BGH,
Beschl. v. 21.2.2001 - 3 StR 244/00
Zur täterschaftsbegründenden
Völkermordabsicht des § 220 a StGB.
BGH, Beschl. vom 21. Februar 2001 - 3 StR 244/00 - BayObLG
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 244/00
vom
21. Februar 2001
in der Strafsache gegen
wegen Völkermordes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf
dessen Antrag - am 21. Februar 2001 gemäß §
349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 15. Dezember 1999 dahin
abgeändert, daß der Angeklagte des Mordes in sechs
rechtlich zusammentreffenden Fällen in Tateinheit mit Beihilfe
zum Völkermord sowie der unerlaubten Ausübung der
tatsächlichen Gewalt über eine halbautomatische
Selbstladekurzwaffe schuldig ist und deswegen zu lebenslanger
Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt wird.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Das Bayerische Oberste Landesgericht hat den Angeklagten wegen
Völkermordes in Tateinheit mit Mord in sechs Fällen,
sachlich zusammentreffend mit unerlaubter Ausübung der
tatsächlichen Gewalt über eine halbautomatische
Selbstladewaffe mit einer Länge von nicht mehr als 60 cm zu
lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.
Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er
das Verfahren beanstandet und die Sachrüge erhebt. Das
Rechtsmittel führt zu einer Abänderung des
Schuldspruchs, im übrigen hat es keinen Erfolg.
1. Hinsichtlich der Beanstandungen des Verfahrens bedarf lediglich die
Rüge einer Verletzung des § 169 Satz 1 GVG i.V.m.
§ 338 Nr. 6 StPO näherer Erörterung; auch im
übrigen sind die Verfahrensrügen, wie bereits der
Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 4. Juni 2000
zutreffend dargelegt hat, unbegründet im Sinne des §
349 Abs. 2 StPO.
Mit der Rüge des § 338 Nr. 6 StPO macht die Revision
geltend, der Senatsvorsitzende habe dadurch gegen § 169 Satz 1
GVG verstoßen, daß er drei im Zuhörerraum
anwesende Personen an den Richtertisch gerufen und diese gebeten hatte,
die Pässe abzugeben und sich sodann aus dem Sitzungssaal zu
entfernen, da sie als Zeugen in Betracht kämen. Grund
für dieses Vorgehen war eine Äußerung der
Zeugin L. , die zu diesem Zeitpunkt vernommen werden sollte. Diese
hatte schon vor ihrer Vernehmung zur Person angegeben, sie
fühle sich durch die Anwesenheit von drei Personen im
Zuhörerraum in ihrem Aussageverhalten eingeschränkt,
sie habe Angst. Die drei Zuhörer, bei denen es sich um einen
Bruder, eine Schwester und den
Ehemann einer Nichte des Angeklagten handelte, verließen nach
der Aufforderung des Vorsitzenden den Sitzungssaal. Die Zeugin L. ,
eine frühere Nachbarin des Angeklagten, wurde in Abwesenheit
dieser drei Personen vernommen. Sodann wurden sie wieder hereingerufen
und als Zeugen belehrt. Der Bruder des Angeklagten sagte zur Sache aus,
die Schwester berief sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht, auf die
Vernehmung des dritten Verwandten wurde sodann im allseitigen
Einverständnis verzichtet.
Die Auffassung der Revision, durch diese Verfahrensweise habe der
Senatsvorsitzende ohne zureichenden Grund die Öffentlichkeit
teilweise ausgeschlossen und damit den Grundsatz der
Öffentlichkeit verletzt, trifft nicht zu. Dahinstehen kann,
unter welchen Voraussetzungen eine Bitte oder Aufforderung des
Vorsitzenden an einzelne oder mehrere Zuhörer, den
Sitzungssaal vorübergehend zu verlassen, einen
Verstoß gegen § 169 Satz 1 GVG beinhaltet (vgl. BGHR
StPO § 338 Nr. 6 Zuhörer 1 und 2). Unter den
gegebenen Umständen ist die Rüge unzulässig,
jedenfalls aber unbegründet.
a) Zwar findet das Vorgehen des Vorsitzenden in den
§§ 170 ff. GVG, die die Voraussetzungen und die
Verfahrensweise eines Ausschlusses der Öffentlichkeit regeln,
für sich genommen keine Stütze; diese Vorschriften
zählen aber die Gründe für einen
zulässigen Öffentlichkeitsausschluß nicht
erschöpfend auf (BGHSt 3, 386, 388; BGH, Urt. vom 20. August
1982 - 2 StR 278/82, S. 13 f.).
