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BGH, Beschluss vom 26. April 2001 - 5 StR 587/00


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 26.4.2001 - 5 StR 587/00
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
StGB § 266;
AO 1977 §§ 370 Abs. 1, 393 Abs. 1 Sätze 2 und 3
1. Die mangelhafte Dokumentation von Zahlungen kann nur dann eine im
Sinne des Untreuetatbestandes relevante Vermögensgefährdung begründen,
wenn im Einzelfall mit einer doppelten Inanspruchnahme zu rechnen
und aufgrund der unzureichenden Buchhaltung eine wesentliche Erschwerung
der Rechtsverteidigung zu besorgen ist.
2. Ist wegen der Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen ein
Strafverfahren anhängig, entfällt während der Dauer des Strafverfahrens
die Strafbarkeit hinsichtlich der Nichtabgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung.
BGH, Beschl. v. 26. April 2001 - 5 StR 587/00
LG Bochum -
5 StR 587/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 26. April 2001
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Untreue u. a.
- 3 -
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. April 2001
beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten L wird das Urteil
des Landgerichts Bochum vom 20. Juni 2000 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO aufgehoben, soweit dieser Angeklagte
wegen Steuerhinterziehung im Hinblick auf die
Umsatzsteuerjahreserklärung 1997 verurteilt wurde. Insoweit
wird der Angeklagte auf Kosten der Staatskasse
freigesprochen; dieser werden die ihm hierdurch entstandenen
notwendigen Auslagen auferlegt.
II. Auf die Revisionen der Angeklagten L , Dr. M
und B wird das vorgenannte Urteil gemäß § 349
Abs. 4 StPO - auch soweit es sich auf den Mitangeklagten
S bezieht - mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben,
a) soweit die Angeklagten wegen Untreue bzw. wegen
Beihilfe zur Untreue verurteilt wurden,
b) soweit der Angeklagte Dr. M wegen Betruges
verurteilt wurde, hinsichtlich des Strafausspruches,
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafen.
III. Die weitergehenden Revisionen werden gemäß § 349
Abs. 2 StPO verworfen.
IV. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die verbleibenden
Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
- 4 -
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten L wegen Beihilfe zur Untreue
in 195 Fällen und wegen Steuerhinterziehung in 19 Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Den Angeklagten
Dr. M hat es wegen Untreue in 93 Fällen, Steuerhinterziehung
in drei Fällen und wegen Betruges schuldig gesprochen und gegen ihn
eine
- zur Bewährung ausgesetzte - Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren sowie
eine Gesamtgeldstrafe von 220 Tagessätzen verhängt. Den Angeklagten
B hat das Landgericht wegen Untreue in 20 Fällen und wegen
Steuerhinterziehung in zwei Fällen mit einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem
Jahr und vier Monaten belegt und deren Vollstreckung zur Bewährung
ausgesetzt. Gegen dieses Urteil haben die Angeklagten jeweils im vollen
Umfang Revision eingelegt. Ihre Rechtsmittel haben in dem sich aus dem
Beschlußtenor ergebenden Umfang Erfolg; im übrigen sind sie unbegründet
im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Die Teilaufhebung des Urteils ist auf den
nicht revidierenden Mitangeklagten S zu erstrecken, der wegen Untreue
in 82 Fällen und wegen Steuerhinterziehung in drei Fällen zu einer -
zur Bewährung ausgesetzten - Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und
zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen verurteilt wurde.
I.
Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte L ,
der ein Umzugsunternehmen betrieb, mit Tochtergesellschaften der Firma
K Rahmenverträge abgeschlossen. Im Hinblick auf den dort von ihm
ausgehandelten niedrigen Preis rechnete der Angeklagte L über einen
erheblichen Zeitraum jeweils (meistens zwei) Träger zusätzlich ab, ohne daß
diese auch eingesetzt worden wären. Die Mitangeklagten Dr. M , S
- 5 -
und B , sämtlich Beschäftigte des K -Konzerns, zeichneten die
vom Angeklagten L gefertigten Rechnungen in Kenntnis ihrer Unrichtigkeit
als sachlich richtig ab, woraufhin die überhöhten Beträge an den Angeklagten
L ausbezahlt wurden. Den Mitangeklagten B und S
zahlte der Angeklagte pro Umzugswagen einen Betrag von 100,00 DM. Als
der Angeklagte Dr. M sich bereits im Vorruhestand befand, reaktivierte
ihn die Firmenleitung wieder. Um den ungeschmälerten Erhalt seiner sozialversicherungsrechtlichen
Ansprüche nicht zu gefährden, wurden die geleisteten
Arbeitsstunden im Einverständnis mit einem Vorstandsmitglied, dem
Zeugen Br , über den Angeklagten L abgerechnet. Auch insoweit hat
dieser überhöhte Rechnungen gestellt und den Mehrbetrag an den Angeklagten
Dr. M weitergeleitet.
Das Landgericht hat die jeweils bestätigte Falschabrechnung als Untreue
der Angeklagten Dr. M , S und B sowie als Beihilfe zur
Untreue durch den Angeklagten L gewertet. Den Angeklagten Dr. M
hat es wegen des Verheimlichens seiner Einkünfte aus der Tätigkeit gegenüber
der Arbeitsverwaltung zudem wegen Betruges verurteilt.
