BGH,
Beschl. v. 23.1.2008 - 2 StR 426/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 426/07
vom
23.1.2008
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Brandstiftung
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführerin am 23.1.2008
gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Aachen vom 20. April 2007 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen schwerer Brandstiftung zu
einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt.
Dagegen wendet sich die Revision der Angeklagten mit der
Sachrüge. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
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1. Nach den Feststellungen des Landgerichts leidet die Angeklagte an
einer schweren Borderline-Störung vom impulsiven Typ mit
selbstschädigendem und selbstverletzendem Verhalten, seit 2004
zusätzlich an einer Grand-Mal-Epilepsie, die
medikamentös behandelt wird. Aufgrund der Schwere und der
erheblichen überdauernden Ausprägung der
Persönlichkeitsstörung handelt es sich um eine
schwere andere seelische Abartigkeit im Sinne des § 20 StGB.
Das Landgericht ist - der Sachverständigen folgend - davon
ausgegangen, dass die Angeklagte zum Tatzeitpunkt zwar in der Lage war,
das Unrecht ihrer Tat
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einzusehen, dass aber ihre Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu
handeln, erheblich eingeschränkt war.
Die Ausführungen des Landgerichts zur eingeschränkten
Steuerungsfähigkeit der Angeklagten begegnen durchgreifenden
Bedenken. Nach den Urteilsfeststellungen (UA S. 7) verspürte
die Angeklagte zum Tatzeitpunkt plötzlich den
unwiderstehlichen Drang, ein Feuer in ihrer Wohnung zu
entzünden und die Wohnung hierdurch zu zerstören, und
setzte daher mit einem Feuerzeug an zwei Stellen der Wohnung Unrat bzw.
Wäsche in Brand. Wenn die Angeklagte aus einem für
sie unwiderstehlichen Drang heraus gehandelt hat, war ihre
Steuerungsfähigkeit gänzlich aufgehoben, nicht nur
erheblich vermindert. Hierfür könnten auch die
Urteilsausführungen UA S. 16 sprechen, dass die Angeklagte
nach den Erkenntnissen der Sachverständigen nicht in der Lage
sei, innere Anspannung ohne Dissoziationen, insbesondere durch
selbstverletzendes Verhalten, abzubauen. Das Landgericht hätte
deshalb näher darlegen müssen, aufgrund welcher
Umstände es zu der Auffassung gelangt ist, dass die Angeklagte
jedenfalls in eingeschränktem Umfang entsprechend ihrer
Unrechtseinsicht hätte handeln können.
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2. Der neue Tatrichter wird, falls er eine aufgehobene oder erheblich
verminderte Schuldfähigkeit der Angeklagten bejaht, erneut
deren Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu
prüfen haben (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO n.F.).
Insoweit weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass die Auffassung
des Landgerichts, es fehle bei der Angeklagten an dem von § 63
StGB vorausgesetzten länger dauernden Zustand, nach den
bisherigen Feststellungen nicht zutrifft. Bei der Angeklagten ist eine
dauerhaft vorliegende
Borderline-Persönlichkeitsstörung mit dem Schweregrad
einer anderen seelischen Abartigkeit festgestellt worden. In von ihr
als belastend empfundenen Situationen gerät die Angeklagte in
Anspannungszustände, in denen sie nicht mehr in
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der Lage ist, umfassend entsprechend ihrer Einsicht in das Recht oder
Unrecht ihres Tuns zu handeln. Solche Situationen treten angesichts der
labilen Disposition der Angeklagten immer wieder einmal auf (UA S. 19).
Damit sind aber die Anforderungen an den Zustand im Sinne des
§ 63 StGB erfüllt: erforderlich ist nicht, dass der
Täter ununterbrochen schuldunfähig oder vermindert
schuldfähig ist, sondern dass seine Befindlichkeit aufgrund
einer länger dauernden seelischen Störung derart
beschaffen ist, dass bereits alltägliche Ereignisse die akute
erhebliche Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit in
Bezug auf eine konkrete Tat auslösen können (vgl.
BGHSt 44, 369, 374 ff; BGH NStZ-RR 2005, 370, 371).
Rissing-van Saan Bode Fischer
Roggenbuck Schmitt |