Vorliegend folgt die Befugnis des Senatsvorsitzenden, die drei
Zuhörer aufzufordern, bis zu ihrer Vernehmung den
Verhandlungssaal zu verlassen, aus § 238 Abs. 1 StPO in
Verbindung mit § 58 Abs. 1 StPO. Nach § 58 Abs. 1
StPO sind Zeugen einzeln und in Abwesenheit der später zu
hörenden Zeugen zu vernehmen. Zweck dieser Vorschrift ist es
sicherzustellen, daß Zeugen unbeeinflußt aussagen,
nämlich ohne zu wissen, was der Angeklagte oder andere Zeugen
bekundet haben. Hieraus hat der Bundesgerichtshof den Grundsatz
abgeleitet, daß es mit Rücksicht auf die Bedeutung
des § 58 Abs. 1 StPO zulässig ist, Personen zum
Verlassen des Sitzungssaales aufzufordern, sobald mit der
Möglichkeit zu rechnen ist, daß sie als Zeugen in
Betracht kommen können, da das Gesetz der in der
unbeeinflußten Aussage eines Zeugen liegenden
höheren Gewähr für die Ermittlung der
Wahrheit Vorrang vor der uneingeschränkten
Durchführung des Grundsatzes der Öffentlichkeit
eingeräumt hat (vgl. BGHSt 3, 386, 388; BGH NStZ 2001, 163).
Zwar macht die Revision geltend, der Vorsitzende habe die Zeugen nur
pro forma belehrt und befragt, um ihre Stellung als Zeugen zu
begründen und so die Vorschriften über den
Ausschluß der Öffentlichkeit zu umgehen; denn nach
der Stellungnahme des Sitzungsvertreters des Generalbundesanwalts, der
erklärt hatte, er sehe keine Möglichkeit zum
Ausschluß der Öffentlichkeit, sei dem Gericht klar
gewesen, daß auch ein nur teilweiser
Öffentlichkeitsausschluß auf keine Vorschrift des
GVG gestützt werden konnte. Mit diesen Einwendungen kann die
Revision jedoch nicht gehört werden.
b) Die Frage, ob ein Zuhörer als Zeuge in Betracht kommt und
ob er deswegen den Sitzungssaal bis zu seiner Vernehmung zu verlassen
hat oder gegebenenfalls sofort vernommen werden kann, betrifft eine
Entscheidung, die der Vorsitzende im Rahmen der ihm obliegenden
Verhandlungsleitung zu treffen hat. Daß es sich um eine
Maßnahme im Rahmen der Verhandlungsleitung des Vorsitzenden
handelt, folgt auch aus § 243 Abs. 1 und 2 StPO. Nach
§ 238 Abs. 1 StPO steht dem Vorsitzenden bei der Frage, ob ein
Zuhörer als Zeuge zu behandeln ist, ein Beurteilungsspielraum
zu, der überschritten wird, wenn der Ausschluß eines
Zuhörers auf sachwidrigen Erwägungen beruht (vgl. BGH
NStZ 2001, 163). Daß der Ausschluß eines
Zuhörers allein aus sachwidrigen Erwägungen erfolgt
und deshalb unzulässig ist, muß
gemäß § 238 Abs. 2 StPO von einem
Beteiligten in der Verhandlung beanstandet und auf diese Weise eine
Entscheidung des Gerichts herbeigeführt werden. Daß
der Beschwerdeführer eine solche, für die
Zulässigkeit der Verfahrensrüge erforderliche
Beanstandung erhoben hat, trägt die Revision nicht vor.
