BGH,
Beschl. v. 21.5.2004 - 2 StR 84/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 84/04
vom
21.05.2004
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 21.05.2004
gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Aachen vom 13. November 2002
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der
Angeklagte im Fall
176 der Beihilfe zur Urkundenfälschung in Tateinheit mit
versuchtem
Betrug schuldig ist,
b) im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall 102 und die
Gesamtstrafe
mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an
eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in neun
Fällen,
Beihilfe zum Betrug in Tateinheit mit Urkundenfälschung in
fünf Fällen und wegen
Hehlerei unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren aus
dem Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 18. Februar 2000 zu
einer Gesamtfreiheitsstrafe
von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
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Dagegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit der
Sachrüge.
Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlußformel
ersichtlichen Umfang Erfolg;
im übrigen ist es unbegründet
gemäß § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Verurteilung wegen Beihilfe zum (vollendeten) Betrug in
Tateinheit
mit Urkundenfälschung im Fall 176 der Urteilsgründe
(Fall 209 der Anklage)
hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand, da die
Annahme eines vollendeten
Betruges von den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen nicht
getragen
wird.
Nach den Feststellungen begaben sich der Angeklagte B. und
der gesondert verfolgte D. am 16. Oktober 1998 in den Media-Markt H., um
dort zuvor vom Angeklagten M. bestimmte Waren
im Wert von 2.310,75 DM zu erwerben. Der Angeklagte B. wählte
die Waren
aus und verließ dann den Media-Markt, um vor dem
Geschäft zu warten. Zur
Finanzierung des Kaufpreises schloß D. unter Vorlage
eines vom Angeklagten M. gefälschten vorläufigen
Personalausweises und
einer gefälschten Verdienstbescheinigung einen
Darlehensvertrag über
10.802,47 DM unter falschen Personalien ab. Zur Übergabe der
Waren und zur
Auszahlung der Darlehenssumme kam es jedoch nicht, weil sich der
D. verdächtig benahm und festgenommen wurde. Damit fehlt es an
dem
für die Vollendung des Betruges erforderlichen Eintritt eines
Vermögensschadens,
so daß sich der Angeklagte nur wegen Beihilfe zur
(vollendeten) Urkundenfälschung
in Tateinheit mit versuchtem Betrug strafbar gemacht hat.
Der Schuldspruch war danach wie geschehen zu ändern.
§ 265 StPO
steht dem nicht entgegen. Es ist auszuschließen,
daß sich der Angeklagte gegen
den geänderten Schuldspruch wirksamer hätte
verteidigen können.
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Von der insoweit erforderlichen Umstellung des Schuldspruchs bleibt der
Strafausspruch unberührt. Der Senat kann
ausschließen, daß das Landgericht
trotz des veränderten Schuldgehalts eine geringe Einzelstrafe
als sieben Monate
verhängt hätte. Die Einzelstrafe wäre dem
gemäß § 27 Abs. 2 StGB gemilderten
Strafrahmen des § 267 Abs. 3 StGB n.F. zu entnehmen gewesen,
der
dem von der Strafkammer angewendeten, gemilderten Strafrahmen des
§ 263
Abs. 3 StGB n.F. entspricht. Die Annahme eines besonders schweren Falls
der
Urkundenfälschung wegen des gewerbsmäßigen
Handelns des Angeklagten ist
rechtsfehlerfrei. Die fehlende Vollendung des tateinheitlich begangenen
Betruges
verändert den Schuldgehalt nicht wesentlich.
2. Aufzuheben war hingegen der Strafausspruch im Fall 102 der
Urteilsgründe
(Fall 117 der Anklageschrift).
Nach den Feststellungen mietete der Angeklagte am 9. Februar 1998
unter Vorlage einer durch den Angeklagten M. gefälschten
Verdienstbescheinigung
unter dem Namen Ma. in E. eine Wohnung in der
Absicht an, den Mietzins nicht zu bezahlen. Das Landgericht hat dies
als besonders
schweren Fall des Betruges in Form gewerbsmäßigen
Handelns gewertet
(§ 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB n.F.) und eine Einzelstrafe von neun
Monaten
festgesetzt, obwohl die Tatzeit vor dem Inkrafttreten des 6.
Strafrechtsreformgesetzes
am 1. April 1998 lag. Eine Prüfung, ob das neue Recht milder
ist als
das Tatzeitrecht, hat das Landgericht rechtsfehlerhaft nicht
vorgenommen. Das
neue Recht ist wegen der geringeren Mindeststrafe nicht generell milder
(BGH
wistra 2001, 303). Die Erörterung war nicht entbehrlich, weil
die Annahme eines
besonders schweren Falls bei Anwendung des zur Tatzeit geltenden
Rechts sich hier nicht von selbst versteht. Die
Gewerbsmäßigkeit des Handelns
allein reichte unter der Geltung des alten Rechts hierzu
regelmäßig nicht aus,
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vielmehr war eine Gesamtwürdigung von Tat und
Täterpersönlichkeit vorzunehmen
(BGHR StGB § 263 Abs. 3 Gesamtwürdigung 1 und 2; BGH,
Beschl.
vom 19. Juli 2001 - 3 StR 203/01, insoweit nicht abgedruckt in NStZ
2001,
650). Die Einzelstrafe muß daher erneut zugemessen werden.
3. Die Aufhebung der Einzelstrafe zieht die Aufhebung der an sich schon
milden Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten nach
sich.
Im Rahmen der erneuten Gesamtstrafenbildung wird der Tatrichter auch die
erhebliche Verfahrensverzögerung zwischen der
Urteilsverkündung am 13. November
2002 und dem Eingang der Akten beim Bundesgerichtshof am 24.
März
2004 zu bedenken haben. Ob insoweit bereits eine rechtsstaatswidrige
Verfahrensverzögerung
vorliegt, welche hier vom Revisionsgericht von Amts wegen
zu berücksichtigen wäre (ständige
Rechtsprechung, vgl. BGHR StGB § 46 Abs.
2 Verfahrensverzögerung 8 und 10), kann deshalb letztlich
offenbleiben.
4. Dem Antrag des Generalbundesanwalts, das Verfahren in den
Fällen
139, 159 und 177 der Urteilsgründe gemäß
§ 154 Abs. 2 StPO vorläufig einzustellen,
war nicht zu entsprechen, weil es in diesen Fällen an einer
wirksamen
Anklageerhebung fehlt.
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Aachen vom 15. Juli 2001 legte
dem Angeklagten M. und nicht dem Angeklagten B. in den
Fällen 167 und 210 (139 und 177 der Urteilsgründe)
die betrügerische Anmietung
der Wohnungen in L. und E. unter den Alias-Namen
En. und W. zur Last. Eine entsprechende Nachtragsanklage
gegen den Angeklagten B. wurde nicht erhoben.
Die unter Fall 159 der Urteilsgründe festgestellte Anmietung
einer Wohnung
in A. durch den Angeklagten B. als We.
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ist ebenfalls nicht angeklagt. Die Anklageschrift enthält zwar
im Zusammenhang
mit einer anderen Tat (Fall 187 der Anklage) den prozessualen
Sachverhalt,
sie wertet ihn jedoch im abstrakten Anklagesatz nicht als
eigenständigen
Betrugsvorwurf. Der Verfolgungswille der Staatsanwaltschaft erstreckt
sich daher
nicht auf diesen Vorwurf.
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