung gesehen links von der
Kraftfahrstraße gelegenen Parkplatzes vollzogen worden war
(OLG Koblenz NZV 1992, 406).
b) Andererseits besteht in Rechtsprechung und Literatur Einigkeit
darüber, daß ein "Wenden" nicht vorliegt, wenn das
Fahrzeug vor der Richtungsänderung die Straße
vollständig verlassen hat (vgl. Hentschel aaO § 9
Rdn. 50; Janiszewski/Jagow/Burmann aaO § 9 Rdn. 56 b jeweils
m. N.). Gegen §§ 9 Abs. 5, 18 Abs. 7 StVO
verstößt danach nicht, wer von der
Kraftfahrstraße (nach links) in einen privaten
forstwirtschaftlichen Weg (vgl. BayObLGSt 1995, 200 = NZV 1996, 161 =
VRS 90, 448) oder auf eine unmittelbar anschließende, nicht
zum öffentlichen Verkehr freigegebene Fläche (OLG
Düsseldorf DAR 1983, 90) einfährt oder von der
Straße in eine Grundstückseinfahrt einbiegt (vgl.
OLG Koblenz VRS 71, 58 und OLG Köln DAR 2000, 120 jeweils zu
§ 9 Abs. 5 StVO) und anschließend entgegen der
ursprünglichen Fahrtrichtung seine Fahrt fortsetzt.
c) Soweit der Bundesgerichtshof in zwei Entscheidungen mit der Frage,
ob ein Verkehrsverhalten ein verbotswidriges Wenden auf einer
Bundesautobahn nach § 18 Abs. 7 StVO darstellt,
befaßt war (BGHSt 27, 233; 31, 71), hat er auf den
Gesichtspunkt, ob der Fahrvorgang Verkehrsflächen einbezog,
die straßenrechtlich als Teil der Bundesautobahn anzusehen
sind, nicht ausdrücklich abgestellt.
3. Der Senat teilt im Ergebnis die Auffassung des Oberlandesgerichts
Stuttgart. Ein Wenden im Sinne des § 18 Abs.7 StVO ist im
Vorlegungsfall nicht gegeben.
a) Der Begriff der Straße des Straßen- und
Wegerechts stellt kein taugliches Abgrenzungskriterium dafür
dar, ob ein Verkehrsverhalten als Wenden im Sinne der
Straßenverkehrsordnung zu qualifizieren ist.
Aufgabe des Straßenrechts ist die Regelung der
Rechtsverhältnisse an den öffentlichen
Straßen; es befaßt sich daher insbesondere mit der
Widmung, Umstufung und Einziehung öffentlicher
Straßen, mit der Straßenbaulast sowie mit der
Abgrenzung von Gemeingebrauch und Sondernutzung. Mit dem
Straßenverkehrsrecht soll hingegen die Teilnahme am
Straßenverkehr, vor allem dessen Sicherheit und Leichtigkeit,
gewährleistet werden (vgl. hierzu BGH NJW 2002, 1280, zum
Abdruck in BGHSt vorgesehen). Bereits der unterschiedliche
Regelungszweck der beiden Rechtsmaterien zeigt, daß der
(weite) Straßenbegriff des Straßenrechts nicht ohne
weiteres der Auslegung einer Vorschrift des
Straßenverkehrsrechts zugrundegelegt werden kann.
aa) Dem entspricht, daß für Nebenbetriebe wie
Tankstellen, Raststätten und Parkplätze zumindest auf
deren eigentlichen Betriebsflächen die strengen Regeln des
§ 18 StVO nicht oder jedenfalls nicht uneingeschränkt
gelten (vgl. hierzu z.B. OLG Düsseldorf VM 1979, 29 m. abl.
Anm. Booß; OLG Frankfurt VRS 57, 311; BayObLG VRS 58, 154;
OLG Koblenz NZV 1994, 83 = VM 1994, 15 m. abl. Anm. Booß;
Jäger in HK-StVR, Stand Juli 2001, § 18 StVO Rdn. 6;
Janiszewski/Jagow/Burmann aaO § 18 Rdn. 1 a.E.). Das Halten
(§ 18 Abs. 8 StVO) auf einem Parkplatz oder einer
Raststätte entspricht gerade der Zweckbestimmung dieser
Einrichtungen; ebenso wird dort regelmäßig das
Wenden und Rückwärtsfahren (§ 18 Abs. 7
StVO) nicht nur zulässig, sondern unter Umständen
für einen reibungslosen Betrieb unerläßlich
sein.
bb) Die Übertragung des straßenrechtlichen
Straßenbegriffs auf den Begriff des Wendens im Sinne des
§ 18 Abs. 7 StVO führt auch zu Ungereimtheiten, wenn
in den Verkehrsvorgang Verkehrsflächen miteinbezogen werden,
die zwar straßenrechtlich Bestandteil der
Kraftfahrstraße sind, nicht aber den eigentlichen Zwecken des
auf ihr stattfindenden Schnellverkehrs dienen.
Verläßt ein Kraftfahrer vollständig die
Kraftfahrstraße, indem er zum Beispiel in einen
forstwirtschaftlichen Waldweg einfährt, und setzt er sodann
aus diesem herausfahrend seine Fahrt in nunmehr entgegengesetzter
Fahrtrichtung fort, so liegt nach herrschender Meinung kein Wenden im
Sinne des § 18 Abs. 7 StVO vor (vgl. BayObLGSt 1995, 200).