Im übrigen liegen auch keine Anhaltspunkte für
sachwidrige Erwägungen des Vorsitzenden vor. Die von der
Zeugin L. als Grund für ihre Angst bezeichneten
Zuhörer sollten vom Gericht als Zeugen dazu vernommen werden,
ob sie auf irgendeine Weise auf die Zeugin Einfluß genommen
haben. Eine solche mögliche Einflußnahme lag nicht
fern, da es sich bei den Zuhörern um nahe Verwandte des
Angeklagten handelt und auch sonst Einflußnahmen, z.B. in
Form von Bedrohungen anderer Zeugen, vom Bayerischen Obersten
Landesgericht festgestellt worden sind. Tatsächlich sind auch
zwei der drei vorübergehend aus dem Verhandlungssaal
gewiesenen Personen als Zeugen vernommen worden, wie bereits oben
dargelegt worden ist.
2. Die Sachrüge führt zu einer Abänderung
des Schuldspruchs, da das Bayerische Oberste Landesgericht eine eigene,
für die täterschaftliche Begehung des § 220
a Abs. 1 StGB erforderliche Völkermordabsicht des Angeklagten
nicht festgestellt hat. Im übrigen ist auch die
Sachrüge unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
a) Das Bayerische Oberste Landesgericht ist insbesondere zutreffend
davon ausgegangen, daß die serbische Führung zur
Durchsetzung ihrer Kriegsziele, nämlich der Eroberung und
Sicherung der von den Serben beanspruchten Gebiete von
Bosnien-Herzegowina, ab April 1992 damit begonnen hatte, diese Gebiete
mit kriegerischen Mitteln zu erobern und anschließend
ethnisch zu säubern. Durch Hinrichtungen, Folter,
Vergewaltigungen und Inhaftierungen wurde insbesondere die muslimische
Bevölkerung terrorisiert, um diese auszurotten oder zu
vertreiben, wobei in den einzelnen Regionen von den Militärs
und örtlichen Polizeikräften nach einem immer
wiederkehrenden Muster verfahren wurde. So auch ab dem 11. Juni 1992 im
Bezirk K.
und insbesondere auch in der Ortsgemeinschaft V. , in der der
Angeklagte mit der serbischen Machtübernahme Leiter der
örtlichen Polizeistation wurde. In K. wurden Gefangenenlager
eingerichtet, in denen die Inhaftierten unter unmenschlichen
Bedingungen hausen mußten, gequält und geschlagen
wurden. Außerhalb der Lager wurden wahllos muslimische
Männer erschossen, muslimische Dörfer und Siedlungen
zerstört, u.a. wurden drei zur Ortsgemeinschaft V.
gehörende Dörfer niedergebrannt, um ein weiteres
Verbleiben und eine spätere Wiederkehr unmöglich zu
machen; Moscheen wurden angezündet oder gesprengt und immer
wieder die Wohnhäuser der muslimischen Bevölkerung
durchsucht, Frauen vergewaltigt, die Bewohner geschlagen und ihres
Eigentums beraubt. Aus den getroffenen Feststellungen, vor allem aus
der Systematik, mit der den muslimischen Bewohnern in den serbisch
beanspruchten Gebieten die Existenzgrundlage zerstört wurde,
hat das Bayerische Oberste Landesgericht fehlerfrei seine
Überzeugung abgeleitet, daß die politische und
militärische Führung der Serben - gemeint sind
ersichtlich, neben Karadzic und Mladic, die jeweiligen regionalen
Repräsentanten und Führungspersonen der Serbischen
Demokratischen Partei (SDS) und der großserbischen Bewegung -
die Absicht hatte, in den jeweiligen Gebieten die Volksgruppe der
Muslime als solche planmäßig ganz oder teilweise zu
zerstören (vgl. UA S. 72 f., 109). Damit ist ein von den
serbischen Führern mit Hilfe der bosnisch-serbischen Armee und
anderer bewaffneter Kräfte begangener Völkermord
gemäß § 220 a Abs. 1 Nr. 1 und 3 StGB
sowohl hinsichtlich der objektiven als auch der subjektiven
Voraussetzungen ausreichend belegt.
b) Demgegenüber hält die Annahme des Bayerischen
Obersten Landesgerichts rechtlicher Prüfung nicht stand, auch
der Angeklagte habe selbst, und zwar als Täter, einen
Völkermord begangen, weil er am 25. Juni 1992 den Befehl zur
Erschießung von sechs muslimischen Bewohnern in V. gegeben
und bei der Tötung selbst mitgewirkt hatte; als
tatbestandliche Handlungen hat das Bayerische Oberste Landesgericht
ferner den Umstand angesehen, daß der Angeklagte als
örtlicher Polizeichef maßgeblich an der Vertreibung
muslimischer Frauen aus V. und D. am 25. Juni 1992 und am 14. August
1992 mitgewirkt hatte.
