BGH,
Beschl. v. 23.7.2004 - 2 StR 101/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 101/04
vom
23. Juli 2004
in der Strafsache
gegen
wegen erpresserischen Menschenraubs u.a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 23. Juli
2004 gemäß §
349 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Gera vom 4. November 2003 wird als unbegründet verworfen.
2. In der Liste der angewendeten Vorschriften wird nach § 250
Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3 a die Angabe "und 3 b" gestrichen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und
die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen
Auslagen zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen erpresserischen Menschenraubs
in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung, mit
gefährlicher
Körperverletzung und mit Computerbetrug in zwei
Fällen zu einer Freiheitsstrafe
von zehn Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine hiergegen
eingelegte Revision ist unbegründet.
1. Die Verfahrensrügen sind, soweit sie zulässig
erhoben sind, unbegründet
im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Auch die Sachrüge
erweist sich im
Ergebnis als unbegründet. Insoweit ist nur folgendes
auszuführen:
a) Das Landgericht hat die Verurteilung wegen schwerer
räuberischer
Erpressung - neben § 250 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 Buchst. a -
auch auf § 250
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Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b StGB gestützt. Insoweit rügt
die Revision zutreffend, daß
die Voraussetzungen jedenfalls des subjektiven Tatbestands nicht
hinreichend
festgestellt sind. Nach den Feststellungen des Landgerichts und seinen
Erwägungen
zur Beweiswürdigung steht nicht fest, ob das subdurale
Hämatom, welches
zu schweren Folgeschäden bei dem Nebenkläger
führte, durch die ihm
bei der Tat zugefügten Schläge gegen den Kopf
verursacht wurde oder ob der
Nebenkläger sich diese Verletzung zuzog, als er einen Tag
später, aus der
Bewußtlosigkeit erwacht, aus dem Fenster seiner im
Erdgeschoß liegenden
Wohnung stürzte und mit dem Kopf auf dem Bordstein aufschlug.
Das Landgericht
hat dieses Problem übersehen; aus den Darlegungen UA S. 25/26
ergibt
sich nur, daß die verschiedenen Verletzungen des
Nebenklägers nicht allesamt
durch den Sturz entstanden sein können, daß das
Hämatom nicht (allein) auf
seinen chronischen Alkoholmißbrauch
zurückzuführen ist und daß es wahrscheinlich
durch stumpfe Gewalteinwirkung auf den Hinterkopf verursacht wurde.
Für die Frage, ob diese Gewalteinwirkung Folge der von den
Tätern ausgeführten
Schläge oder des späteren Sturzes des Opfers war,
ergibt sich hieraus
nichts. Anders als der Generalbundesanwalt meint der Senat nicht, der
vom
Sachverständigen verwendete und vom Landgericht wiedergegebene
Begriff
der "Gewalteinwirkung" sei ohne weiteres so zu verstehen, daß
damit die
Schläge gemeint seien. Die Urteilsgründe enthalten
hierfür keinen Hinweis;
insbesondere ist auch nicht dargelegt, auf welche Weise der
Sachverständige
dies festgestellt haben könnte. Da sich nach den
Feststellungen am Hinterkopf
des Nebenklägers "eine klaffende Platzwunde" fand, die
Schläge des Angeklagten
jedoch nicht mit Werkzeugen ausgeführt wurden, liegt vielmehr
die Annahme
nicht fern, die schwere Kopfverletzung sei durch das Aufschlagen auf
dem Bordstein entstanden. Das Landgericht hätte daher mangels
weiterer Anhaltspunkte
seinem Urteil diese Möglichkeit zugrunde legen müssen.
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b) Die Verurteilung nach § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b StGB
wird daher
von den Feststellungen nicht getragen. Die hierfür
erforderliche konkrete Todesgefahr
ist kein Erfolg im Sinne von § 18 StGB (vgl. auch BGHSt 26,
175,
180 f. [zu § 113 Abs. 2 Nr. 2]; BGH NJW 1999, 3131;
Tröndle/Fischer, StGB
52. Aufl. § 18 Rdn. 2; § 250 Rdn. 5, 10 m.w.N.); eine
nur fahrlässige Verursachung
reicht daher nicht aus.
2. Die Verurteilung wegen gefährlicher
Körperverletzung gemäß § 224
Abs. 1 Nr. 5 StGB ist davon nicht berührt, da schon die
massiven Schläge gegen
den Kopf des Tatopfers eine hierfür ausreichende
Gefährdung verursachten.
Da eine konkrete Gefährdung von § 224 Abs. 1 Nr. 5
StGB nicht vorausgesetzt
ist, bestehen insoweit auch am Vorsatz des Angeklagten keine Zweifel.
Dagegen kann ihm ein Vorsatz hinsichtlich der - möglicherweise
- erst durch
den Sturz verursachten konkreten Lebensgefährdung nicht
vorgeworfen werden.
Die Verurteilung auch wegen einer Tat nach § 250 Abs. 2 Nr. 3
Buchst. b
muß daher entfallen.
Auf den Schuldspruch hat dies keine Auswirkungen, da die Verurteilung
zutreffend auch auf § 250 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 Buchst. a
gestützt ist.
3. Entgegen der Ansicht der Revision hat auch der Strafausspruch
Bestand.
Zwar hat das Landgericht die infolge der Kopfverletzung entstandenen
schweren Folgen bei der Strafzumessung "ganz gewichtig" gegen den
Angeklagten
berücksichtigt (UA S. 50). Das ist jedoch nicht von vornherein
fehlerhaft.
Eine straferschwerende Zurechnung aufgrund fahrlässiger
Verursachung
war hier jedenfalls zulässig, denn es war für den
Angeklagten ohne weiteres
vorhersehbar und vermeidbar, daß der Nebenkläger im
mittelbaren Zusammenhang
mit den ihm zugefügten schweren Mißhandlungen auf
der Grundlage
seines offenkundig schlechten Allgemeinzustands weitere
Schäden erleiden
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konnte; daß er nach dem Aufwachen aus der
Bewußtlosigkeit stürzen und sich
schwer verletzen könnte, lag ersichtlich nicht
außerhalb des Vorhersehbaren.
Eine strafschärfende Berücksichtigung der Folgen war
daher sowohl im
Hinblick auf § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB als auch im Hinblick auf
§ 250 Abs. 2
Nr. 3 Buchst. a StGB zulässig. Da die Strafe dem Strafrahmen
des § 239 a
Abs. 1 StGB entnommen wurde und zusätzlich mehrere
Tatvarianten des § 250
Abs. 2 StGB sowie des § 224 Abs. 1 StGB verwirklicht sind,
kann der Senat
hier ausschließen, daß der Tatrichter bei
zutreffender rechtlicher Bewertung zu
einer milderen Strafe gelangt wäre.
4. Die Liste der angewendeten Vorschriften war entsprechend der Sachlage
zu berichtigen.
Rissing-van Saan Detter Bode
Rothfuß Fischer |