BGH,
Beschl. v. 19.11.2009 - 3 StR 244/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 244/09
vom
19. November 2009
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
___________________________________
StGB § 238 Abs. 1
1. Beharrliches Handeln im Sinne des § 238 setzt wiederholtes
Tätigwerden voraus. Darüber hinaus ist erforderlich,
dass der Täter aus Missachtung des entgegenstehenden Willens
oder aus Gleichgültigkeit gegenüber den
Wünschen des Opfers in der Absicht handelt, sich auch in
Zukunft entsprechend zu verhalten. Eine in jedem Einzelfall
Gültigkeit beanspruchende, zur Begründung der
Beharrlichkeit erforderliche (Mindest-) Anzahl von Angriffen des
Täters kann nicht festgelegt werden.
2. Die Lebensgestaltung des Opfers wird schwerwiegend
beeinträchtigt, wenn es zu einem Verhalten veranlasst wird,
das es ohne Zutun des Täters nicht gezeigt hätte und
das zu gravierenden, ernst zu nehmenden Folgen führt, die
über durchschnittliche, regelmäßig
hinzunehmende Beeinträchtigungen der Lebensgestaltung
erheblich und objektivierbar hinausgehen.
3. § 238 StGB ist kein Dauerdelikt. Einzelne Handlungen des
Täters, die erst in ihrer Gesamtheit zu der erforderlichen
Beeinträchtigung des Opfers führen, werden jedoch zu
einer tatbestandlichen Handlungseinheit zusammengefasst, wenn sie einen
ausreichenden räumlichen und zeitlichen Zusammenhang aufweisen
und von einem fortbestehenden einheitlichen Willen des Täters
getragen sind.
BGH, Beschluss vom 19. November 2009 - 3 StR 244/09 - LG
Lüneburg
- 2 -
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u. a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf
dessen Antrag - am 19. November 2009 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Lüneburg vom 16. Februar 2009 im Schuldspruch dahin
geändert, dass der Angeklagte des schweren Raubes in
Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, der
gefährlichen Körperverletzung, der Nötigung,
des Raubes in Tateinheit mit räuberischer Erpressung und
sexueller Nötigung, des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte
in Tateinheit mit Beleidigung in zwei Fällen, davon in einem
Fall in Tateinheit mit Bedrohung, der Sachbeschädigung in vier
rechtlich zusammentreffenden Fällen sowie der Nachstellung in
Tateinheit mit Bedrohung in fünf und Beleidigung in zwei
jeweils rechtlich zusammentreffenden Fällen schuldig ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu
tragen.
- 4 -
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit
mit gefährlicher Körperverletzung, wegen
gefährlicher Körperverletzung, wegen
Nötigung, wegen Raubes in Tateinheit mit
vorsätzlicher Körperverletzung, räuberischer
Erpressung und sexueller Nötigung, wegen Widerstands gegen
Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung in zwei
Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Bedrohung, wegen
Sachbeschädigung in vier rechtlich zusammentreffenden
Fällen und wegen Nachstellung in Tateinheit mit Bedrohung in
fünf Fällen, davon in zwei Fällen in
Tateinheit mit Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier
Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten
Revision beanstandet der Angeklagte die Verletzung formellen und
materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt auf die
Sachrüge zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen
Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist es
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1
Der Erörterung bedarf lediglich Folgendes:
2
I. Im Fall II. 1. der Urteilsgründe ist der Angeklagte nur des
Raubes in Tateinheit mit räuberischer Erpressung und sexueller
Nötigung schuldig. Die Verurteilung wegen tateinheitlich
begangener vorsätzlicher Körperverletzung muss
entfallen, weil insoweit Strafverfolgungsverjährung
eingetreten ist. Die Verjährungsfrist für Straftaten
nach § 223 Abs. 1 StGB beträgt fünf Jahre
(§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Die Tat wurde am 29. September 2002
begangen. Die Verjährung wurde unterbrochen durch die erste
Vernehmung des Angeklagten am 31. März 2003 (§ 78 c
Abs. 1 Nr. 1 StGB). Die nächste, zur Unterbrechung der
Verjährung geeignete Handlung war die Erhebung der
öffentlichen Klage (§ 78 c Abs. 1 Nr. 6 StGB) am 18.
November 2008. Zu diesem Zeitpunkt war die Verjährungsfrist
aber bereits abgelaufen. Dass der Vorwurf der vorsätzli-
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chen Körperverletzung mit weiteren Delikten in Tateinheit
steht, ist ohne Bedeutung; denn die Verjährung bestimmt sich
bei tateinheitlichem Zusammentreffen für jede
Gesetzesverletzung gesondert (Fischer, StGB 56. Aufl. § 78 a
Rdn. 5 m. w. N.).
II. Die Wertung des Landgerichts, der Angeklagte habe in den
Fällen II. ., 3., 7., 8. und 9. der Urteilsgründe
fünf materiellrechtlich selbstständige, zueinander im
Verhältnis der Tatmehrheit stehende Nachstellungen begangen
und sich deshalb wegen Nachstellung in Tateinheit mit Bedrohung in
fünf Fällen, davon in zwei Fällen in
Tateinheit mit Beleidigung (§ 238 Abs. 1, § 241 Abs.