Bedenken in bezug auf die Erfüllung des objektiven
Tatbestandes des § 220 a Abs. 1 Nr. 3 StGB bestehen insofern,
als die bloße Vertreibung der Muslime aus ihren
Häusern und ihrem Heimatort für sich genommen noch
keine unter § 220 a Abs. 1 Nr. 3 StGB fallende
Völkermordhandlung darstellt. Die Voraussetzung dieser
Tatbestandsalternative - Auferlegung von Lebensbedingungen, die
geeignet sind, die körperliche Zerstörung der Gruppe
ganz oder teilweise herbeizuführen - werden vielmehr erst
durch die Gesamtheit der gegen die muslimische Bevölkerung
gerichteten Terror- und Vernichtungsmaßnahmen erreicht (vgl.
BGHSt 45, 64, 81 f.). Derartige Gesamtumstände sind in dem
Urteil jedoch, auch für den Bezirk K. und die Ortsgemeinschaft
V. , in ausreichendem Maße fest- und dargestellt, so
daß die mißverständliche Wendung in der
rechtlichen Würdigung, der Angeklagte habe durch seine
Mitwirkung an den Vertreibungen der Muslime diese unter
Lebensbedingungen gestellt, die geeignet waren, deren
körperliche Zerstörung ganz oder teilweise
herbeizuführen (UA S. 164), nicht die Besorgnis
begründet, das Bayerische Oberste Landesgericht
könnte von einem unzutreffenden objektiven Begriff des
Völkermordes i.S.d. § 220 a Abs. 1 Nr. 3 StGB
ausgegangen sein.
Es hat aber die rechtlichen Voraussetzungen der
Völkermordabsicht als subjektiv gefaßtes Merkmal des
Schuldtatbestandes für die Person des Angeklagten nicht
eindeutig festgestellt. Wie der erkennende Senat bereits entschieden
hat, erhalten die unter § 220 a Abs. 1 StGB fallenden
objektiven Tathandlungen ihren besonderen Unrechtsgehalt als
Völkermord erst durch die von § 220 a Abs. 1 StGB
vorausgesetzte Absicht, eine von dieser Vorschrift geschützte
Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören (BGHSt 45,
64, 86), wobei das erstrebte Ziel, die völlige oder wenigstens
teilweise Zerstörung der Gruppe, nicht erreicht zu werden
braucht. Dieses Ziel muß aber durch die entsprechende
Täterabsicht im Subjektiven gleichsam als
überschießende Innentendenz vorweg erfaßt
werden (vgl. das Senatsurteil vom 21. Februar 2001 - 3 StR 372/00).
Diese den Tatbestand des Völkermordes erst
begründende Absicht setzt voraus, daß es dem
Täter im Sinne eines zielgerichteten Wollens auf die
Zerstörung der von § 220 a StGB geschützten
Gruppe ankommt. Eine solche Absicht hat das Oberlandesgericht
für den Angeklagten nicht festgestellt bzw. nicht dargelegt.
Es hat lediglich einen für § 220 a StGB nicht
ausreichenden direkten Vorsatz festgestellt, indem es dargelegt hat,
der Angeklagte habe gewußt, daß die unter dem
Kommando der beteiligten überörtlichen
Militärverbände ausgeführte Aktion am 25.
