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BGH, Beschluss vom 22. Dezember 2000 - 3 StR 323/00


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 22.12.2000 - 3 StR 323/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 323/00
vom
22. Dezember 2000
in der Strafsache gegen
wegen schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 1. a) mit dessen Zustimmung und zu 2. auf dessen Antrag - am 22. Dezember 2000 gemäß § 154 a Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird
a) das Verfahren in den 20 Fällen, in denen das Landgericht Tateinheit zwischen § 182 StGB und §§ 176, 176 a StGB angenommen hat, auf die nach Ausscheiden des § 182 StGB verbleibenden Gesetzesverletzungen beschränkt;
b) das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 26. Januar 2000 im Schuldspruch dahin abgeändert, daß der Angeklagte wegen schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern in sechs Fällen, wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in vierzehn Fällen und wegen sexuellen Mißbrauchs einer Jugendlichen in drei Fällen verurteilt ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs von Jugendlichen (§ 182 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 StGB) in 23 Fällen, davon in sechs Fällen in Tateinheit mit schwerem sexuellen Mißbrauch von Kindern (§ 176 a Abs. 1 Nr. 1 StGB) und in 14 Fällen in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Kindern (§ 176 Abs. 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Von weiteren Tatvorwürfen hat es ihn freigesprochen. Die Revision des Angeklagten hat nur in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im übrigen hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Dies gilt auch für die Annahme von 23 Einzeltaten. Allein dadurch, daß die sexuellen Handlungen teilweise in Anwesenheit aller drei Tatopfer stattfanden und der Angeklagte möglicherweise am selben Tattag sexuelle Handlungen an mehreren Opfern vornahm oder an sich vornehmen ließ, sind diese Handlungen nicht zu einer einzigen Tat im Rechtssinne verbunden worden. Eine Konstellation, wie sie der Entscheidung des 4. Strafsenats (BGH NStZ-RR 1999, 329) zugrundelag, ist nicht festgestellt. Wegen der Vornahme von sexuellen Handlungen vor Kindern (§ 176 Abs. 3 Nr. 1 StGB) ist der Angeklagte nicht verurteilt worden.
Anlaß zu näherer Erörterung gibt nur die Frage nach dem rechtlichen Verhältnis zwischen dem sexuellen Mißbrauch von Jugendlichen (§ 182 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 StGB) und dem sexuellen Mißbrauch von Kindern (§ 176 Abs. 1 StGB). Das Landgericht hat in 20 Fällen neben § 176 Abs. 1 StGB bzw. § 176 a Abs. 1 StGB auch § 182 Abs. 1 Nr. 1 StGB als erfüllt angesehen und jeweils Tateinheit angenommen.
In seiner Entscheidung vom 28. Februar 1996 (BGHSt 42, 51) hatte der Senat ausgesprochen, daß der sexuelle Mißbrauch von Jugendlichen auch in den Fällen des § 182 Abs. 1 StGB mit dem sexuellen Mißbrauch von Kindern in Gesetzeseinheit stehe. Unter Bezugnahme auf diese Entscheidung hat der Generalbundesanwalt deshalb zuerst beantragt, den Schuldspruch dahin abzuändern, daß in 20 Fällen die Verurteilung wegen sexuellen Mißbrauchs von Jugendlichen entfällt, und die weitergehende Revision zu verwerfen. Der Senat hat nunmehr erwogen, entgegen der eigenen, früheren Rechtsauffassung Tateinheit zwischen den Gesetzesverletzungen anzunehmen. Zur Begründung verweist er auf seinen in vorliegender Sache ergangenen Beschluß vom 21. September 2000. Die erstrebte einvernehmliche Änderung der Rechtsprechung ist nicht möglich gewesen (vgl. Beschl. vom 14. September 1999 - 1 StR 433/99 - und vom 19. Oktober 2000 - 1 ARs 13/00).
Der Senat hält an seinen im Beschluß vom 21. September 2000 ge-
äußerten Bedenken gegen die Annahme von Gesetzeseinheit fest. Die Sache bedarf indes keiner abschließenden Entscheidung, da der Senat gemäß § 154 a Abs. 2 StPO die Verfolgung nunmehr mit Zustimmung des Generalbundesanwalts auf die Straftatbestände des § 176 Abs. 1 und des § 176 a Abs. 1 Nr. 1 StGB beschränkt.
Damit war der Schuldspruch entsprechend zu ändern. Die Strafe kann bestehen bleiben. Die vom Landgericht festgestellten, den Tatbestand des § 182 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllenden Umstände können bei der Strafzumessung Berücksichtigung finden, auch wenn dieser Tatbestand nach § 154 a Abs. 2 StPO von der Verfolgung ausgeschieden worden ist (vgl. BGH NStZ 1995, 227 m.w.Nachw.; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. § 154 a Rdn. 2). Der Senat hat den Angeklagten hierauf hingewiesen. Er kann - entgegen den Bedenken des Angeklagten - ausschließen, daß das Landgericht in Ansehung dieser Lage eine geringere Strafe verhängt hätte.
Die Schuldspruchänderung stellt keinen solchen Erfolg des Rechtsmittels des Angeklagten dar, der eine Belastung des Angeklagten mit den vollen Kosten des Rechtsmittels unbillig erscheinen ließe (§ 473 Abs. 4 StPO).
Rissing-van Saan Winkler Pfister von Lienen Becker



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