BGH,
Beschl. v. 24.4.2007 - 4 StR 558/06
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 558/06
vom
24.4.2007
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 24.4.2007
gemäß § 206 a Abs. 1, § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Bielefeld vom 26. Juni 2006 mit den jeweils zugehörigen
Feststellungen aufgehoben
a) in den Fällen I 1, 3 und 4 der Urteilsgründe
insgesamt,
b) im Fall I 2 im Ausspruch über die Einzelstrafe und
c) im Gesamtstrafenausspruch.
2. Das Verfahren im Fall I 4 der Urteilsgründe wird
eingestellt. Insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des
Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen.
3. Im Übrigen wird im Umfang der Aufhebung die Sache zu neuer
Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden
Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des
Landgerichts zurückverwiesen.
4. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in vier
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren
verurteilt. Gegen dieses Urteil wen-
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det sich der Angeklagte mit seiner Revision. Er rügt die
Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen
weitgehenden Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im
Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Fall I 4 der Urteilsgründe
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Das Verfahren ist hinsichtlich des Falles I 4 der
Urteilsgründe wegen eines Verfahrenshindernisses einzustellen
(§ 206 a Abs. 1 StPO). Das Landgericht hat den Angeklagten
wegen Betrugs für schuldig befunden, weil er die Volksbank -
im Wissen, eine entsprechende Deckung des belasteten Kontos nicht
herbeiführen zu können - durch wahrheitswidrige
Angaben am 13. November 2001 zur Einlösung eines Schecks
über 285.000 DM veranlasst habe. Diese Tat ist weder
Gegenstand der Anklage vom 21. April 2004 noch ist eine diese Tat
einbeziehende Nachtragsanklage erhoben worden. Es besteht auch keine
prozessuale Tatidentität (vgl. BGHSt 32, 215, 216) mit den
übrigen der Anklageschrift zugrunde liegenden
Lebensvorgängen, die die Geschäftsbeziehungen des
Angeklagten bzw. der K. GmbH & Co. KG (künftig: K.
GmbH) mit der Volksbank betreffen. Die der Anklage zugrunde liegenden
Sachverhalte unterscheiden sich vielmehr nach Zeit und
Tatumständen eindeutig von dem abgeurteilten Geschehen.
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2. Fälle I 1 und 3 der Urteilsgründe
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In den Fällen 1 und 3 hält die Verurteilung wegen
Betrugs sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.
In beiden Fällen sind die Feststellungen zum Eintritt eines
Vermögensschadens ungenau und unvollständig und
entziehen sich deshalb einer revisionsgerichtlichen Kontrolle.
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a) Fall I 1 der Urteilsgründe
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Nach den Feststellungen bewilligte die Firma D. - eine Hauptlieferantin
der im Mineralölhandel tätigen K. GmbH, deren
Geschäftsführer der Angeklagte war - im April 2000
auf Antrag des Angeklagten die Prolongation eines Lieferantenkredits
für ein weiteres Jahr und stockte diesen (Kontokorrent-)Kredit
gleichzeitig auf eine Million DM auf. Dabei vertraute die Kreditgeberin
auf die vom Angeklagten behauptete Bonität der GmbH und die
Werthaltigkeit einer von ihm übernommenen
selbstschuldnerischen Bürgschaft in Höhe des
Kreditbetrags (UA 24). Tatsächlich hatte der Angeklagte den
von der Kreditgeberin geforderten Bonitätsnachweisen bewusst
falsche Zahlen zugrunde gelegt und so das Liquiditätsrisiko
verschleiert. Im Rahmen der aufgestockten Kreditlinie lieferte die
Firma D. in der Folgezeit Mineralöl an die K. GmbH. Im
November 2001 stellte diese Zahlungen an die Firma D. ein. Im Dezember
2001 beantragte der Angeklagte die Eröffnung der
Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH und
über sein Privatvermögen.
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Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass sich der Angeklagte durch
die falsche Darstellung des Liquiditätsrisikos eines
Eingehungsbetruges schuldig gemacht habe, da der Firma D. bereits durch
die - täuschungsbedingte - Kreditzusage ein
Vermögensschaden in Form einer
Vermögensgefährdung entstanden sei (UA 28).