Juni 1992 sowohl der physischen Vernichtung eines Teils der
bosnisch-muslimischen Bevölkerungsgruppe als auch der
endgültigen Vertreibung der verbleibenden Muslime im Rahmen
einer ethnischen Säuberung diente, und daß die unter
seiner Befehlsgewalt daran mitwirkenden Angehörigen von
Polizei und Territorialverteidigung maßgeblich hierzu
beitrugen, und daß der Angeklagte beides, die ethnische
Säuberung und die maßgebliche Mitwirkung seiner
Leute daran, auch gewollt habe (UA S. 41). Zwar hat es auch
festgestellt, daß es dem Angeklagten bei der von ihm
geleiteten Erschießung klar war, daß diese
Tötungshandlungen Teil der ethnischen Säuberung V. s
waren und die Männer nur deshalb sterben mußten,
weil sie Muslime waren (UA S. 41 f.) und er wußte,
daß es sich um "ethnische Säuberungen" handelte mit
dem Ziel, die dort lebende muslimische Bevölkerung zu
zerstören (UA S. 47). Aber auch mit diesen Erwägungen
ist lediglich ein direkter Vorsatz dargetan, bei dem es dem
Täter nicht auf einen bestimmten Erfolg ankommen
muß. Zwar ist das Bayerische Oberste Landesgericht
ersichtlich davon ausgegangen, daß es den subjektiven
Voraussetzungen des § 220 a Abs. 1 StGB damit genügt
habe. Hierfür sprechen die Wendungen in der rechtlichen
Würdigung, mit denen es die seiner Auffassung nach
maßgeblichen Beweggründe des Angeklagten
gekennzeichnet hat, nämlich eine durch ihr Volkstum und ihre
Religion geprägte Personengruppe zu zerstören und
einzelne ihrer Mitglieder zu töten, nur weil sie seiner
politischen Vorstellung eines exklusiven serbischen Nationalstaates im
Wege standen (UA S. 166). Indessen sind die übrigen
Urteilsfeststellungen mit diesen Formulierungen und deren
möglicher Deutung als Beleg für eine
Völkermordabsicht des Angeklagten nicht ohne weiteres in
Einklang zu bringen.
c) Die zu den Ereignissen vom 25. Juni 1992 und zum 14. August 1992
getroffenen Feststellungen und die übrigen
Urteilsausführungen, einschließlich der Wertungen
des Bayerischen Obersten Landesgerichts zur subjektiven Seite der dem
Angeklagten angelasteten Straftaten, tragen jedoch die rechtliche
Wertung, daß der Angeklagte durch sein Mitwirken an den
genannten Ereignissen Beihilfe zu dem von den serbischen
Führern veranlaßten und mit Hilfe der
Militärs und den örtlichen Polizeikräften
ausgeführten Völkermord geleistet hat. Die
erforderlichen objektiven und subjektiven Voraussetzungen hat das
Bayerische Oberste Landesgericht zweifelsfrei festgestellt (vgl. UA S.
41 f., 162, 165 f.), da es für die Beihilfe zum
Völkermord genügt, daß der oder die
Haupttäter die tatbestandlich vorausgesetzte Absicht hatten
und der Gehilfe dies weiß (vgl. Senatsurteil vom 21. Februar
2001 - 3 StR 372/00). Der Senat hat den Schuldspruch deshalb selbst
geändert (§ 354 Abs. 1 StPO). § 265 StPO
steht dem nicht entgegen, da bereits der Haftbefehl vom 19. August 1998
von Beihilfe zum Völkermord in Tateinheit u.a. mit dem
abgeurteilten Mord aus niedrigen Beweggründen in sechs
Fällen ausgegangen war; ferner hat der Senat den Angeklagten
und seinen Verteidiger mit Schreiben vom 9. Februar 2001 auf die
mögliche Schuldspruchänderung unter gleichzeitiger
Aufrechterhaltung des Strafausspruchs hingewiesen.