1, § 185 Abs. 1, §§ 52, 53 StGB) strafbar
gemacht, hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht
stand. Der Angeklagte ist vielmehr insoweit auf der Grundlage der
rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen der Nachstellung in
Tateinheit mit Bedrohung in fünf und Beleidigung in zwei
jeweils rechtlich zusammentreffenden Fällen schuldig.
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1. Die Strafkammer hat Folgendes festgestellt:
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Der Angeklagte lernte im April 2006 die Zeugin L. kennen und
führte mit dieser bis Ende 2007 eine Beziehung. Nach der
Trennung kam es wiederholt zu Auseinandersetzungen, da der Angeklagte
die Trennung nicht akzeptieren wollte. Die Zeugin L. erwirkte am 7.
Januar 2008 eine einstweilige Verfügung nach dem
Gewaltschutzgesetz gegen den Angeklagten; danach wurde diesem
untersagt, Kontakt zu der Zeugin aufzunehmen und sich ihr in einem
Umkreis von 100 Metern zu nähern. Am 16. Juli 2008 fand eine
mündliche Verhandlung vor dem Amtsgericht über einen
Antrag der Zeugin auf Verhängung von Ordnungsmitteln gegen den
Angeklagten statt; bei dieser Gelegenheit schlossen der Angeklagte und
die Zeugin einen Vergleich, der inhaltlich der einstweiligen
Verfügung entsprach. Zuvor belästigte der Angeklagte
die
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Zeugin in Kenntnis der einstweiligen Verfügung und ihres
Willens, keinen Kontakt mehr zu ihm zu halten, wobei es zu folgenden
einzelnen Vorfällen kam:
Am 29. März 2008 klingelte er an der Tür des
Mehrfamilienhauses, in dem sich die Wohnung der Zeugin befand. Die
Zeugin öffnete das Badezimmerfenster und forderte den
Angeklagten auf zu verschwinden. Dieser kündigte jedoch an,
bis zum nächsten Morgen zu warten, um zu sehen, wer aus dem
Haus komme; außerdem bedrohte er die Zeugin mit dem Tode und
beschimpfte sie als "Nutte" und "Hure".
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Am Mittag des 24. April 2008 rief der Angeklagte die Zeugin mehrfach an
und erklärte, er werde sie nicht in Ruhe lassen. Am Nachmittag
desselben Tages fing er sie auf dem Rückweg von ihrer Arbeit
ab, beobachtete in der Folgezeit ihre Wohnung mit einem Fernglas und
drohte der Zeugin telefonisch und durch lautes Rufen, er werde ihr ein
Messer in den Hals stecken, sie abstechen und umbringen;
außerdem bezeichnete er sie als Schlampe.
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Am 13. Mai 2008 rief der Angeklagte die Zeugin erneut mehrfach an,
klingelte an ihrer Haustür und rief, er wolle wissen, was in
der Wohnung vor sich gehe. Nachdem die Zeugin ihn aufgefordert hatte zu
gehen, drohte er, er könne die Wohnungstür schneller
einschlagen und die Zeugin abstechen, als die Polizei erscheinen werde.
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Am 20. Mai 2008 rief der Angeklagte die Zeugin an und sagte, er werde
an diesem Tage ihre Wohnungstür einschlagen und sie umbringen;
wenn er sie auf der Straße sehen sollte, haue er ihr "die
Backen blau".
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Am 3. Juli 2008 gegen 4.00 Uhr morgens erhielt die Zeugin einen Anruf
von dem Angeklagten, in dem dieser ihr mitteilte, dass der
Gerichtstermin am
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16. Juli 2008 kein schöner Tag für sie werde; alle
wüssten, dass er sie kaputtschlagen und umbringen werde.
Die Zeugin nahm die Drohungen des Angeklagten ernst und hatte Angst um
ihr Leben. Aufgrund des Verhaltens des Angeklagten gab sie erhebliche
Teile ihrer Freizeitaktivitäten auf. So verließ sie
etwa aus Angst vor diesem abends wenn möglich nicht mehr ihre
Wohnung und öffnete aus Furcht die Haustür nicht
mehr. In der Wohnung schaltete sie abends kein Licht mehr an, um dem
Angeklagten vorzutäuschen, nicht zu Hause zu sein. Sie
verließ auch tagsüber ihre Wohnung und ihre
Arbeitsstätte nur nach besonderen Sicherheitsvorkehrungen und
bemühte sich, sich nicht allein auf der Straße
aufzuhalten. Aufgrund ihrer Angst und der damit verbundenen
Einschränkungen verlor sie erheblich an Gewicht.
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2. Diese Feststellungen belegen nur eine Nachstellung nach §
238 Abs. 1 StGB. Dieses Delikt verklammert die an sich rechtlich
selbstständigen Delikte der Bedrohung und Beleidigung zu einer
insgesamt einheitlichen Tat im materiellrechtlichen Sinn. Im Einzelnen:
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a) § 238 StGB ist durch das 40.