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Die bisher zur Vermögenslage der K. GmbH und des Angeklagten
getroffenen Feststellungen belegen nicht hinreichend, dass der
Rückzahlungsanspruch der Kreditgeberin bereits im Zeitpunkt
der Darlehensbewilligung Anfang April 2000 wirtschaftlich nicht sicher,
das Vermögen der Firma D. also zu diesem für den
Betrugsvorwurf maßgeblichen Zeitpunkt bei lebensnaher
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Betrachtung konkret und damit schadensgleich gefährdet war
(vgl. BGHSt 34, 394, 395, BGH wistra 1995, 222, 223).
Zweifel an der von der Wirtschaftsstrafkammer als Betrugsschaden
gewerteten Vermögensgefährdung ergeben sich, weil
nach den Feststellungen der Kredit bis November 2001 von der K. GmbH
bedient wurde. Zahlungsschwierigkeiten traten erstmals zu diesem
Zeitpunkt auf und die GmbH stellte fortan "weitere" - mithin bis dahin
erfolgte - Zahlungen an die Firma D. ein (UA 13).
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Angesichts dieses Umstandes hätten die
Vermögensverhältnisse der K. GmbH und des Angeklagten
als selbstschuldnerisch haftenden Bürgen präziser als
bisher geschehen anhand nachvollziehbarer
Vermögensübersichten dargelegt werden müssen.
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Den Urteilsgründen sind insbesondere nahezu keine
überprüfbaren Feststellungen zum Status des
Privatvermögens des Angeklagten in dem für die
Schadensberechnung maßgeblichen Zeitpunkt der
Kreditgewährung im April 2000 zu entnehmen. Das insoweit in
Bezug genommene Immobilienvermögen (Stand zum 31. Juli 1999,
UA 11) ist ersichtlich nicht dem Angeklagten, sondern dem
Privatvermögen der Gesellschafter der K. GmbH zuzuordnen.
Soweit das Urteil in anderem Zusammenhang Ausführungen zum
Grundvermögen des Angeklagten macht (UA 16), betrifft dies
Zeitpunkte, die deutlich nach der Kreditvereinbarung vom April 2000
liegen. Diese sind deshalb für die Schadensberechnung ohne
weitere Darlegungen nicht aussagekräftig. Gleiches gilt
für den pauschalen Hinweis, am 31. Dezember 2001
hätten Forderungen gegen den Angeklagten aus
übernommenen Bürgschaften in Höhe von
insgesamt 28 Milli-onen DM bestanden. Soweit das Urteil in diesem
Zusammenhang auf vorhan-
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denes Barvermögen des Angeklagten verweist, wird nicht einmal
dessen Höhe mitgeteilt (UA 29).
In der neuen Hauptverhandlung werden deshalb weitergehende
Feststellungen zu treffen sein, ob und gegebenenfalls in welcher
Höhe bei Darlehensgewährung eine
Vermögensgefährdung bestand. Sollte ein Vergehen des
Betrugs nach § 263 StGB mangels Vermögensschadens
oder Gefährdungsvorsatzes zu verneinen sein, so wird das
Landgericht zu prüfen haben, ob ein Kreditbetrug nach
§ 265 b StGB in Betracht kommt.
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b) Fall I 3 der Urteilsgründe
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Diesem Fall liegt der Vorwurf zugrunde, der Angeklagte habe ungedeckte
Schecks über eine Gesamtsumme von ca. 950.000 DM zum Inkasso
bei der Volksbank eingereicht, um so eine Rückführung
des Kontokorrentkredits der K. GmbH in das vereinbarte Kreditlimit
vorzutäuschen und die Bank zu veranlassen, weitere
Scheckbelastungen oder Überweisungen zu Lasten des
Kontokorrentkontos zu akzeptieren.