3. Die Verurteilung wegen tateinheitlich mit der Beteiligung am
Völkermord begangenen Mordes in sechs Fällen,
begegnet weder für sich genommen, noch im Zusammenhang mit dem
zum Völkermord geänderten Schuldspruch rechtlichen
Bedenken. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat es aufgrund
fehlerfreier Beweiswürdigung als erwiesen angesehen,
daß der Angeklagte den Befehl zur Erschießung der
sechs muslimischen Männer am 25. Juni 1992 erteilt und sich
eigenhändig an der Tötung beteiligt hat. Zum Vorsatz
des Angeklagten hat es in diesem Zusammenhang festgestellt, ihm sei
klar gewesen, daß diese vorsätzliche Tötung
Teil der ethnischen Säuberung V. s war und die Männer
nur deshalb sterben mußten, weil sie Muslime waren (UA S. 41
f.). Diese Feststellungen belegen zwar, auch im Zusammenhang mit den
weiteren Ausführungen, der Angeklagte habe gewollt,
daß der Tod der sechs muslimischen Männer auch der
Einschüchterung und Demoralisierung der übrigen nicht
serbischen Bevölkerung diente und diese zur Ausreise
veranlaßte, kein Handeln in Völkermordabsicht, sie
tragen jedoch die tatrichterliche Wertung als niedrige
Beweggründe i.S.d. § 211 StGB. Denn diese Einstellung
des Angeklagten zu dem von ihm befohlenen Tod der sechs Muslime steht
nach allgemein sittlicher Wertung auf tiefster Stufe und erscheint
deshalb als besonders verachtenswert. Die Würdigung, der
Angeklagte habe den Mord als Täter begangen, steht auch nicht
im Widerspruch zu der Annahme, der Angeklagte habe durch diese
Tötungshandlung lediglich Beihilfe zum Völkermord
begangen. Die Verurteilung wegen täterschaftlich begangenen
Völkermordes scheitert allein an der nicht festgestellten, die
Täterschaft erst begründenden eigenen
Völkermordabsicht und nicht etwa an einer fehlenden
Tatherrschaft des Angeklagten, die für das
Tötungsgeschehen als solches zweifelsfrei belegt ist.
4. Die Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die
Aburteilung dieser als eine Tat zu wertenden Morde an sechs Muslimen
ergibt sich zwar nicht mehr ohne weiteres aus der sog. Annexkompetenz
des § 6 Nr. 1 StGB für vorsätzliche
Tötungen, die zugleich eine gemäß
§ 220 a Abs. 1 Nr. 1 StGB tatbestandliche
Völkermordhandlung darstellen. Sie folgt jedoch zumindest aus
§ 6 Nr. 9 StGB. Wie der Senat in seinem Urteil vom 21. Februar
2001 - 3 StR 372/00 - ausgesprochen hat, sind deutsche Gerichte
für die Verfolgung auch solcher Straftaten zuständig,
die zwar nicht die Voraussetzungen eines Völkermordes
erfüllen, aber als schwere Verstöße i.S.d.
Art. 146, 147 der IV. Genfer Konvention zum Schutz der
Zivilbevölkerung in Kriegszeiten vom 12. August 1949 zu werten
sind. Daß die vorsätzliche Tötung der sechs
Muslime am 25. Juni 1992 einen solchen schweren Verstoß gegen
die IV. Genfer Konvention darstellt, bedarf keiner näheren
Begründung.
5. Die Abänderung des Schuldspruchs führt nicht zur
Aufhebung des Strafausspruchs. § 211 StGB sieht ebenso wie
§ 220 a Abs. 1 StGB lebenslange Freiheitsstrafe als absolute
Strafe vor, eine Strafrahmenverschiebung gemäß
§ 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB kommt in bezug auf
§ 211 StGB nicht in Betracht. Danach war auch nach
Abänderung des Schuldspruchs durch den Senat auf eine
lebenslange Freiheitsstrafe, und zwar nicht nur wegen Mordes in
Tateinheit mit Beihilfe zum Völkermord zu erkennen, sondern
auch als Gesamtstrafe, die sich aus der lebenslangen Freiheitsstrafe
als Einsatzstrafe und der Einzelstrafe von einem Jahr wegen unerlaubter
Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine
halbautomatische Selbstladekurzwaffe nach dem Gesetz zwingend
(§ 54 Abs. 1 Satz 1 StGB) ergibt. Da schon das Bayerische
Oberste Landesgericht von der Feststellung der besonderen Schuldschwere
(§ 57 b StGB) abgesehen hat, hat der Senat lediglich zur
Klarstellung den Strafausspruch neu gefaßt.
Kutzer Rissing-van Saan Miebach
Winkler Becker StGB § 220 a |