Strafrechtsänderungsgesetz vom 22. März 2007 (BGBl I
354) in das Strafgesetzbuch eingefügt worden. Nach dem Willen
des Gesetzgebers sollten mit der Norm beharrliche Nachstellungen, die
einschneidend in das Leben des Opfers eingreifen und unter dem
englischen Begriff "Stalking" diskutiert werden, über die
bereits bestehenden und in Betracht kommenden Straftatbestände
- wie etwa der Nötigung (§ 240 StGB), Bedrohung
(§ 241 StGB), Beleidigung (§ 185 StGB) oder des
Zuwiderhandelns gegen eine Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz
(§ 4 GewSchG) - hinaus mittels eines weiteren
Straftatbestandes verfolgt werden können, um auf diese Weise
einen besseren Opferschutz zu erreichen und
Strafbarkeitslücken zu
14
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schließen (BTDrucks. 16/575 S. 1; Buettner ZRP 2008, 124; zur
vorherigen Rechtslage vgl. Valerius JuS 2007, 319, 320; s. auch Kinzig
ZRP 2006, 255, 256 mit Ausführungen zu Regelungen in den USA,
den Niederlanden und Österreich). Der neue Straftatbestand
dient damit dem Schutz der eigenen Lebensführung vor
gezielten, hartnäckigen und schwerwiegenden
Belästigungen der Lebensgestaltung (Mosbacher NStZ 2007, 665).
b) Tathandlung des § 238 Abs. 1 StGB ist das unbefugte
Nachstellen durch beharrliche unmittelbare und mittelbare
Annäherungshandlungen an das Opfer und näher
bestimmte Drohungen im Sinne des § 238 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 StGB.
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aa) Der u. a. in § 292 Abs. 1 Nr. 1, § 329 Abs. 3 Nr.
6 StGB verwendete Begriff des Nachstellens erfasst das Anschleichen,
Heranpirschen, Auflauern, Aufsuchen, Verfolgen, Anlocken, Fallen
stellen und das Treibenlassen durch Dritte (Kinzig/Zander JA 2007, 481,
483; Valerius aaO S. 321). Im Kontext des § 238 StGB
umschreibt der Begriff im Grundsatz damit zwar alle Handlungen, die
darauf ausgerichtet sind, durch unmittelbare oder mittelbare
Annäherungen an das Opfer in dessen persönlichen
Lebensbereich einzugreifen und dadurch seine Handlungs- und
Entschließungsfreiheit zu beeinträchtigen (BTDrucks.
16/575 S. 7; Wolters in SK-StGB § 238 Rdn. 7). Jedoch sind in
§ 238 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 StGB die Handlungsformen
abschließend beschrieben, auf die sich die
Pönalisierung erstreckt. Während allerdings
§ 238 Abs. 1 StGB in seinen Nr. 1 bis 4 näher
konkretisierte Tatvarianten umschreibt, öffnet § 238
Abs. 1 Nr. 5 StGB das Spektrum möglicher Tathandlungen in kaum
überschaubarer Weise, indem er ohne nähere
Eingrenzungen jegliches Tätigwerden in die Strafbarkeit
einbezieht, das den von § 238 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 StGB
erfassten Handlungen "vergleichbar" ist. Ob Letzteres im Hinblick auf
das verfassungsrechtliche Be-
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stimmtheitsgebot Bedenken begegnen könnte, bedarf hier indes
keiner näheren Betrachtung.
§ 238 Abs. 1 Nr. 1 StGB soll physische Annäherungen
an das Opfer wie das Auflauern, Verfolgen, Vor-dem-Haus-Stehen und
sonstige häufige Präsenz in der Nähe der
Wohnung oder Arbeitsstelle des Opfers erfassen. Erforderlich ist ein
gezieltes Aufsuchen der räumlichen Nähe zum Opfer
(BTDrucks. 16/575 S. 7; Lackner/Kühl, StGB 26. Aufl.
§ 238 Rdn. 4; Wolters aaO Rdn. 10; Mitsch NJW 2007, 1237,
1238; Valerius aaO S. 321). § 238 Abs. 1 Nr. 2 StGB erfasst
Nachstellungen durch unerwünschte Anrufe, E-Mails, SMS,
Briefe, schriftliche Botschaften an der Windschutzscheibe oder
Ähnliches und mittelbare Kontaktaufnahmen über Dritte
(BTDrucks. 16/575 S. 7; Wolters aaO Rdn. 11; Mitsch aaO S. 1239).
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Danach erfüllen die Handlungen des Angeklagten die
Voraussetzungen des Nachstellens in den Tatvarianten des § 238
Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB. Bei dem Vorfall am 29. März 2008
suchte der Angeklagte die räumliche Nähe der Zeugin
auf, indem er an ihrer Wohnung klingelte und mit der Zeugin durch ein
geöffnetes Fenster kommunizierte; somit liegen die
Voraussetzungen des § 238 Abs. 1 Nr. 1 StGB vor. Das Vorgehen
des Angeklagten am 24. April und 13. Mai 2008 erfüllt jeweils
die Voraussetzungen des § 238 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB, da der
Angeklagte sowohl die räumliche Nähe der Zeugin
aufsuchte als auch unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln
Kontakt zu dieser herstellte. § 238 Abs. 1 Nr. 2 StGB erfasst
trotz seines insoweit missverständlichen Wortlauts neben dem
bloßen Versuch auch das erfolgreiche Herstellen einer
kommunikativen Verbindung zwischen Täter und Opfer (Fischer
aaO § 238 Rdn. 14). Durch die Handlungen des Angeklagten am
20. Mai und 3. Juli 2008 sind schließlich ebenfalls die
Voraussetzungen des § 238 Abs. 1 Nr. 2 StGB gegeben.
