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BGH, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 2 StR 118/00


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 23.6.2000 - 2 StR 118/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 118/00
vom
23. Juni 2000
in der Strafsache gegen
wegen versuchten schweren Raubes u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 23. Juni 2000 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 9. Dezember 1999 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit von der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten P. in einer Entziehungsanstalt abgesehen worden ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision.
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Bei der Strafrahmenwahl hat das Landgericht zwar nicht in Erwägung gezogen (vgl. dazu BGH StV 1999, 490 = BGHR StGB § 177 Strafrahmenwahl 1), daß der Angeklagte günstiger stehen würde, wenn der Strafbemessung anstelle des Strafrahmens des minder schweren Falles gemäß § 250 Abs. 3 StGB (ein Jahr bis zehn Jahre) der nach § 21 StGB und nach § 23 StGB (jeweils in Verbindung mit § 49 Abs. 1 StGB) gemilderte Strafrahmen des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB (sechs Monate bis acht Jahre und fünf Monate) zugrundegelegt worden wäre. Der Senat kann aber ausschließen, daß die verhängte Strafe auf dieser unterlassenen Erörterung beruht.
Die Revision hat jedoch insoweit Erfolg, als das Landgericht nicht geprüft hat, ob der Angeklagte gemäß § 64 StGB in einer Entziehungsanstalt unterzubringen ist.
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift hierzu ausgeführt:
"Das Unterbleiben einer Anordnung nach § 64 StGB kann hingegen keinen Bestand haben:
Nach den Feststellungen des Landgerichts konsumiert der heute 27 Jahre alte Angeklagte seit 1987/1988 illegale Drogen, und zwar Haschisch, Heroin und Rohypnol (UA S. 4, 8). Er wurde wegen unerlaubten Rauschgifterwerbs sowie wegen Diebstahls zur Finanzierung seiner Betäubungsmittelsucht wiederholt zu Jugend- und Freiheitsstrafen verurteilt, wobei ihm teilweise eine rauschgiftbedingte erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB zugute gehalten wurde (UA S. 4 bis 8, 31). Mehrfach unternahm der Angeklagte vergeblich den Versuch, seine Rauschgiftabhängigkeit durch eine Drogentherapie in staatlichen Einrichtungen und betreuten Wohngemeinschaften zu bekämpfen (UA S. 4 bis 8). Die abgeurteilte Straftat hat der Angeklagte nach Genuss von Rohypnol und Alkohol (UA S. 11 f.) im Zustand erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit begangen, um seinen Rauschgiftkonsum zu finanzieren (UA S. 11, 15, 27, 31).
Unter diesen Umständen bedurfte es der Erörterung der Frage, ob die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB in Betracht kommen kann (vgl. BGHSt 37, 5; BGHR StGB § 64 Ablehnung 3; BGH bei Detter NStZ 1992, 169, 173). Die Strafkammer hätte prüfen müssen, ob die Gefahr besteht, dass der Angeklagte infolge seiner Rauschgiftabhängigkeit rückfällig wird und ob dem durch eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt begegnet werden kann. Dabei ist nicht von Bedeutung, dass das Landgericht eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit im Sinne des § 21 StGB nicht sicher festzustellen vermochte (vgl. BGHR StGB § 64 Ablehnung 6). Anhaltspunkte dafür, dass eine Entwöhnungsbehandlung von vornherein aussichtslos erscheint, sind den Urteilsfeststellungen nicht zu entnehmen (vgl. UA S. 31).
Das Unterbleiben der Prüfung einer Maßregel nach § 64 StGB stellt einen Rechtsfehler dar, der auch auf die Revision des Angeklagten zur Aufhebung führt (BGHSt 37, 5 f.). Der Bestand des Strafausspruches wird hiervon jedoch nicht betroffen. Die Strafkammer hat die verhängte Freiheitsstrafe moderat bemessen. Es kann ausgeschlossen werden, dass die Freiheitsstrafe niedriger ausgefallen wäre, wenn das Landgericht zugleich die Unterbringung des Angeklagten angeordnet hätte."
Dem stimmt der Senat zu, zumal "der Angeklagte sich erneut einer Therapie stellen und nach erfolgreichem Abschluß sein Leben neu einrichten will" (UA S. 31).
Jähnke Detter Bode
Otten Rothfuß



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