BGH,
Beschl. v. 19.9.2007 - 3 StR 359/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 359/07
vom
19. September 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: gewerbsmäßiger Geldfälschung
u. a. zu 2.: Beihilfe zur Geldfälschung
- 2 -
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der
Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf
dessen Antrag - am 19. September 2007 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten J. und A. wird das Urteil des
Landgerichts Düsseldorf vom 23. März 2007,
a) soweit es den Angeklagten J. betrifft,
aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte im
Fall II. 1. der Urteilsgründe wegen Beihilfe zur versuchten
gewerbsmäßigen Geldfälschung und im Fall
II. 2. der Urteilsgründe wegen Anstiftung zur
Urkundenfälschung verurteilt wird;
bb) im Strafausspruch zum Fall II. 1. der Urteilsgründe und im
Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben;
b) soweit es den Angeklagten A. betrifft,
aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen
Beihilfe zur versuchten Geldfälschung verurteilt wird;
bb) im Strafausspruch aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten J. wegen Geldfälschung
(richtig: gewerbsmäßiger Geldfälschung) und
wegen Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
drei Jahren und sieben Monaten verurteilt und den Wertersatzverfall von
1.200 € angeordnet. Gegen den Angeklagten A. hat es wegen
Beihilfe zur Geldfälschung eine Freiheitsstrafe von einem Jahr
und drei Monaten verhängt und deren Vollstreckung zur
Bewährung ausgesetzt. Mit ihren Revisionen rügen die
Angeklagten die Verletzung materiellen Rechts. Die Rechtsmittel haben
in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im
Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des §
349 Abs. 2 StPO.
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I. Revision des Angeklagten J.
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1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Prüfung nicht
stand.
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a) Entgegen der Ansicht des Landgerichts hat sich der Angeklagte J. im
Fall II. 1. der Urteilsgründe nach den getroffenen
Feststellungen nicht wegen gemeinschaftlich begangener
gewerbsmäßiger Geldfälschung
gemäß § 146 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2,
§ 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht.
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Das Sichverschaffen falschen Geldes im Sinne des § 146 Abs. 1
Nr. 2 StGB setzt voraus, dass der Täter das Falschgeld mit dem
Willen zu eigenständiger Verfügung (zum
eigenständigen Inverkehrbringen als echt) annimmt.
Mittäter dieser Tatbestandsalternative kann daher nur sein,
wer mit diesem Willen das Falschgeld zumindest in eigenen Mitgewahrsam
bringt oder sich auf andere Weise Mitverfügungsgewalt daran
verschafft (vgl. BGHSt 44, 62, 64 ff.; BGH NStZ 2000, 530; 2005, 686;
BGH StV 2003, 331). Dies war beim Angeklagten J. nicht der Fall.
Vielmehr wurden die 80 falschen 100-€-Scheine allein von dem
Mitangeklagten L. beschafft und von diesem unmittelbar dem verdeck-
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ten Ermittler übergeben. Weder auf den Beschaffungsvorgang
noch auf die Ü-bergabe des Falschgelds hatte der Angeklagte J.
Einfluss. Auch die vorangegangenen Verhandlungen über die
Modalitäten des Falschgeldgeschäfts waren allein
zwischen dem Mitangeklagten L. und dem verdeckten Ermittler
geführt worden. Der Tatbeitrag des Angeklagten J.
beschränkte sich darauf, den Kontakt zwischen L. und dem
verdeckten Ermittler zum Abschluss des Geschäfts herzustellen
und bei deren "Vertragsverhandlungen" sowie der späteren
Übergabe des Falschgelds anwesend zu sein. Eigenen
Mitgewahrsam oder eine sonstige eigene Mitverfügungsgewalt an
den gefälschten 100 €-Scheinen erlangte er hierdurch
nicht.