18
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bb) Auch das tatbestandlich vorausgesetzte beharrliche Handeln des
Täters ist hier gegeben.
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Der Begriff "beharrlich" wird auch an anderer Stelle im StGB verwendet
(§ 56 f Abs. 1 Nr. 2 und 3, § 67 g Abs. 1 Nr. 2 und
3, § 70 b Abs. 1 Nr. 2 und 3, § 184 e StGB) und dort
regelmäßig als wiederholtes Handeln oder andauerndes
Verhalten interpretiert, das eine Missachtung des Verbots oder
Gleichgültigkeit des Täters erkennen lässt
(Fischer aaO § 184 e Rdn. 5; Valerius aaO S. 322; vgl. auch
BGHSt 23, 167, 172 f.). In § 238 Abs. 1 StGB dient das Merkmal
einerseits dazu, den Tatbestand einzuschränken; andererseits
soll es die Deliktstypik des "Stalking" zum Ausdruck bringen und
einzelne, für sich genommen vom Gesetzgeber als
sozialadäquat angesehene Handlungen (BTDrucks. 16/575 S. 7)
von unerwünschtem "Stalking" abgrenzen (Kinzig/Zander aaO S.
484; insoweit kritisch Mitsch aaO S. 1240). Dem Begriff der
Beharrlichkeit im Sinne des § 238 StGB wohnen objektive
Momente der Zeit sowie subjektive und normative Elemente der
Uneinsichtigkeit und Rechtsfeindlichkeit inne (Fischer aaO §
238 Rdn. 19; Wolters aaO Rdn. 15); er ist nicht bereits bei
bloßer Wiederholung erfüllt. Vielmehr bezeichnet das
Tatbestandsmerkmal eine in der Tatbegehung zum Ausdruck kommende
besondere Hartnäckigkeit und eine gesteigerte
Gleichgültigkeit des Täters gegenüber dem
gesetzlichen Verbot, die zugleich die Gefahr weiterer Begehung
indiziert. Eine wiederholte Begehung ist danach zwar immer
Voraussetzung, genügt aber für sich allein nicht
(Lackner/Kühl aaO Rdn. 3; Gazeas JR 2007, 497, 502).
Erforderlich ist vielmehr, dass aus Missachtung des entgegenstehenden
Willens oder aus Gleichgültigkeit gegenüber den
Wünschen des Opfers mit der Absicht gehandelt wird, sich auch
in Zukunft immer wieder entsprechend zu verhalten. Der Beharrlichkeit
ist immanent, dass der Täter uneinsichtig auf seinem
Standpunkt besteht und zäh an seinem Entschluss
festhält, obwohl ihm die entge-
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genstehenden Interessen des Opfers bekannt sind. Die erforderliche
ablehnende Haltung und gesteigerte Gleichgültigkeit
gegenüber dem gesetzlichen Verbot manifestieren sich darin,
dass der Täter den vom Opfer ausdrücklich oder
schlüssig geäußerten entgegenstehenden
Willen bewusst übergeht (vgl. Wolters aaO). Die Beharrlichkeit
ergibt sich aus einer Gesamtwürdigung der verschiedenen
Handlungen, bei der insbesondere auch der zeitliche Abstand zwischen
den Angriffen und deren innerer Zusammenhang von Bedeutung sind
(BTDrucks. 16/575 S. 7; Valerius aaO S. 322; kritisch Mosbacher aaO S.
666; Neubacher/Seher JZ 2007, 1029, 1032).
Die danach erforderliche Gesamtwürdigung des Verhaltens des
Angeklagten ergibt, dass dieser in dem dargelegten Sinne beharrlich
handelte. Das Landgericht hat Vorfälle an insgesamt
fünf Tagen festgestellt, wobei es an einzelnen Tagen zu
mehreren gesonderten Nachstellungshandlungen des Angeklagten kam. Zwar
liegen zwischen einzelnen Übergriffen des Angeklagten
teilweise auch größere zeitliche Abstände
von bis zu etwa sechs Wochen. Jedoch belästigte der Angeklagte
die Zeugin über einen langen Zeitraum von insgesamt mehr als
drei Monaten und an manchen Tagen mit besonderer
Nachdrücklichkeit. Dabei war ihm jederzeit bewusst, dass die
Zeugin, die u. a. eine einstweilige Verfügung gegen ihn
erwirkt hatte, keinen Kontakt mehr zu ihm wünschte. Sein
Verhalten war gleichwohl von dem fortwährenden,
hartnäckigen Bestreben gekennzeichnet, die Zeugin zu
drangsalieren. Auch die Intensität der
Beeinträchtigungen der Zeugin durch das Vorgehen des
Angeklagten ist als erheblich anzusehen; so belästigte der
Angeklagte etwa sein Opfer auch während der Nacht und
verwirklichte durch die ausgesprochenen massiven Drohungen und
Beleidigungen jeweils mindestens einen weiteren Straftatbestand.
