BGH,
Beschl. v. 24.11.2000 - 2 StR 361/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 361/00
vom
24. November 2000
in der Strafsache gegen
wegen Raubes u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 24. November 2000 einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Kassel vom 14. Februar 2000 im Strafausspruch mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Raubes in zwei
Fällen, jeweils in Tateinheit mit vorsätzlicher
Körperverletzung, unter Einbeziehung einer Strafe aus einer
Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei
Monaten sowie wegen eines weiteren Raubes in Tateinheit mit
vorsätzlicher Körperverletzung zu einer
Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die hiergegen eingelegte,
auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte
Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus dem
Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im
übrigen ist sie unbegründet im Sinne von §
349 Abs. 2 StPO.
1. Der Schuldspruch begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Das betrifft
insbesondere auch die Feststellungen zum Fall 2. Die hiergegen
gerichtete Verfahrensrüge greift nicht durch. Mit der
Rüge eines Verstoßes gegen § 261 StPO kann
nicht geltend gemacht werden, der Tatrichter habe sich mit einem
Widerspruch zwischen dem Inhalt eines Vernehmungsprotokolls, das einem
als Zeugen vernommenen Vernehmungsbeamten vorgehalten wurde, und der
abweichenden Aussage des von ihm damals Vernommenen in der
Hauptverhandlung in den Urteilsgründen nicht
auseinandergesetzt. Gerügt wird hiermit in Wahrheit ein
(sachlich-rechtlicher) Erörterungsmangel oder eine
"Aktenwidrigkeit" der tatrichterlichen Feststellungen. Der behauptete
Widerspruch kann aber durch die Vernehmung der Zeugen ohne weiteres
ausgeräumt worden sein. Die Rüge ist daher, weil sich
aus den Urteilsgründen ein Erörterungsmangel nicht
ergibt, auf eine unzulässige Rekonstruktion der
Hauptverhandlung durch das Revisionsgericht gerichtet. Ein in der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannter Ausnahmefall liegt
hier nicht vor, da der von der Revision vorgetragene Akteninhalt nicht
durch Urkundenbeweis, sondern im Wege des Vorhalts an einen Zeugen in
die Hauptverhandlung eingeführt wurde.
2. Der Strafausspruch kann jedoch nicht bestehen bleiben.
Zutreffend hat das Landgericht erkannt, daß aus den
für die Taten vom 20. August und 10. Dezember 1998 zu
verhängenden Einzelstrafen und den durch das
rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts Kassel vom 12.
März 1999 verhängten Strafen eine Gesamtstrafe nach
§ 55 StGB zu bilden war und daß diese
Vorverurteilung eine Zäsurwirkung entfaltet, so daß
die Einzelstrafe von zwei Jahren für die Tat vom 25. August
1999 gesondert bestehen bleibt. In die Gesamtstrafe hat das Landgericht
aber nach dem Urteilstenor die "Einzelstrafe von 13 Monaten" aus dem
Urteil vom 12. März 1999 einbezogen; auch die
Urteilsgründe führen insoweit aus, es sei "die
Verurteilung zu 13 Monaten Freiheitsstrafe" einzubeziehen gewesen (UA
S. 23). Nach den Feststellungen (UA S. 5) handelte es sich hierbei
jedoch um eine wegen zwei Taten verhängte Gesamtstrafe. Die
Höhe der Einzelstrafen teilt das Urteil nicht mit. Das ist
rechtsfehlerhaft, weil bei einer nachträglichen
Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB eine frühere
Gesamtstrafe aufzulösen ist und der Bildung der
nachträglichen Gesamtstrafe die Einzelstrafen aus der
früheren Verurteilung und die wegen der vor diesem Zeitpunkt
begangenen Taten verhängten Einzelstrafen zugrundezulegen sind
(BGHSt 35, 243, 245; 41, 374, 375; 43, 34, 35; vgl.
Tröndle/Fischer 49. Aufl. § 55 Rdn. 5 m.w.N.). Es
kann nicht ausgeschlossen werden, daß sich der Rechtsfehler
zu Lasten des Angeklagten ausgewirkt hat. Dies würde auch dann
gelten, wenn das frühere Urteil auf eine Gesamtstrafe erkannt
hätte, aber keine Einzelstrafen enthielte (vgl. dazu BGHSt 41,
374; 43, 34; 44, 179; BGH NStZ 1999, 185; wistra 1999, 262).
3. Der Senat hebt den Strafausspruch insgesamt auf, um dem neuen
Tatrichter eine umfassende neue Zumessung zu ermöglichen.
Dieser wird bei der Neubemessung auch zu berücksichtigen
haben, daß zum Zeitpunkt der Taten 1 und 2 entgegen den
Ausführungen des Landgerichts (UA S. 22/23) nur eine
einschlägige Vorverurteilung vorlag.
Jähnke Bode Rothfuß
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