BGH,
Beschl. v. 2.7.2003 - 5 StR 182/03
5 StR 182/03
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
2.7.2003
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen erpresserischen Menschenraubes u.a.
- 2 -
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2.7.2003
beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten B gegen das Urteil
des Landgerichts Hamburg vom 2. Oktober 2002 wird
nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Der
Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.
2. Soweit das genannte Urteil den Angeklagten D betrifft,
wird
a) im Fall III 2 der Urteilsgründe die Verfolgung mit
Zustimmung
des Generalbundesanwalts gemäß § 154a
Abs. 2 StPO auf den Vorwurf des erpresserischen
Menschenraubs beschränkt,
b) auf die Revision dieses Angeklagten das Urteil nach
§ 349 Abs. 4 StPO
aa) im Schuldspruch dahin geändert, daß der
Angeklagte
D in den Fällen III 1 und 2 der Urteilsgründe
wegen erpresserischen Menschenhandels
in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub
verurteilt ist,
bb) im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen
III 1 und 2 der Urteilsgründe und im Ausspruch
über die Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben, ferner
hinsichtlich der Anordnung des Verfalls; diese Anordnung
entfällt.
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c) Die weitergehende Revision des Angeklagten D
wird nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Der Angeklagte
hat die im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen Auslagen der Nebenklägerin zu tragen.
d) Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung
zur Festsetzung der Einzelstrafe (Fall III 1/2 der
Urteilsgründe) und der Gesamtstrafe, auch über die
Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten B wegen - gemeinsam mit
dem Angeklagten D und dem insoweit bereits rechtskräftig
verurteilten
M begangenen - erpresserischen Menschenraubs zu einer Freiheitsstrafe
von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und deren Vollstrekkung
zur Bewährung ausgesetzt. Den Angeklagten D hat es wegen
schweren Menschenhandels in Tateinheit mit Menschenhandel,
Zuhälterei,
Körperverletzung und gefährlicher
Körperverletzung zum Nachteil der Nebenklägerin
(II 2 der Urteilsgründe = Fall 1 der Anklage), ferner wegen
(tateinheitlichen)
schweren Menschenhandels (in zwei Fällen) (III 1 der
Urteilsgründe
= Fall 2 der Anklage) und wegen erpresserischen Menschenraubs
in Tateinheit mit Vergewaltigung (in zwei tateinheitlichen
Fällen) (III 2 der
Urteilsgründe = Fall 3 der Anklage) zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von
acht Jahren verurteilt. Es hat gegen ihn ferner den Verfall von 2000
Euro und
die Einziehung eines PKW Mercedes Benz angeordnet.
1. Die Revisionen des Angeklagten B und die des Angeklagten
D - soweit sich diese gegen Schuld- und Strafausspruch im Fall II 2 der
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Urteilsgründe richtet - erweisen sich als unbegründet
im Sinne von § 349
Abs. 2 StPO.
2. a) Die weitergehende, gegen den Schuldspruch wegen schweren
Menschenhandels
(in zwei tateinheitlichen Fällen) und erpresserischen
Menschenraubs
(III 1 und 2 der Urteilsgründe) gerichtete Revision des
Angeklagten
D , die auf eine Verletzung von Art. 6 Abs. 3 lit. d MRK und
sachlich-rechtliche Beweisanforderungen gestützt wird, bleibt
insoweit ebenfalls
unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO, weil das
Landgericht die
den Aussagen der Verhörspersonen entnommenen belastenden
Umstände
durch andere wichtige Gesichtspunkte außerhalb deren Aussagen
hinreichend
bestätigt sah (vgl. BGHSt 46, 93, 106; 42, 15, 25; BGHR StPO
§ 261
Zeuge 13). Indes hat das Vorbringen zur Verfahrensrüge dem
Senat im Hinblick
auf BGHSt 29, 109, 110 Anlaß gegeben, durch Anwendung von
§ 154a
Abs. 2 StPO die Verurteilung wegen (zweifacher) Vergewaltigung entfallen
zu lassen.
b) Hinsichtlich der Bestimmung der Konkurrenz der genannten
Fälle führt
die Sachrüge zu einer Änderung des Schuldspruchs. Das
Vorgehen des Angeklagten
ist in diesen Fällen entgegen der Auffassung des Landgerichts
als
eine einzige Tat im Rechtssinne nach den Grundsätzen einer
natürlichen
Handlungseinheit (vgl. BGHSt 43, 312, 315; 381, 386 f.) zu bewerten.
Zwischen
dem listigen Anwerben der beiden Bulgarinnen zur Ausübung der
Prostitution,
deren Unterbringung in einer vom Angeklagten (siehe Fall II 2)
unterhaltenen
Prostituiertenwohnung und der Entführung einer der
Bewohnerinnen
mit dem Ziel des Freikaufs nach verweigerter Ausübung der
Prostitution
besteht ein enger zeitlicher, räumlicher und sachlicher
Zusammenhang
auf der Grundlage eines einheitlichen Willens im Sinne derselben
ausbeuterischen
Willensrichtung (vgl. BGHSt 43, 312, 315). Die Vorschrift des
§ 265 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs durch
den Senat nicht
entgegen; der Angeklagte hätte sich gegen den Vorwurf, die
Delikte tateinheitlich
begangen zu haben, nicht anders als geschehen verteidigen
können.
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c) Die schon angesichts der Verfahrensweise nach § 154a Abs. 2
StPO
unerläßliche Änderung des Schuldspruchs
zieht den Wegfall der beiden in
den Fällen III 1 und 2 der Urteilsgründe gebildeten
Einzelstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafe
nach sich. Der Senat schließt aus, daß die
Einzelstrafe im
Fall II 2 der Urteilsgründe bei entsprechender Bewertung
milder bemessen
worden wäre.
3. Die Anordnung des Verfalls hat keinen Bestand. Insoweit hat das
Landgericht nicht bedacht, daß die durch die
Zuhältereihandlungen des Angeklagten
im Fall II 2 betroffene Nebenklägerin als Verletzte im Sinne
des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB anzusehen ist, der gegen den
Angeklagten
Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB in
Verbindung mit
§ 181a StGB, der auch dem Schutz der Prostituierten dient und
sie vor
finanzieller Abhängigkeit und Ausbeutung durch den
Zuhälter bewahren will
(vgl. BGHSt 42, 179, 180 f.), zustehen (BGH, Beschl. vom 7. Mai 2003
- 5 StR 536/02) und daß allein die rechtliche Existenz dieser
Ansprüche
eine solche Maßnahme hindert (vgl. BGHR StGB § 73
Tatbeute 1;
BGH NStZ 1996, 332).
4. Einer Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht. Der neue
Tatrichter
wird die neue Einzelstrafe auf der Grundlage der bestehenden
Feststellungen,
aber ohne Rückgriff auf die nach § 154a Abs. 2 StPO
ausgeschiedenen
Tatbestände zu bemessen haben. Hierbei und auch bei der dann
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mit der aus der Verurteilung zu zwei Jahren Freiheitsstrafe (II 2 der
Urteilsgründe)
zu bildenden Gesamtfreiheitsstrafe können aber
zusätzliche Feststellungen,
die freilich den bisherigen nicht widersprechen dürfen,
getroffen
und erwogen werden.
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