Der Schuldspruch wegen gemeinschaftlicher
gewerbsmäßiger Geldfälschung nach
§ 146 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, § 25 Abs. 2 StGB
hält auch nicht im Hinblick darauf rechtlicher
Überprüfung stand, dass der Angeklagte J. im Rahmen
der Anbahnung des Geschäfts dem verdeckten Ermittler zwei
falsche Geldscheine als Muster übergab. Zum einen hatte er
diese Geldnoten ersichtlich nicht mit dem Willen zur
eigenständigen Verfügung entgegengenommen, sondern
von L. mit dem Auftrag erhalten, sie dem potentiellen Käufer
zu Prüfungszwecken zu übergeben. Zum anderen sollten
diese Falsifikate nur als Anschauungsobjekte dienen und nicht in den
Zahlungsverkehr gelangen, weshalb sie der Angeklagte J. von dem
verdeckten Ermittler zurückforderte (s. UA S. 11, 15); es
fehlte damit auch an der in § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB
geforderten Absicht.
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b) Der Angeklagte ist auf der Grundlage der vom Landgericht getroffenen
Feststellungen lediglich der Beihilfe zur versuchten
gewerbsmäßigen Geldfälschung
gemäß § 146 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2,
§§ 22, 23, 27 Abs. 1 StGB schuldig.
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Der Mitangeklagte L. verschaffte sich falsches Geld in der Absicht,
dieses als echt in Verkehr zu bringen (§ 146 Abs. 1 Nr. 2
StGB). Darüber hinaus versuchte er diese Absicht umzusetzen,
indem er die Falsifikate dem in amtlicher Eigenschaft tätigen
verdeckten Ermittler übergab (§ 146 Abs. 1 Nr. 3,
§§ 22, 23 StGB; s. BGHSt 29, 311, 313 ff.; 34, 108,
109; 35, 21, 23; 42, 162, 168; BGH NStZ-RR 2002, 302, 303). Damit
verwirklichte er eine einheitliche vollendete Geldfälschung
nach § 146 Abs. 1 StGB (BGHSt 34, 108, 109; BGH NStZ-RR 2000,
105).
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Für die Mitwirkung des Angeklagten J. an dieser Tat gilt:
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Hinsichtlich der von L. vollendeten Tatvariante der
Geldfälschung, dem Sichverschaffen von Falschgeld (§
146 Abs. 1 Nr. 2 StGB), scheidet nicht nur eine Mittäterschaft
(s. oben a), sondern auch eine Beihilfe des Angeklagten J. aus. Denn
eine Gehilfenstellung läge nur dann vor, wenn seine
Tatbeiträge nicht allein den Versuch des Inverkehrbringens des
Falschgelds, sondern auch dessen Beschaffung gefördert
hätten (BGH NStZ 1997, 80). Der Mitangeklagte L. beschaffte
sich die Falsifikate jedoch, ohne dass die Tätigkeit des
Angeklagten hierauf irgendeinen fördernden Einfluss hatte;
darüber hinaus lässt sich den Urteilsgründen
auch ein hierauf gerichteter Gehilfenvorsatz des Angeklagten J. nicht
entnehmen. Seine Vermittlung des Falschgeldgeschäfts sowie
seine Anwesenheit bei den Verkaufsverhandlungen und der
Übergabe der Falsifikate unterstützten allein den
beabsichtigten Absatz des Falschgelds und damit die im Versuchsstadium
stecken gebliebene Tatalternative nach § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB.
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Zwar hat der Angeklagte J. insoweit Tatbeiträge erbracht, die
nach ihrem Gewicht und den Intentionen des Angeklagten die Annahme von
Mittäterschaft rechtfertigen könnten. Diese kommt
aber deswegen nicht in Betracht,
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weil der Angeklagte das Falschgeld nicht - wie in § 146 Abs. 1
Nr. 1 StGB vorausgesetzt - nachgemacht, verfälscht oder sich
verschafft (s. oben a) hatte (BGH NStZ 1997, 80; 2005, 686 f.).
Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht eigenes
gewerbsmäßiges Handeln des Angeklagten J.
festgestellt. Gemäß § 28 Abs. 2 StGB
unterfällt seine Gehilfentätigkeit an dem versuchten
Geldfälschungsdelikt somit dem Qualifikationstatbestand des
§ 146 Abs. 2 StGB.
