BGH,
Beschl. v. 20.12.2001 - 4 StR 379/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 379/01
vom
20. Dezember 2001
in der Strafsache gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat nach Anhörung
des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 20.
Dezember 2001 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Zweibrücken vom 26. April 2001 aufgehoben, soweit die
Vollstreckung der Maßregel nicht zur Bewährung
ausgesetzt worden ist.
II. Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als
Jugendschutzkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
III. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Schuldunfähigkeit
von dem Vorwurf des sexuellen Mißbrauchs eines Kindes
freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus angeordnet. Die Revision des Angeklagten ist im Sinne des
§ 349 Abs. 2 StPO unbegründet, soweit sie sich gegen
diese Anordnung richtet. Sie führt jedoch auf die
Sachrüge zur Aufhebung der Entscheidung, die Vollstreckung der
Maßregel nicht zur Bewährung auszusetzen.
Das Landgericht hat besondere Umstände, die eine Aussetzung
der Vollstreckung der Maßregel nach § 67 b Abs. 1
Satz 1 StGB rechtfertigen könnten, verneint. Zur
Begründung hat es ausgeführt, es sei aufgrund der
erheblichen Intelligenzminderung des Angeklagten derzeit nicht
vorstellbar, daß er sich freiwillig Weisungen,
ärztlichen Ratschlägen und Regelungen
bezüglich seiner Lebensführung und der
Aufenthaltsbestimmung fügen wird. Selbst wenn man dies
unterstelle, so stehe der Angeklagte unter dem Einfluß seines
dominanten Vaters, der auf seiner Anwesenheit im Elternhause bestehe
und die Notwendigkeit einer Betreuung und Behandlung des Angeklagten
nicht akzeptiere.
Diese Ausführungen unterliegen durchgreifenden rechtlichen
Bedenken. Nach den Urteilsfeststellungen steht der zwischenzeitlich
32-jährige Angeklagte unter Betreuung (§§
1896 ff BGB); ihm wurde etwa sechs Monate nach der Tat ein Betreuer
unter anderem für die Aufgabenkreise Sorge für die
Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung einschließlich der
Entscheidung über die Unterbringung und
unterbringungsähnliche Maßnahmen bestellt. Danach
bestand zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Urteils bereits
rechtlich die Möglichkeit, im Rahmen der angeordneten
Betreuung Maßnahmen in Bezug auf die ärztliche
Behandlung und Aufenthaltsbestimmung bis hin zur Unterbringung
(§ 1906 BGB) des "gutmütigen" (UA 10) und nach
Angaben seines damaligen Betreuers auch leitbaren Angeklagten zu
treffen. Es hätte daher hier näherer
Erörterung bedurft, ob die vom Angeklagten ausgehende Gefahr
sich nicht durch entsprechende Betreuungsmaßnahmen abwenden
oder jedenfalls so stark abschwächen läßt,
daß ein Verzicht des Vollzugs der Maßregel gewagt
werden kann (vgl. auch BGH NStZ-RR 1997, 290). Dies gilt umso mehr in
Anbetracht des Umstandes, daß sich der Angeklagte trotz
seiner Erkrankung bis zur Begehung der
verfahrensgegenständlichen Tat straffrei geführt hat
und danach ohne weitere relevante Auffälligkeiten auf freiem
Fuß verblieben ist.
Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht. Der neue Tatrichter
ist hierdurch an ergänzenden Feststellungen nicht nur zur
weiteren Entwicklung des Angeklagten, sondern auch zu seinem
früheren Verhalten, nicht gehindert.
Tepperwien Maatz Athing Ernemann Sost-Scheible
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