Unerheblich ist, dass die Handlungen des Angeklagten zwar im
Wesentlichen gleichartig abliefen, sich jedoch im Detail unterschieden
und verschiedene Alternativen des
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§ 238 Abs. 1 StGB erfüllten. Denn die potentiell
bedrohlichen Handlungen sind in ihrer Gesamtheit zu
berücksichtigen, ohne dass es erforderlich ist, dass dieselbe
Handlung wiederholt vorgenommen wird (Fischer aaO Rdn. 20;
Kinzig/Zander aaO S. 484; Valerius aaO S. 322).
c) Der Tatbestand ist vom Gesetzgeber als Erfolgsdelikt ausgestaltet
worden (vgl. BTDrucks. 16/3641 S. 14; Wolters aaO Rdn. 2; Mosbacher aaO
S. 667; Neubacher/Seher aaO S. 1030); die Tathandlung muss zu einer
schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des
Opfers führen. Der Begriff der Lebensgestaltung umfasst ganz
allgemein die Freiheit der menschlichen Entschlüsse und
Handlungen (BTDrucks. 16/575 S. 7; Wolters aaO Rdn. 4). Sie wird
beeinträchtigt, wenn das Opfer durch die Handlung des
Täters veranlasst wird, ein Verhalten an den Tag zu legen, das
es ohne Zutun des Täters nicht gezeigt hätte; stets
festzustellen ist demnach eine erzwungene Veränderung der
Lebensumstände (BTDrucks. 16/575 S. 8; Wolters aaO Rdn. 5).
Dieses weite Tatbestandsmerkmal erfährt nach dem Wortlaut des
Gesetzes eine Einschränkung dahin, dass die
Beeinträchtigung schwerwiegend sein muss. Erfasst werden damit
im konkreten Kontext ins Gewicht fallende, gravierende und ernst zu
nehmende Folgen, die über durchschnittliche,
regelmäßig hinzunehmende und zumutbare
Modifikationen der Lebensgestaltung erheblich und objektivierbar
hinausgehen (BTDrucks. 16/3641 S. 14; OLG Hamm NStZ-RR 2009, 175;
Wolters aaO Rdn. 3; Mosbacher aaO; kritisch Mitsch aaO S. 1240). Nicht
ausreichend sind daher weniger gewichtige Maßnahmen der
Eigenvorsorge, wie beispielsweise die Benutzung eines Anrufbeantworters
und die Einrichtung einer so genannten Fangschaltung zum Zwecke der
Beweissicherung. Weitergehende Schutzvorkehrungen des Opfers, wie etwa
das Verlassen der Wohnung nur noch in Begleitung Dritter, ein Wechsel
des Arbeitsplatzes oder der Wohnung und das Verdunkeln der Fenster der
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- 13 -
nung sind dagegen als schwerwiegend anzusehen (BTDrucks. 16/575 S. 8;
OLG Hamm aaO; Lackner/Kühl aaO Rdn. 2; Wolters aaO Rdn. 6).
Danach schützt der Tatbestand weder
Überängstliche noch besonders Hartgesottene, die sich
durch das Nachstellen nicht beeindrucken lassen (vgl. Wolters aaO Rdn.
2; Mitsch aaO; Mosbacher aaO).
Nach diesen Maßstäben ist mit Blick auf die
festgestellten objektivierbaren Einschränkungen der
Lebensführung, welche die Belästigungen des
Angeklagten bei der Zeugin hervorriefen, der erforderliche Taterfolg
gegeben. Den Feststellungen lässt sich allerdings nicht
entnehmen, dass dieser Erfolg bereits durch einzelne Handlungen des
Angeklagten verursacht wurde; vielmehr führte erst das
Zusammenwirken aller Angriffe zu den Beeinträchtigungen der
Lebensgestaltung der Zeugin.
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d) Vor diesem Hintergrund ist das Verhalten des Angeklagten als
einheitliche Nachstellung zu bewerten. § 238 Abs. 1 StGB
stellt zwar kein Dauerdelikt dar; die verschiedenen Angriffe des
Angeklagten, mit denen der zur Vollendung des Delikts erforderliche
Erfolg nur einmal herbeigeführt wurde, bilden jedoch eine
tatbestandliche Handlungseinheit (im Ergebnis für das
Vorliegen nur einer Tat auch Lackner/Kühl aaO Rdn. 12; Wolters
aaO Rdn. 24; Mosbacher aaO S. 669; Valerius aaO S. 323).
