BGH,
Beschl. v. 22.2.2007 - 4 StR 26/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 26/07
vom
22.2.2007
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 22.02.2007
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Detmold vom 19. Oktober 2006 mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die
Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt
unterblieben ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 28
Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und
sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit
seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen
Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat Erfolg, soweit das
Landgericht eine Entscheidung über die Unterbringung des
Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB)
unterlassen hat. Im Übrigen ist es unbegründet im
Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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Angesichts der getroffenen Feststellungen hätte sich das
Landgericht zur Prüfung der Frage, ob eine Maßregel
nach § 64 StGB anzuordnen ist, veranlasst sehen
müssen.
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Der 27jährige, einschlägig vorbestrafte Angeklagte
kam erstmals im Alter von 18 Jahren mit Drogen in Kontakt, rauchte
anfangs Haschisch und begann nach zwei Jahren
regelmäßig Heroin zu rauchen und gelegentlich zu
spritzen. Nach verschiedenen Entwöhnungs- und
Substitutionstherapien wurde er immer wieder
rückfällig. Vor Beginn der Tatserie
benötigte er eigenen Angaben zu Folge fünf bis acht
Gramm Heroin täglich. Das Landgericht hat seine hochgradige
Drogenabhängigkeit festgestellt und ist davon ausgegangen,
dass der Angeklagte sämtliche Taten beging, um durch die
illegalen Drogengeschäfte seinen eigenen erheblichen
Heroinkonsum zu finanzieren.
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Angesichts dieser Umstände lag eine
Maßregelanordnung nach § 64 StGB nahe. Die
unterbliebene Prüfung stellt sich deshalb als durchgreifender
sachlich-rechtlicher Mangel dar. Erwägungen zu einer Anordnung
nach § 64 StGB waren nicht etwa deshalb entbehrlich, weil die
Strafkammer - rechtsfehlerfrei - von der uneingeschränkten
Schuldfähigkeit des Angeklagten ausgegangen ist. Eine
suchtbedingte Abhängigkeit kann auch dann die Annahme eines
Hanges im Sinne des § 64 StGB begründen, wenn sie
nicht den Schweregrad einer seelischen Störung im Sinne der
§§ 20, 21 StGB erreicht (vgl.
Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. § 64 Rdn. 7 m.w.N.).
Den bisherigen UrteilsFeststellungen kann trotz der
Rückfälligkeit nach Entwöhnungs- bzw.
Substitutionsbehandlungen auch nicht entnommen werden, dass eine
hinreichend konkrete Aussicht auf einen Behandlungserfolg beim
Angeklagten nicht besteht (BVerfGE 91, 1 ff.).
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Die unterbliebene Prüfung wird der neue Tatrichter - unter
Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246 a StPO) -
nachzuholen haben. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat,
hindert die Unterbringungsanordnung im weiteren Verfahren nicht
(§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO; BGHSt 37, 5). Er hat die
Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht von
seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGHSt 38, 362 f.).
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Der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht bei
Anordnung der Unterbringung auf niedrigere Einzelstrafen oder eine
geringere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte. Der
Strafausspruch kann deshalb bestehen bleiben.
6
Tepperwien Maatz Kuckein
Ernemann Sost-Scheible |