BGH,
Beschl. v. 25.6.2002 - 4 StR 203/02
4 StR 203/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
25. Juni 2002
in der Strafsache gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat nach Anhörung
des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 25. Juni
2002 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Münster vom 21. Dezember 2001 im Gesamtstrafenausspruch mit
den Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere als Jugendschutzkammer zuständige Jugendkammer des
Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen
Mißbrauchs von Schutzbefohlenen in 12 Fällen zu
einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er
das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts
rügt. Das Rechtsmittel hat zum Gesamtstrafenausspruch Erfolg;
im übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs. 2 StPO.
1. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der
Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch und zu den
Einzelstrafaussprüchen keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum
Nachteil des Angeklagten ergeben. Insoweit nimmt der Senat auf die
Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts
vom 28. Mai 2002 Bezug.
2. Dagegen hält der Gesamtstrafenausspruch der rechtlichen
Überprüfung nicht stand. Zwar hat das Landgericht
nicht verkannt, daß die Einsatzstrafe von einem Jahr und
sechs Monaten Freiheitsstrafe Ausgangspunkt der Bemessung der
Gesamtstrafe ist. Demgegenüber läßt die von
der Jugendkammer festgesetzte Gesamtstrafe, die über dem
dreifachen der Einsatzstrafe liegt, besorgen, daß sich der
Tatrichter in zu starkem Maße von der Summe der Einzelstrafen
hat leiten lassen (vgl. BGHR StGB § 54 Abs. 1 Bemessung 8). Im
übrigen durfte das Landgericht zwar zu Lasten des Angeklagten
auch den "erheblichen Tatzeitraum" (UA 49) insbesondere der zum
Nachteil von Nina M. begangenen Taten berücksichtigen. Hierbei
hat es aber nicht erkennbar bedacht, daß die wiederholte
Verwirklichung gleichartiger Taten - namentlich wenn sie, wie hier,
sich über einen langen Zeitraum erstrecken - auch Ausdruck
einer von Tat zu Tat geringer werdenden Hemmschwelle sein kann (vgl.
BGHR StGB § 54 Abs. 1 Bemessung 2, 4, 8).
Der Senat schließt nicht aus, daß sich die
aufgezeigten Rechtsfehler bei der Bemessung der vergleichsweise hohen
Gesamtstrafe zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben.
Über die Gesamtstrafe ist deshalb neu zu befinden.
Tepperwien Maatz Athing Ernemann Sost-Scheible
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