24
aa) Bereits der Umstand, dass die Tathandlung des § 238 Abs. 1
StGB ein beharrliches Nachstellen voraussetzt, spricht dagegen, die
einzelnen Angriffe des Angeklagten als materiellrechtlich
selbstständige Taten im Sinne des § 53 StGB zu
werten; denn dem Begriff des Nachstellens ist ein gewisses
Maß an Dauerhaftigkeit immanent (Fischer aaO Rdn. 9). Mit dem
zusätzlichen Erfordernis der Beharrlichkeit wollte der
Gesetzgeber den spezifischen Unrechtsgehalt der fortwährend
stattfindenden Verfolgung erfassen, deren Strafbarkeit das
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Regelungsziel des § 238 StGB war (BTDrucks.16/575 S. 6). Wenn
damit auch eine Anknüpfung an eine bloße
Wiederholung der das Opfer beeinträchtigenden Handlung nicht
beabsichtigt war, so vermag doch ein einmaliger Angriff des
Täters das Merkmal der Beharrlichkeit von vorneherein nicht zu
erfüllen. Objektive Voraussetzung ist vielmehr ein
wiederholtes, d. h. mindestens zweifaches Nachstellen im Sinne des
§ 238 Abs. 1 StGB, das indes gemäß den
obigen Darlegungen zusätzlich subjektive und normative
Kriterien aufweisen muss. Diese komplexe Struktur des
Tatbestandsmerkmals bringt es mit sich, dass eine in jedem Einzelfall
Gültigkeit beanspruchende, absolute (Mindest-)Anzahl von
notwendigen Angriffen des Täters nicht festgelegt werden kann;
denn die Beurteilung der Beharrlichkeit eines Verhaltens kann nur auf
der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller Elemente des
Tatbestandsmerkmals erfolgen. Diese stehen nicht isoliert
nebeneinander; vielmehr bestehen Wechselwirkungen, die jeweils
Rückschlüsse auf das Vorliegen der anderen Kriterien
erlauben. So hängt etwa die erforderliche Anzahl der
notwendigen Angriffe u. a. von dem konkreten Gewicht der sonstigen
Elemente ab. Greift der Täter mit seinen Handlungen besonders
intensiv in die Rechte des Opfers ein, so mögen
grundsätzlich bereits wenige Vorfälle, unter
Umständen auch eine einzige Wiederholung, das erforderliche
Maß an rechtsfeindlicher Gesinnung und
Hartnäckigkeit zu belegen. Die in dem Gesetzentwurf des
Bundesrats enthaltene Regelvorgabe von mindestens fünf
Handlungen (BTDrucks. 16/1030 S. 7) erweist sich somit als für
die Anwendungspraxis wenig hilfreich (für ein notwendiges
Minimum von fünf Handlungen auch Kinzig/Zander aaO S. 484;
gegen die pauschale Festlegung einer Mindestzahl Gazeas aaO S. 502;
vgl. auch Wolters aaO Rdn. 15; Mitsch aaO S. 1240).
- 15 -
bb) Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass der Taterfolg nicht durch
eine isolierte einzelne Handlung des Angeklagten sondern durch die
insgesamt fünf Angriffe herbeigeführt wurde.
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(1) Das aus diesem Umstand ersichtlich werdende - geradezu typische -
Verhältnis zwischen Tathandlung und Taterfolg im Rahmen des
§ 238 Abs. 1 StGB belegt zunächst, dass die mehreren
Angriffe des Angeklagten nicht deshalb zur Tateinheit im
materiellrechtlichen Sinn zusammengefasst werden können, weil
sie Teile einer Dauerstraftat sind; denn § 238 Abs. 1 StGB
stellt trotz insoweit mehrdeutiger Passagen in den Gesetzesmaterialien
kein Dauerdelikt im rechtstechnischen Sinne dar (Gazeas aaO S. 503 f.;
ders. KritJ 2006, 247, 261 ff.; Valerius aaO S. 323).
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Der Gesetzentwurf der Bundesregierung beschreibt einleitend das
"Stalking" als Verhaltensweise, die dadurch gekennzeichnet ist, dass
einer anderen Person fortwährend nachgestellt, aufgelauert
oder auf andere Weise mit hoher Intensität Kontakt zu ihr
gesucht bzw. in ihren individuellen Lebensbereich eingegriffen wird
(BTDrucks. 16/575 S. 1). In dem vom Bundestag vorgeschlagenen
Gesetzestext sowie der Begründung findet sich jedoch kein
weitergehender Hinweis darauf, dass der Tatbestand als Dauerdelikt im
rechtstechnischen Sinne ausgestaltet sein sollte. Nach dem
Gesetzentwurf des Bundesrats sollte demgegenüber nur ein
"fortgesetztes" Handeln des Täters
tatbestandsmäßig sein; nach der dortigen
Begründung sollte damit der "Typik des 'Stalking' Rechnung
getragen und der Charakter der Vorschrift als Dauerdelikt zum Ausdruck
gebracht" werden (BTDrucks. 16/1030 S. 7). Die beide
Gesetzentwürfe zusammenführende Beschlussempfehlung
und der Bericht des Rechtsausschusses, die Grundlage der
später verabschiedeten Gesetzesfassung sind, verhalten sich
nicht ausdrücklich zu dem Charakter der Vorschrift. Indes
wurde der
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Gesetzentwurf des Bundesrats formal einstimmig abgelehnt und derjenige
des Bundestags mit Modifizierungen an anderen Stellen angenommen; das
im Entwurf des Bundesrats enthaltene Merkmal eines "fortgesetzten"
Handelns des Täters wurde nicht in den endgültigen
Gesetzestext aufgenommen. Diese Umstände weisen immerhin
darauf hin, dass der Gesetzgeber im Ergebnis den Tatbestand nicht als
Dauerdelikt ausgestalten wollte.