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c) Auch der Schuldspruch wegen gemeinschaftlich begangener
Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1, § 25 Abs. 2
StGB) wird von den Feststellungen nicht getragen. An der
Fälschung der französischen Identitätskarten
und Führerscheine war der Angeklagte J. nicht beteiligt. Diese
oblag allein dem gesondert Verfolgten I. , ohne dass der Angeklagte
hierzu einen Beitrag leistete. Eine Mittäterschaft an der
Urkundenfälschung in der Tatvariante des Herstellens unechter
Urkunden kommt daher nicht in Betracht. Der Angeklagte J. gebrauchte
die gefälschten Dokumente aber auch nicht zur
Täuschung des Rechtsverkehrs; denn er übergab sie dem
in die Umstände eingeweihten verdeckten Ermittler, sodass
Adressat der Handlung nicht ein im Rechtsverkehr zu
Täuschender war (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl.
§ 267 Rdn. 25 m. w. N.). Das Verhalten des Angeklagten stellt
vielmehr eine Anstiftung zur Urkundenfälschung dar (§
267 Abs. 1, § 26 StGB), da er die Urkunden bei dem I.
"bestellte" (UA S. 13) und hierdurch bei diesem den Entschluss zur
Herstellung der falschen Urkunden weckte; auch hierbei handelte er nach
den Feststellungen gewerbsmäßig (§ 267 Abs.
3 Satz 2 Nr. 1, § 28 Abs. 2 StGB).
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d) Der Senat schließt aus, dass in einer neuen
Hauptverhandlung noch Feststellungen zum Schuldspruch getroffen werden
können, die zu einer anderen rechtlichen Bewertung der Taten
führen. Er ändert deshalb den Schuld-
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spruch entsprechend ab (§ 354 Abs. 1 StPO). Dem steht
§ 265 Abs. 1 StPO nicht entgegen, da sich der
geständige Angeklagte auch bei einem dahingehenden rechtlichen
Hinweis nicht anders als geschehen hätte verteidigen
können.
2. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung
der im Fall II. 1. der Urteilsgründe verhängten
Einzelstrafe sowie der Gesamtstrafe. Die im Fall II. 2. der
Urteilsgründe festgesetzte Einzelstrafe kann dagegen bestehen
bleiben; denn wegen des für Anstiftung und
Täterschaft identischen Strafrahmens (§ 26 StGB) und
des unveränderten Unrechts- und Schuldgehalts der Tat ist
auszuschließen, dass das Landgericht bei zutreffender
rechtlicher Würdigung auf eine niedrigere Einzelstrafe erkannt
hätte. Die zum Strafausspruch rechtsfehlerfrei getroffenen
Feststellungen können insgesamt bestehen bleiben, da sie von
der Änderung des Schuldspruchs nicht berührt werden
(§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende weitere
Feststellungen darf der neue Tatrichter hierzu treffen, soweit sie den
bisherigen nicht widersprechen.
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II. Revision des Angeklagten A.
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Entgegen der Ansicht des Landgerichts hat sich der Angeklagte A. nicht
der Beihilfe zu der vollendeten Geldfälschung des L.
gemäß § 146 Abs. 1 Nr. 2, § 27
Abs. 1 StGB, sondern lediglich der Beihilfe zur versuchten
Geldfälschung nach § 146 Abs. 1 Nr. 3,
§§ 22, 23, 27 Abs. 1 StGB schuldig gemacht. Er wirkte
während der Verhandlungen über den Verkauf des
Falschgeldes zwischen L. und dem verdeckten Ermittler auf L. ein,
woraufhin dieser die Verhandlungen fortsetzte. Durch dieses Verhalten
förderte er - ähnlich wie der Mitangeklagte J. - die
Tat des L. lediglich in Bezug auf das versuchte Inverkehrbringen des
Falschgeldes, nicht aber hinsichtlich des Sichverschaffens der
Falsifikate.
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Auch bei dem Angeklagten A. ändert der Senat den Schuldspruch
entsprechend ab. Das unter I. 1. d) Gesagte gilt hier in gleicher Weise.
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Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung
des Strafausspruchs, jedoch können auch hier die insoweit
bisher getroffenen Feststellungen bestehen bleiben (s. I. 2.).
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Becker RiBGH Dr. Miebach befindet Pfister sich in Urlaub und ist daher
gehindert zu unterschreiben. Becker
von Lienen Schäfer |