BGH,
Beschl. v. 21.3.2002 - 1 StR 53/02
1 StR 53/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
21. März 2002
in der Strafsache gegen
wegen fahrlässiger Tötung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat am 21. März 2002
beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg
vom 11. September 2001 wird als unbegründet verworfen, da die
Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat
(§ 349 Abs. 2 StPO).
Ergänzend bemerkt der Senat:
Die Strafkammer hat als wahr unterstellt, daß nach dem Tod
des Patienten auch die übrigen Ärzte des
Kreiskrankenhauses die Röntgenaufnahmen des Patienten - ein 14
Jahre alter Junge, der nach einem Fahrradunfall, bei dem er keinen Helm
trug, stöhnend und stark jammernd auf der Straße
liegend aufgefunden worden war - nicht als frakturverdächtig
erkannt hätten, obwohl der Patient tatsächlich einen
Schädelbasisbruch hatte.
1. Die Urteilsgründe stehen zu dieser Wahrunterstellung nicht
in Widerspruch. Die Strafkammer geht davon aus, daß die Linie
zwar eindeutig als Frakturlinie zu erkennen gewesen sei, allerdings nur
"schwer".
Weitere Ausführungen in diesem Zusammenhang waren nicht
geboten, ebenso wenig die von der Revision vermißten weiteren
Beweiserhebungen.
Die Strafkammer hat nach Anhörung mehrerer
Sachverständiger rechtsfehlerfrei festgestellt, daß
die Bewertung der Röntgenaufnahmen nur einer von mehreren
Behandlungsfehlern des Angeklagten war. Schon "jeder ... einzeln und
erst recht alle ... zusammen" haben verhindert, daß der
Patient rechtzeitig einer aller Voraussicht nach lebensrettenden
sachgerechten Behandlung zugeführt wurde:
Der Angeklagte hat gleich mehrfach die Bedeutung der ihm bekannten
Valiumgabe durch den Notarzt verkannt.
Bei der Eingangsuntersuchung hätte er die "mögliche
Verschleierung des neuropathologischen Bildes" durch Valium
berücksichtigen müssen. Bei der "kurzen" Untersuchung
um 18.30 Uhr zeigte der Patient keine Reaktion. Der Angeklagte
führte dies zu Unrecht auf die Valiumgabe zurück; bei
dieser Bewertung ließ er nämlich die Dauer der seit
der Valiumgabe abgelaufenen Zeit außer acht. Insgesamt
führe all dieses zu einer "gravierenden Diskrepanz" zwischen
der erforderlichen und der tatsächlich vom Angeklagten
durchgeführten Behandlung.
2. Unter diesen Umständen brauchte die Strafkammer auch im
Rahmen der Bemessung der - sehr maßvollen - Strafe die
Schwierigkeit beim Erkennen der Frakturlinie nicht als
maßgeblichen und daher
erörterungsbedürftigen Gesichtspunkt anzusehen.
3. Der Angeklagte hat durch die Behandlung des Patienten aktives Tun
entfaltet. Soweit die Strafkammer demgegenüber eine
Strafbarkeit durch Unterlassen angenommen und den Strafrahmen
gemäß §§ 13 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB
gemildert hat, ist der Angeklagte aber nicht beschwert.
4. Im übrigen verweist der Senat auf die Ausführungen
im Antrag des Generalbundesanwalts vom 11. Februar 2002, die auch durch
die Erwiderung der Revision vom 18. März 2002 nicht
entkräftet werden.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die
den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen.
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