Gegen die Annahme einer Dauerstraftat sprechen in der Sache der
typische Charakter von "Stalking"-Angriffen sowie die Struktur des
Tatbestands. Als Dauerdelikt sind nur solche Straftaten anzusehen, bei
denen der Täter den von ihm in deliktischer Weise geschaffenen
rechtswidrigen Zustand willentlich aufrecht erhält oder die
deliktische Tätigkeit ununterbrochen fortsetzt, so dass sich
der strafrechtliche Vorwurf sowohl auf die Herbeiführung als
auch auf die Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustands bezieht
(BGHSt 42, 215, 216; Fischer aaO Vor § 52 Rdn. 58).
"Stalking"-Angriffe zeichnen sich demgegenüber durch zeitlich
getrennte, wiederholende Handlungen aus, die nicht zu einem
gleichbleibenden und überbrückenden deliktischen
Zustand führen (Gazeas JR 2007, 497, 504). Die
Beeinträchtigung der persönlichen Lebensgestaltung
des Opfers wird durch jede einzelne Handlung des Nachstellens erneuert
und intensiviert (Valerius aaO S. 324). § 238 Abs. 1 StGB ist
zudem als Erfolgsdelikt ausgestaltet, wobei die insoweit erforderliche
schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des
Opfers in der Regel nicht bereits durch den ersten Angriff des
Täters, sondern erst durch sein beharrliches Handeln
herbeigeführt wird. Solange der Tatbestand indes noch nicht
vollständig verwirklicht worden ist, liegt noch kein in
deliktischer Weise geschaffener rechtswidriger Zustand vor, den der
Täter im Sinne der Begehung eines Dauerdelikts willentlich
aufrechterhalten kann.
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(2) Die Tatbestandsstruktur des § 238 Abs. 1 StGB weist jedoch
Elemente auf, die denen eines Dauerdelikts durchaus ähnlich
sind. Die Vorschrift umfasst objektiv nach ihrem Wortlaut und ihrem
durch Auslegung zu ermittelnden Sinn typischerweise ein über
den Einzelfall hinausreichendes, auf gleichartige Wiederholung
gerichtetes Verhalten und soll somit typischerweise ganze
Handlungskomplexe treffen (BGHSt 43, 1, 4 zu § 99 StGB). Es
liegt deshalb auf der Hand, in Fallgestaltungen wie der vorliegenden
von einer sukzessiven Tatbegehung auszugehen (Gazeas KritJ 2006, 247,
262; ders. JR 2007, 504: iterative, d. h. wiederholte
Tatbestandsverwirklichung), die eine ununterbrochene deliktische
Tätigkeit oder einen in deliktischer Weise geschaffenen
Zustand nicht voraussetzt (Rissing-van Saan in LK 12. Aufl. Vor
§ 52 Rdn. 24). Die sukzessive Tatbegehung ist vielmehr dadurch
gekennzeichnet, dass sich der Täter dem tatbestandlichen
Erfolg nach und nach nähert; dabei werden diejenigen einzelnen
Handlungen des Täters, die erst in ihrer Gesamtheit zu der
erforderlichen Beeinträchtigung des Opfers führen,
unter rechtlichen Gesichtspunkten im Wege einer tatbestandlichen
Handlungseinheit zu einer Tat im materiellen Sinne zusammengefasst,
wenn sie einen ausreichenden räumlichen und zeitlichen
Zusammenhang aufweisen und von einem fortbestehenden einheitlichen
Willen des Täters getragen sind (Rissing-van Saan aaO Rdn.
36). Anders als bei der natürlichen Handlungseinheit ist dabei
indes kein enger zeitlicher und räumlicher Zusammenhang des
strafbaren Verhaltens zu fordern. Vielmehr können zwischen den
einzelnen tatbestandsausfüllenden Teilakten erhebliche
Zeiträume liegen (BGHSt 43, 1, 3 zu § 99 StGB).