Die Angeklagten Dr. M , S und B haben in ihren jeweiligen
Einkommensteuererklärungen die von L erhaltenen Geldbeträge
nicht angegeben, weshalb eine zu niedrige Steuer festgesetzt wurde. Der
Angeklagte L hat in erheblichem Umfang Umsätze nicht verbucht und die
Erlöse hieraus in Einkommensteuererklärungen, Gewerbesteuererklärungen
sowie in seinen Umsatzsteuervoranmeldungen auch gegenüber den Finanzbehörden
verheimlicht. Für das Jahr 1997 hat er keine Umsatzsteuerjahreserklärung
abgegeben. Insgesamt hinterzog er Einkommensteuer in Höhe
von über 1.000.000,00 DM, Gewerbesteuer in Höhe von 490.000,00 DM und
für die Jahre 1992 bis 1996 Umsatzsteuer in Höhe von 550.000,00 DM sowie
allein für 1997 Umsatzsteuer in Höhe von 540.000,00 DM.
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II.
Die Revisionen der Angeklagten führen jeweils aufgrund der Sachrüge
zu einer Teilaufhebung des Schuldspruchs.
1. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilungen
wegen Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue durch die Falschabrechnung
weiterer Träger nicht. Nach den Urteilsgründen geht das Landgericht
von einem abschließenden Charakter der schriftlichen Rahmenvereinbarung
aus, ohne allerdings näher auszuführen, wann und von wem diese Rahmenverträge
jeweils auf Seiten der K -Unternehmungen unterzeichnet wurden.
Auf der Grundlage der Einlassung des Angeklagten L unterstellt das
Landgericht aber zu seinen Gunsten, daß diese Abrechnungspraxis von
“verantwortlichen” Mitarbeitern in der Einkaufsabteilung stillschweigend geduldet
worden sei. Eine solche Einwilligung habe jedoch keine rechtliche
Relevanz erlangt, weil die hierfür zuständigen Mitarbeiter im Einkauf vom
Vorstand angewiesen worden seien, keine Preiserhöhungen zuzugestehen.
Damit hat das Landgericht die maßgeblichen Vertragsgrundlagen nicht ausreichend
aufgeklärt.
a) Das Landgericht läßt bereits offen, ob die “verantwortlichen” Mitarbeiter
der Einkaufsabteilung zu einem Vertragsschluß mit dem Angeklagten
L bevollmächtigt waren. Läge eine entsprechende Vertretungsmacht vor,
könnte in der späteren stillschweigenden Duldung der Abrechnungspraxis,
von der das Landgericht ausgeht, eine konkludente Nachtragsvereinbarung
gesehen werden, die den ursprünglichen Rahmenvertrag ergänzt und teilweise
auch abbedungen hat.
aa) Ob die Begleichung der - gemessen an der Rahmenvereinbarung
überhöhten - Rechnungen als Einverständnis in eine konkludente Vertragsänderung
angesehen werden durfte, ist nach §§ 133, 157 BGB zu be-
7 -
urteilen. Danach ist maßgeblich, inwieweit der Angeklagte L das Verhalten
derjenigen Personen, die zum Abschluß einer Vereinbarung befugt sind,
als eine entsprechende Willenserklärung ansehen durfte (vgl. BGHZ 109,
171, 177; 91, 324, 328 ff.). Dies wird insbesondere anhand der beiderseitigen
Interessenlage und des Verhaltens der Betreffenden im einzelnen zu
bestimmen sein.
Für die Frage, in welchem Umfange die Einkaufsabteilung von den
einzelnen Geschäftsvorfällen Kenntnis erlangt hat, kann die Feststellung des
Landgerichts Bedeutung gewinnen, daß dort die Beschaffungsaufträge im
Einzelfall erst ausgelöst wurden, nachdem die Arbeiten bereits durchgeführt
waren und die Rechnung vorlag. Gerade diese Vertragspraxis konnte dem
Angeklagten L den Eindruck vermitteln, daß diese Form der Gesamtabrechnung
insgesamt von einem zum Vertragsschluß Bevollmächtigten aus
der Einkaufsabteilung gebilligt werde. Der Annahme einer Änderungsvereinbarung
würde es im übrigen nicht entgegenstehen, wenn die Vertreter der
K -Firmen kein entsprechendes Erklärungsbewußtsein gehabt haben
sollten (BGHZ aaO). Insoweit reicht aus, daß sie jedenfalls den ihrem Handeln
beizumessenden Erklärungswert hätten erkennen können. Die konkludente
Abänderung kann im übrigen auch einen schriftlich abgefaßten Vertrag
betreffen, selbst soweit dieser eine Schriftformklausel dergestalt enthalten
sollte, zukünftige Änderungen oder Ergänzungen nur schriftlich abzufassen
(BGHZ 71, 162, 164; 66, 378, 381).
