BGH,
Beschl. v. 23.6.2000 - 2 StR 225/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 225/00
vom
23. Juni 2000
in der Strafsache gegen
wegen sexueller Nötigung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 23. Juni
2000 einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Kassel vom 6. Januar 2000 im Strafausspruch mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexueller Nötigung
zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
Seine auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision
erweist sich zum Schuldspruch als unbegründet
gemäß § 349 Abs.2 StPO. Der Strafausspruch
kann aber keinen Bestand haben.
Die Strafrahmenwahl selbst weist keinen den Angeklagten beschwerenden
Rechtsfehler auf. Das Landgericht geht zwar zu Unrecht davon aus,
daß dieser durch die Verwendung der "Scheinwaffe" den
Qualifikationstatbestand des § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB
verwirklicht habe. Die Feststellungen belegen nur die Voraussetzungen
des § 177 Abs. 3 Nr. 2 StGB (vgl. BGH NStZ 1999, 242, 243;
für die entsprechende Vorschrift des § 250 Abs.1 Nr.
1 b StGB: BGHSt 44, 103, 107; BGH NJW 1998, 2914; vgl. auch
Boetticher/Sander NStZ 1999, 292, 294/295). Da der Strafzumessung aber
der Strafrahmen des minder schweren Falles gemäß
§ 177 Abs. 5 StGB zugrundegelegt ist, der für Abs. 3
und Abs. 4 des § 177 StGB gleich ist, und auf die
schärfere Qualifikationsnorm des § 177 Abs. 4 Nr. 1
StGB weder innerhalb der Strafrahmenwahl noch der Strafzumessung selbst
zu Lasten des Angeklagten abgestellt ist, kann auf diesem Rechtsfehler
der Strafausspruch nicht beruhen.
Einen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des
Beschwerdeführers weist aber die eigentliche Strafzumessung
auf.
Die Strafkammer hat strafschärfend gewertet, daß der
Angeklagte "diesmal plante, den von ihm begehrten Geschlechtsverkehr
bei erneuter Verweigerung durch die Verwendung einer Waffe zu
erzwingen" (UA S. 10). Der Angeklagte hat aber, wovon das Landgericht
zutreffend ausgegangen ist, von der Erzwingung des Geschlechtsverkehrs
freiwillig Abstand genommen. Er hat somit das Regelbeispiel des
§ 177 Abs. 2 StGB (Vergewaltigung) nicht verwirklicht. Das
Rücktrittsprivileg bewirkt, daß der auf die
versuchte Straftat gerichtete Vorsatz sowie ausschließlich
darauf bezogene Tathandlungen nicht strafschärfend
berücksichtigt werden dürfen (BGH NStZ 1989, 114;
1996, 491; StV 1996, 263; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Wertungsfehler
30; BGH Beschl. v. 4.7.1997 - 2 StR 273/97). Dieser Grundsatz gilt
auch, wenn - wie hier - von der Verwirklichung eines Regelbeispiels
freiwillig Abstand genommen wurde. Demzufolge darf der -
zunächst - auf eine Vergewaltigung abzielende Vorsatz des
Angeklagten nicht strafschärfend berücksichtigt
werden. Die Ausführungen des Urteils lassen besorgen,
daß dies aber geschehen ist. Die Strafe kann somit schon
deshalb keinen Bestand haben, so daß es keiner
Erörterung bedarf, ob bei der Frage der Schuldangemessenheit
der Strafe ausreichend die Folgen für das künftige
Leben des Angeklagten gewürdigt sind (vgl. dazu BGH StV 1991,
207; 1993, 25 f.; 1995, 296 f.).
Jähnke Detter Bode
Otten Rothfuß |