30
cc) Danach liegt hier nur eine Handlung im Rechtssinne vor. Die
Angriffe des Angeklagten bewirkten erst in ihrer Gesamtheit den
tatbestandlichen Erfolg im Sinne einer schwerwiegenden
Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers. Sie waren
von einer durchgehenden, einheitlichen Motivationslage des
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Angeklagten bestimmt und wiesen trotz der teilweise
mehrwöchigen Unterbrechungen eine genügende
räumliche und zeitliche Nähe auf.
e) Die Nachstellung nach § 238 Abs. 1 StGB verklammert die von
dem Angeklagten ebenfalls verwirklichten Delikte der Bedrohung und
Beleidigung, so dass insgesamt Tateinheit gegeben ist (aA Valerius aaO
S. 324). Zwischen an sich selbstständigen Delikten kann durch
ein weiteres Delikt - auch einer anderen Handlungseinheit (Rissing-van
Saan aaO § 52 Rdn. 28) - Tateinheit hergestellt werden, wenn
dieses weitere Delikt - bzw. die Handlungseinheit - mit den anderen
Straftatbeständen jeweils ideell konkurriert und zumindest mit
einem der verbundenen Delikte eine annähernde Wertgleichheit
besteht oder die verklammernde Tat die schwerste ist (Fischer aaO Vor
§ 52 Rdn. 30; Rissing-van Saan aaO Rdn. 30). Dies ist hier der
Fall. Die Ausführungshandlungen der an sich getrennt
verwirklichten Bedrohungen bzw. Beleidigungen sind zwar nicht
miteinander, wohl aber mit den Ausführungshandlungen der
Nachstellung (teil-)identisch; die zu einer tatbestandlichen
Handlungseinheit verbundenen einzelnen Teilakte der Nachstellung bilden
deshalb jeweils mit den daneben verwirklichten Tatbeständen
der Bedrohung und Beleidigung eine Tat im materiellrechtlichen Sinn.
Die Nachstellung ist nach § 238 Abs. 1 StGB mit
Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe und damit mit
höherer Strafe als die Bedrohung und die Beleidigung bedroht,
deren Strafrahmen jeweils von Geldstrafe bis zu einem Jahr
Freiheitsstrafe reicht. Sie stellt daher das schwerste der
verwirklichten Delikte dar.
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III. Der Senat kann in entsprechender Anwendung von § 354 Abs.
1 StPO den Schuldspruch sowohl im Fall II. 1. als auch in den
Fällen II. 2., 3., 7., 8. und 9. der Urteilsgründe
selbst ändern. Für den Tatkomplex der Nachstellung
ist auszuschließen, dass ein neues Tatgericht Feststellungen
treffen könnte, die
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eine Verurteilung wegen mehrerer im Verhältnis der Tatmehrheit
stehender Taten tragen. § 265 StPO steht der
Schuldspruchänderung nicht entgegen; denn der Angeklagte
hätte sich gegen den lediglich konkurrenzrechtlich
geänderten Tatvorwurf nicht anders als geschehen verteidigen
können.
IV. Für den Strafausspruch folgt hieraus:
34
1. Im Fall II. 1. der Urteilsgründe kann die vom Landgericht
verhängte Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs
Monaten bestehen bleiben. Der Senat vermag mit Blick auf die
übrigen verwirklichten Delikte (Raub in Tateinheit mit
räuberischer Erpressung und sexueller Nötigung)
auszuschließen, dass die Strafkammer bei zutreffender
rechtlicher Würdigung der Verfolgungsverjährung eine
geringere Einzelstrafe verhängt hätte und der
Strafausspruch deshalb auf der rechtsfehlerhaften Verurteilung wegen
tateinheitlich begangener vorsätzlicher
Körperverletzung beruht. Im Übrigen ist es
zulässig, auch verjährte Straftaten bei der
Strafzumessung zum Nachteil des Täters zu
berücksichtigen, wenn auch mit geringerem Gewicht wie nicht
verjährte Delikte (st. Rspr.; s. etwa BGHR StGB § 46
Abs. 2 Vorleben 20).
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2. Die Umstellung des Schuldspruchs bedingt in den Fällen II.
2., 3., 7., 8. und 9. der Urteilsgründe den Wegfall der dort
verhängten Einzelgeldstrafen von jeweils 30
Tagessätzen zu je 10 €. Der Senat setzt insbesondere
mit Blick auf einen zügigen Abschluss des Verfahrens gegen den
in Untersuchungshaft befindlichen Angeklagten selbst in entsprechender
Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO die neu zu bildende
Einzelstrafe auf eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 10
€ fest. Hierdurch wird der Angeklagte nicht beschwert; denn es
ist auszuschließen, dass das Landgericht für den
gesamten Handlungskomplex eine geringere Einzelstrafe verhängt
hätte als diejenige, die es für die einzelnen
Handlungen des Angeklagten als angemessen erachtet hat.
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3. Der Wegfall von vier Einzelgeldstrafen von jeweils 30
Tagessätzen zu je 10 € lässt die
Gesamtstrafe von vier Jahren und sechs Monaten unberührt. Der
Senat schließt im Hinblick auf die Höhe der
Einsatzstrafe (Freiheitsstrafe von drei Jahren) und der
übrigen Einzelstrafen (Freiheitsstrafen von einem Jahr und
sechs Monaten, acht Monaten sowie sechs Monaten und mehrere
Geldstrafen) aus, dass die Gesamtfreiheitsstrafe geringer ausgefallen
wäre, wenn das Landgericht vier Einzelgeldstrafen in
Höhe von jeweils 30 Tagessätzen nicht einbezogen
hätte.
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Becker RiBGH von Lienen befindet Sost-Scheible
sich im Urlaub und ist daher
gehindert zu unterschreiben.
Becker
Schäfer Mayer |