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Die Feststellungen belegen nicht, dass sich der Angeklagte eines -
vollendeten - Betrugs schuldig gemacht hat. Die Annahme des
Landgerichts, durch die Rückbelastung der zum Inkasso
vorgelegten und (vorläufig) gutgeschriebenen Schecks sei der
Volksbank ein Vermögensschaden entstanden (UA 18), ist
rechtsfehlerhaft. Ein Vermögensschaden wäre bei der
Inkassobank nur dann eingetreten, wenn der Angeklagte während
des Zeitraums der vorläufigen Gutschrift der
Scheckbeträge hierauf Zugriff genommen hätte oder -
im Sinne einer schadensgleichen Vermögensgefährdung -
jedenfalls hätte Zugriff nehmen können. Dies ergeben
die Feststellungen nicht. Zwar werden Scheckbeträge von den
Kreditinstituten aus bankwirtschaftlichen Gründen bereits bei
Hereinnahme "unter dem Vorbehalt ihrer Einlösung"
gutgeschrieben (Nr. 9 Abs. 1 Satz
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1 AGB-Banken und AGB-Sparkassen). Die Gutschrift ist bis zur
Einlösung des Schecks durch die bezogene Bank allerdings nur
eine vorläufige. Einen Anspruch auf Auszahlung der Schecksumme
hat der Scheckeinreicher zu diesem Zeitpunkt nicht (vgl. Nobbe in WM
(SB 5) 2000 S. 1, 13 ff. m.N.). Es versteht sich deshalb nicht von
selbst, dass der Scheckeinreicher bereits vor der endgültigen
Gutschrift über den Scheckbetrag auch verfügen kann.
Mit der Frage, ob eine solche Verfügungsmöglichkeit
durch den Angeklagten bestand bzw. ob er gegebenenfalls hiervon zu
Lasten der Volksbank Gebrauch gemacht hat, hat sich das Landgericht
indes nicht auseinandergesetzt (UA 18).
3. Fall I 2 der Urteilsgründe
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Im Fall I 2 weist der Schuldspruch wegen Betrugs keinen durchgreifenden
Rechtsfehler auf. Jedoch hält der Strafausspruch
sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.
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Das Urteil enthält keine Feststellungen über die
persönlichen Verhältnisse des Angeklagten. Dies
stellt hier einen sachlich-rechtlichen Mangel dar (vgl. BGHR StPO
§ 267 Abs. 3 Satz 1 Strafzumessung 8). Für die
Strafzumessung und deren rechtliche Überprüfung ist
jedenfalls im Hinblick auf die verhängte, nicht unerhebliche
Einzelfreiheitsstrafe die Kenntnis von Werdegang und
Lebensverhältnissen des Angeklagten unentbehrlich.
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Zwar hat das Landgericht im Wege eines Berichtigungsbeschlusses die
Urteilsgründe ergänzt und Ausführungen zu
den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten
gemacht. Eine Urteilsberichtigung ist allerdings nur dann
zulässig, wenn ein offensichtliches Versehen vorliegt, das
sich zwanglos aus klar zutage tretenden Tatsachen ergibt, wenn die
Urteilsgründe also offensichtliche Schreibfehler oder
ähnliche äußere, für alle
Beteiligten offenkundige und aus sich heraus erkennbare Unstimmigkeiten
enthalten. Eine Berichtigung ist hinge-
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gen unzulässig, wenn auch nur der Verdacht einer
nachträglichen (sachlichen) Änderung und damit einer
Verfälschung des Urteils entstehen kann (vgl. BGHR StPO
§ 267 Berichtigung 1).
So liegt es hier. Durch das "Nachschieben" der Feststellungen zur
Person des Angeklagten sollte ein dem Urteil anhaftender Rechtsfehler
beseitigt werden. Dass dieser auf einer Nachlässigkeit der
erkennenden Richter bei Durchsicht der Urteilsurkunde vor deren
Unterzeichnung beruht, vermag an diesem Umstand nichts zu
ändern.
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Tepperwien Maatz Kuckein Richterin am BGH Solin-Stojanović
Sost-Scheible ist wegen Urlaubs gehindert zu unterschreiben. Tepperwien |