Führt er dasselbe Fahrmanöver unter Einbeziehung
eines oder zweier Parkplätze unter Benutzung der vorgesehenen
Ein- und Ausfahrten durch, so kann dies nicht ohne Wertungswiderspruch
als verbotswidriges Wenden angesehen werden. Soweit das vorlegende
Gericht seine Auffassung maßgeblich darauf stützt,
daß auch bei einem solchen Verkehrsvorgang "wesentliche
Merkmale des Wendens, nämlich das vorübergehende
Querfahren und die hieraus erwachsene besondere Gefahr für den
Schnellverkehr" gegeben seien, gilt dies -
regelmäßig in noch höherem Maße -
auch für das Aus- und Querfahren aus einem Feld- oder Waldweg.
Nicht ohne weiteres einsichtig ist auch, daß das Bayerische
Oberste Landesgericht im Vorlegungsfall wegen der besonderen
Gefährlichkeit des Querfahrens ein Wenden bejaht, andererseits
jedoch einen Verstoß gegen § 18 Abs. 7 StVO in einem
Fall verneint hat, in welchem der Betroffene eine
Kraftfahrstraße von einer Einfahrt zur
gegenüberliegenden Ausfahrt "lediglich" überquert hat
(vgl. BayObLG NStZ-RR 1996, 214 = VRS 91, 307).
b) Nach dem Sinn und Zweck der Verbotsnorm des § 18 Abs. 7
StVO ist ein Wenden auf einer Kraftfahrstraße vielmehr nur
dann gegeben, wenn die Änderung der Fahrtrichtung in die
entgegengesetzte Richtung vollständig auf den hinter den
Zeichen 331 (Kraftfahrstraßen) befindlichen Fahrbahnen
einschließlich aller den Zwecken des Schnellverkehrs
mittelbar dienenden zugehörigen Verkehrsflächen wie
Beschleunigungs-, Verzögerungs-, Seiten- und Mittelstreifen
sowie der Ein- und Ausfahrten erfolgt.
aa) Das unbedingte Verbot, auf Autobahnen und
Kraftfahrstraßen zu wenden, hat seinen Grund erkennbar darin,
daß ein solcher Verkehrsvorgang mit den Erfordernissen der
Verkehrssicherheit schlechterdings unvereinbar ist (BGHSt 27, 233,
235). Die für das Verbot maßgebenden Gefahren
ergeben sich aus dem eigentlichen Wendevorgang, das heißt aus
dem Überqueren der Fahrbahn durch Umdrehen des Fahrzeuges in
die Gegenrichtung (BGH aaO). Die damit verbundene besondere
Gefahrenlage, die durch die - regelmäßig schnelle -
Abfolge nicht in den Fluß des Schnellverkehrs passender
Brems-, Beschleunigungs- und Lenkmanöver auf engem Raum
begründet wird (vgl. insoweit auch OLG Stuttgart NZV 2001,
179/180), ist jedoch nicht gegeben, wenn der Bereich des
Schnellverkehrs vor oder nach dem Überqueren der Fahrstreifen
vollständig verlassen wird. Das ist allerdings nicht schon
dann der Fall, wenn in den Fahrvorgang auch Verkehrsflächen,
wie etwa Beschleunigungs-, Verzögerungs-, Seiten- oder
Mittelstreifen einbezogen werden, die jedenfalls mittelbar dem
Schnellverkehr dienen. Denn deren Inanspruchnahme vermindert die
spezifische Gefährlichkeit des Wendens nicht grundlegend.
Werden dagegen - wie im Vorlegungsfall - für den Fahrvorgang
zwei gegenüberliegende Parkplätze einbezogen, so
liegt jeweils lediglich ein zweimaliges Ein- und Ausfahren in und aus
den beiden Parkplätzen verbunden mit einem Überqueren
der Fahrbahn vor. Insoweit ist die Situation verkehrsrechtlich ebenso
zu bewerten, wie in den nach herrschender Auffassung - auch der des
vorlegenden Gerichts - ebenfalls nicht als Wenden im Sinne des
§ 18 Abs. 7 StVO zu qualifizierenden Fällen, in denen
vor der Richtungsänderung die Straße
vollständig verlassen worden ist.
bb) Der Senat verkennt nicht, daß das Kreuzen einer
Kraftfahrstraße - je nach den örtlichen
Verhältnissen - ebenfalls mit hohen Gefahren für den
dort stattfindenden Schnellverkehr verbunden sein kann. Der
zuständigen Straßenverkehrsbehörde bleibt
es jedoch, worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen hat,
unbenommen, dem Überqueren der Fahrbahn durch entsprechende
Gebots- oder Verbotszeichen entgegen zu wirken. Im Vorlegungsfall
hätten etwa die für den Schnellverkehr bestimmten
Fahrstreifen durch eine durchgehende Mittellinie (Zeichen 295) getrennt
werden und/oder an den Parkplatzausfahrten das Zeichen 209
(Rechtsabbiegegebot) angebracht werden können.
Verstöße hiergegen können als
Ordnungswidrigkeiten geahndet werden (§§ 41 Abs. 2
Nr. 2, Abs. 3 Nr. 3, 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO i.V.m. § 24 StVG).
Eines Rückgriffs auf § 18 Abs. 7 StVO bedarf es
nicht.
Tepperwien Maatz Kuckein Solin-Stojanovic Ernemann |