BGH,
Beschl. v. 2.4.2003 - 2 StR 47/03
2 StR 47/03
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
2. April 2003
in der Strafsache gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat nach Anhörung
des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 2. April
2003 gemäß § 349 Abs. 2 und Abs. 4 StPO
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Darmstadt vom 30. Oktober 2002 mit den Feststellungen aufgehoben,
soweit das Landgericht von der Anordnung der Unterbringung des
Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen hat. 8
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Kammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Die Revision ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs.
2 StPO, soweit sie sich gegen den Schuldspruch und den Strafausspruch
richtet. Sie führt mit der Sachrüge jedoch zur
Aufhebung des Urteils, soweit das Landgericht von der Anordnung einer
Unterbringung nach § 64 StGB abgesehen hat.
1. Das Landgericht hat festgestellt, daß der
38-jährige Angeklagte seit seinem 14. Lebensjahr
Betäubungsmittel und seit 1995 regelmäßig,
von einer Haftzeit unterbrochen, auch Heroin konsumiert. Zur Tatzeit
belief sich sein regelmäßiger Heroinkonsum auf ein
bis zwei Gramm täglich. Auf dieser Grundlage ist das
Landgericht vom Bestehen einer Abhängigkeit ausgegangen. Es
hat jedoch angenommen, die beiden abgeurteilten Taten des
Handeltreibens mit Heroin (7,49 g und 27,95 g Heroinhydrochlorid)
stünden nicht in einem
symptomatischen Zusammenhang mit der Heroinabhängigkeit, da er
die von ihm besorgten Mengen nicht zum Eigenkonsum nutzen, sondern
gewinnbringend weiterverkaufen wollte. Die Kosten für seinen
Eigenkonsum habe er von seinem monatlichen Gehalt von 800,00 Euro und
gelegentlichen Zuwendungen seiner Eltern bestritten; er habe wegen
seiner Drogensucht zu keinem Zeitpunkt unter Geldmangel gelitten.
2. Hierauf konnte, wie die Revision zutreffend hervorhebt, die
Ablehnung einer Maßregelanordnung - überdies ohne
Zuziehung eines Sachverständigen - nicht gestützt
werden. Die Einlassung des Angeklagten, er habe stets über
hinreichende legal erworbene Geldmittel zum Heroinerwerb
verfügt, war ersichtlich im Zusammenhang damit zu sehen,
daß er die abgeurteilten Taten und damit namentlich eine
Gewinnerzielungsabsicht bestritten hat; dies hat das Landgericht
rechtsfehlerfrei für unglaubhaft gehalten. Sein im Betrieb
seiner Eltern erzieltes Arbeitseinkommen von 800,00 Euro konnte
ersichtlich nicht ausreichen, um neben den allgemeinen
Lebenshaltungskosten den hohen Heroinkonsum des Angeklagten zu
finanzieren; daß die "gelegentlich" darüber
hinausgehenden Zuwendungen seiner Eltern eine solche Höhe
erreichten, liegt nicht nahe.
Soweit das Landgericht hervorhebt, es sei dem Angeklagten nicht darum
gegangen, die von ihm besorgten Mengen zum Eigenkonsum zu nutzen (UA S.
25), schöpft auch dies die Feststellungen nicht aus. Ein
für die Anordnung nach § 64 StGB hinreichender
symptomatischer Zusammenhang setzt nicht voraus, daß die
Beschaffung von Betäubungsmitteln allein dem Eigenkonsum
dient, denn dann schiede das Handeltreiben
regelmäßig als Symptomtat aus. Die beim Angeklagten
sichergestellten Portionierungs- und Verpackungsutensilien belegen,
daß er sich nicht darauf beschränkte, die den beiden
abgeurteilten Fällen zugrunde liegenden Heroinmengen zu
"besorgen" und gewinnbringend weiterzuveräußern. Die
Annahme, daß ein selbst
betäubungsmittelabhängiger Zwischenhändler
seine Handelstätigkeit zumindest auch zu dem Zweck
durchführt, seinen eigenen Konsum zu finanzieren,
drängt sich nach der Lebenserfahrung auf.
Anhaltspunkte dafür, einer Maßregelanordnung stehe
das Fehlen einer hinreichend konkreten Erfolgsaussicht entgegen,
ergeben sich aus dem Urteil nicht.
Über die Frage der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
ist daher neu zu befinden. Der Senat kann hier ausschließen,
daß die Einzelstrafen oder die Gesamtstrafe bei Anordnung der
Unterbringung niedriger ausgefallen wären.
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