BGH,
Beschl. v. 2.11.2005 - 3 StR 371/05
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 371/05
vom
2.11.2005
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u. a.
- 2 -
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 2.11.2005 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Oldenburg vom 25.05.2005 wird verworfen; jedoch wird die Urteilsformel
wie folgt neu gefasst:
1. Der Angeklagte wird wegen Betruges in 62 Fällen, davon in
27 Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung, sowie
wegen Urkundenfälschung in zwei weiteren Fällen zu
einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.
2. Dem Angeklagten wird jegliche berufliche Tätigkeit im
Zusammenhang mit der Vermittlung von Versicherungsverträgen
für die Dauer von drei Jahren verboten.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu
tragen.
Gründe:
1. Die Nachprüfung des Urteils auf die zulässig
erhobene Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des
Angeklagten ergeben.
2. Die Verfahrensrügen sind nicht in der von § 345
Abs. 2 StPO geforderten Form erhoben, wie der Generalbundesanwalt
zutreffend dargelegt hat. Nach dieser Vorschrift muss die
Revisionsbegründung, wenn sie nicht zu Protokoll der
Geschäftsstelle abgegeben wird, durch eine vom Verteidiger
oder ei-
- 3 -
nem Rechtsanwalt unterzeichnete Schrift erfolgen. Das Formerfordernis
des § 345 Abs. 2 StPO ist nur gewahrt, wenn der Rechtsanwalt
die volle Verantwortung für den Inhalt der Schrift
übernommen hat (BGH NStZ 2000, 211; BVerfGE 64, 135, 152;
Meyer-Goßner, StPO 48. Aufl. § 345 Rdn. 15 f. m. w.
N.). Dabei hat er die Begründung grundsätzlich selbst
zu verfassen, zumindest an ihr gestaltend mitzuwirken. Diesen
Anforderungen genügt die Begründungsschrift vom
8.08.2005 mit Ausnahme des ersichtlich vom Verteidiger selbst
verfassten Deckblattes (Bl. 1) nicht.
Die übrige Revisionsbegründungsschrift von Blatt 2
bis Blatt 103 ist vom Angeklagten selbst gefertigt und von seinem
Verteidiger lediglich unterzeichnet worden. Dies hat die Verteidigung
im Erwiderungsschriftsatz vom 13.10.2005 auch nicht in Abrede gestellt.
Soweit sie die Auffassung vertritt, es genüge, wenn der
Rechtsanwalt eine vom Angeklagten stammende Schrift durch seine
Unterschrift decke, kann ihr nicht gefolgt werden. Nach
ständiger Rechtsprechung darf sich die Mitwirkung eines
Rechtsanwaltes nicht in der bloßen Beurkundung
erschöpfen, vielmehr ist eine gestaltende Mitwirkung
erforderlich. Dadurch sollen die Revisionsgerichte vor einer
Überlastung durch unsachgemäßes Vorbringen
Rechtsunkundiger bewahrt werden. Zugleich soll sichergestellt werden,
dass Revisionen rechtsunkundiger Angeklagter nicht an Formfehlern und
sonstigen Mängeln scheitern (BGHSt 25, 272; BVerfGE 64, 135,
152). Dieses Anliegen der gesetzlichen Formvorschrift wird nicht
dadurch in Frage gestellt, dass gelegentlich auch von
Rechtsanwälten verfasste
Revisionsbegründungsschriften diesen Vorgaben nicht
genügen (vgl. Hanack in Löwe/ Rosenberg, StPO 25.
Aufl. § 345 Rdn. 16).
Zweifel an der Mitgestaltung durch den unterzeichnenden Rechtsanwalt
ergeben sich hier insbesondere daraus, dass gravierende Mängel
der Revi- sionsbegründungsschrift unkorrigiert geblieben sind,
wie die grob mangelhafte
- 4 -
Ausführung der Aufklärungsrüge und eine ins
Auge springende Widersprüchlichkeit des Vorbringens: Der
Angeklagte wiederholt einerseits die Einwendungen aus dem
Eröffnungsverfahren, die aus seiner Sicht einen Abbruch der
Hauptverhandlung bedingt hätten und trägt
andererseits im Zusammenhang mit der Schilderung einer
Verständigung über das Verfahren vor, dass er ein
Geständnis im Sinne der Anklage abgelegt, um ein sofortiges
Urteil gebeten und erklärt habe, dass er die im
Eröffnungsverfahren erhobenen Einwände nicht
aufrechterhalte.
3. Der Senat hat die Urteilsformel neu gefasst, da das Vorliegen
gesetzlicher Regelbeispiele für besonders schwere
Fälle ("gewerbsmäßig") nicht aufzunehmen
ist (vgl. Meyer-Goßner, StPO 48. Aufl. § 260 Rdn.
25).
Ferner hat er das Berufsverbot neu formuliert, da durch die
Umschreibung "für den Berufszweig Versicherungskaufmann" die
beabsichtigte Untersagung einer künftigen beruflichen
Tätigkeit in der Vermittlung von
Versicherungsverträgen missverständlich zum Ausdruck
gebracht wird. Sie könnte dahin verstanden werden, dass dem
Angeklagten - was nicht gewollt ist - nur die Betätigung als
Versicherungskaufmann verboten wird. Das würde ihn nicht
treffen, weil er nach den Feststellungen keine Ausbildung als
Versicherungskaufmann
- 5 -
durchlaufen hat. Im Übrigen umfasst dieser Ausbildungsberuf
über die Vermittlung von Versicherungen hinaus noch zahlreiche
andere berufliche Tätigkeiten, etwa im Innendienst von
Versicherungsgesellschaften, die ersichtlich nicht untersagt werden
sollten.
Tolksdorf Miebach Winkler von Lienen Hubert |