BGH,
Beschl. v. 21.10.2008 - 3 StR 420/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 420/08
vom
21. Oktober 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf
dessen Antrag - am 21. Oktober 2008 gemäß §
349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Oldenburg vom 6. Mai 2008 im Strafausspruch mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges unter Einbeziehung
von anderweitig verhängten Strafen zur Gesamtfreiheitsstrafe
von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und ausgesprochen, dass
hiervon drei Monate wegen überlanger Verfahrensdauer als
verbüßt gelten. Gegen dieses Urteil wendet sich die
auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts
gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtmittel
führt zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen
ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
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Die Überprüfung des Urteils aufgrund der
Revisionsrechtfertigung hat aus den Gründen der Antragsschrift
des Generalbundesanwalts zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum
Nachteil des Angeklagten erbracht.
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Der Strafausspruch kann hingegen nicht bestehen bleiben. Der vom
Landgericht angenommene und seiner Strafzumessung zugrunde gelegte
besonders schwere Fall des Betruges in der Alternative des
Herbeiführens eines Vermögensverlustes
großen Ausmaßes (§ 263 Abs. 3 Nr. 2 1.
Alt. StGB) wird durch die Urteilsfeststellungen nicht hinreichend
belegt.
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1. Danach gewährte die geschädigte Bank dem
Angeklagten einen Kredit in Höhe von 1,7 Millionen €
zur Finanzierung des Kaufpreises für eine Immobilie, die -
nach einem von der Bank in Auftrag gegebenen Gutachten
abzüglich der Kosten für notwendige Sanierungen -
einen Wert von lediglich 1,682 Millionen € hatte. Um diesen
Kredit zu erlangen, hatte der - erst wenige Wochen zuvor aus der
Untersuchungshaft in einer anderen Betrugssache entlassene - Angeklagte
der Bank unter anderem durch die Vorlage gefälschter
Unterlagen über seine Einkommens- und Vermögenslage
sowie durch eine inhaltlich falsche Selbstauskunft vorgespiegelt, dass
er zur Bedienung des Kredits in der Lage sei. Im Vertrauen auf die
wahrheitswidrigen Angaben des Angeklagten zahlte die Bank im Dezember
2003 das Darlehen aus. Zur Sicherung ihrer Ansprüche wurde der
Kreditgeberin eine Grundschuld über 1,7 Millionen €
bestellt. Nachdem der Bank später die wahren finanziellen
Verhältnisse des Angeklagten - kein festes Einkommen und
Verbindlichkeiten von mehr als drei Millionen € - bekannt
geworden waren, kündigte sie den Kredit und
veräußerte die Immobilie im August 2005
freihändig zum Preis von 1,3 Millionen €.
Infolgedessen verblieb bei der Darlehensgeberin letztlich ein Schaden
von 520.000 € inklusive der aufgelaufenen Zinsen. Diesen
Betrag hat das Landgericht als Be-
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trugsschaden zugrunde gelegt. Der Angeklagte habe diese
Schädigung der Bank zumindest billigend in Kauf genommen.
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2. Die Feststellungen zur Höhe des Vermögensschadens
halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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a) Vermögensschaden im Sinne von § 263 StGB ist ein
negativer Saldo zwischen dem Wert des Vermögens vor und nach
der irrtumsbedingten Vermögensverfügung des
Getäuschten (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 263 Rdn.
70 m. w. N.). An einem Schaden fehlt es, wenn und soweit der
getäuschte Gläubiger über werthaltige
Sicherheiten verfügt, die sein Ausfallrisiko abdecken und -
ohne dass dies der Schuldner vereiteln kann - mit unerheblichem
zeitlichen und finanziellen Aufwand realisierbar sind (vgl. Fischer aaO
§ 263 Rdn. 102 m. w. N.). Danach entfiel ein
Vermögensschaden im Sinne des Betrugstatbestandes, soweit die
als Sicherheit eingeräumte Buchgrundschuld werthaltig war
(vgl. BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 54).
Somit lag - gemessen am damaligen, auch dem Angeklagten bekannten Wert
der Immobilie - nach den getroffenen Feststellungen eine
Deckungslücke in Höhe von (lediglich) 18.000
€ vor. In dieser Höhe wurde die Bank in ihrem
Vermögen geschädigt.
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Darauf, dass der Gläubigerin aus dem Kreditgeschäft
mit dem Angeklagten letztlich ein Vermögensverlust von 520.000
€ entstanden ist, kommt es hingegen insoweit nicht an; denn
hinsichtlich der Werthaltigkeit der Sicherheit ist auf den Zeitpunkt
der Vermögensverfügung abzustellen (vgl. BGH NStZ-RR
2000, 331). Der darüber hinaus gehende Schaden der Bank kam
allenfalls als verschuldete Tatauswirkung (§ 46 Abs. 2 Satz 2
StGB) strafschärfend berücksichtigt werden (vgl. BGH
NStZ-RR 2001, 241, 242).
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b) Danach ist das Herbeiführen eines
Vermögensverlustes großen Ausmaßes durch
den Angeklagten bereits objektiv nicht belegt (vgl. BGHSt 48, 360). Die
Urteilsgründe tragen auch die Annahme des Landgerichts nicht,
der Angeklagte habe die Schädigung der Gläubigerin in
Höhe von 520.000 € billi-
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gend in Kauf genommen. Offen bleibt insofern, weshalb der Angeklagte
zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung im Dezember 2003
den Eintritt eines Schadens diesen Umfangs für
möglich hielt. Der Umstand, dass der rund ein Jahr und acht
Monate später vorgenommene freihändige Verkauf der
Immobilie einen etwa 400.000 € unter der früheren
Bewertung liegenden Erlös erbrachte, ließ einen
Schluss auf den Schädigungsvorsatz des Angeklagten zur Zeit
der Auszahlung des Darlehens jedenfalls nicht zu.
3. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht
bei Zugrundelegung des rechtlich zutreffenden Schadensumfanges eine
niedrigere Einzelstrafe und eine mildere Gesamtstrafe zugemessen
hätte. Dies hat die Aufhebung des Strafausspruches zur Folge.
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Becker Miebach Pfister
Hubert Schäfer |