bb) Zwar mag den Schmiergeldzahlungen des Angeklagten L an
die Mitangeklagten B und S eine gegen eine konkludente Übereinkunft
sprechende indizielle Wirkung entnommen werden können. Dennoch
läßt sich auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Landgerichts
eine Abänderungsvereinbarung nicht ausschließen. Einmal lagen die
Preise des Angeklagten L , die längere Zeit im wesentlichen unverändert
blieben, erheblich unter Marktniveau, was auch im Zuge der Fusion
- 8 -
K /H deutlich wurde. Bei einem in diesem Zusammenhang vorgenommenen
Preisvergleich haben Mitarbeiter von K /H erhebliche
Differenzen zu den Preisen von Vertragspartnern der Firma H festgestellt,
was schließlich auch zu beträchtlichen Erhöhungen der Vergütungen
zugunsten des Angeklagten L führte. Zudem erbrachte der Angeklagte
L mit seiner Firma noch weitere Arbeiten, nämlich in der Art eines Hausmeisters
auch Reparatur-, Wartungs- und Aufbereitungsarbeiten, für die in
den Rahmenverträgen keine Vergütung vorgesehen war und die der Angeklagte
L auch nicht abrechnete. Nach § 612 Abs. 1, § 632 Abs. 1 BGB gilt
eine Vergütung hierfür jedoch stillschweigend als vereinbart, weil bei einem
Gewerbebetrieb die unentgeltliche Übernahme solcher Arbeiten nicht zu erwarten
und nach § 612 Abs. 2, § 632 Abs. 2 BGB in Ermangelung einer konkreten
Vergütung jeweils der marktübliche Preis geschuldet war. Diese Umstände
könnten einen Anhalt bilden, daß tatsächlich im Wege einer konkludenten
Übereinkunft jeweils zusätzlich zwei Träger abgerechnet werden
sollten, zumal auch die Höhe des hierdurch erreichten faktischen Mehrerlöses
durchschnittlich jeweils etwa 20 Prozent betrug, mithin also auch die
Lücke zu einer marktgerechten Vergütung im wesentlichen geschlossen wäre.
Schließlich endete auch die Abrechnung von zwei zusätzlichen Trägern
zu dem Zeitpunkt, zu dem die deutlich höheren Vergütungsregelungen zugunsten
des Angeklagten L in Zusammenhang mit der Fusion
K /H in Kraft traten.
b) Ebenso begegnet die Annahme des Landgerichts erheblichen Bedenken,
daß für eine Erhöhung der Vergütung des Angeklagten L aufgrund
einer Weisung des Vorstands kein Spielraum bestanden habe.
aa) Bezüglich des Inhalts der Weisung beschränken sich die Urteilsgründe
auf die Feststellung, daß “der Vorstand angewiesen habe, möglichst
Nullrunden zu fahren, also die Preise nicht zu erhöhen oder aber möglichst
niedrig zu halten”. Abgesehen davon, daß diese Weisung weder nach ihrer
- 9 -
Urheberschaft (einzelnes Vorstandsmitglied oder Gesamtvorstand, vom
Konzern oder von Tochtergesellschaft) noch datumsmäßig näher konkretisiert
wird, läßt sich aus dem mitgeteilten Inhalt auch nicht ohne weiteres eine
derartige Beschränkung der Vertretungsmacht der eigentlich zuständigen
Einkaufsabteilung entnehmen. Die Auslegung des sachlichen Umfangs einer
Vollmacht ist aber anhand der §§ 133, 157 BGB vorzunehmen (BGH NJW
1991, 3141). Schon aus dem Wortlaut der Anweisung kann - wie sich aus
der Einschränkung “möglichst” ergibt - kein absolutes Verbot hergeleitet
werden. Ein solches wäre im übrigen auch völlig unpraktikabel, weil eine
derart starre Regelung in einem größeren Konzern angesichts der raschen
wirtschaftlichen Veränderungen und der zwangsläufigen Preisschwankungen
gar nicht durchzuhalten wäre. Auch dieser Gesichtspunkt spricht dagegen,
der Anweisung des Vorstands diesen Erklärungswert beizumessen.
Angesichts des Wortlauts und der Interessenlage könnte das Schreiben des
Vorstands nicht als inhaltliche Beschränkung der Bevollmächtigung der zuständigen
Mitarbeiter der Einkaufsabteilung angesehen werden.
bb) Zwar kann trotz Bestehens einer Vollmacht ein Vertragsschluß
unwirksam sein, wenn der Vertragschließende gegen im Innenverhältnis bestehende
Weisungen verstößt und der Vertragspartner den Mißbrauch der
Vertretungsmacht kannte oder kennen mußte (vgl. BGHZ 113, 315, 320).
Das Landgericht hat jedoch nicht ausreichend dargetan, ob überhaupt eine
bindende Weisung vorlag. Der allgemein gehaltenen Vorgabe des Vorstands
kann nämlich durchaus nur der Charakter eines Appells dergestalt
beizumessen sein, nach Möglichkeit Preiserhöhungen mit Lieferanten zu
vermeiden und solchen nur in unumgänglichen Fällen zuzustimmen. Ein solches
Verständnis der Weisung des Vorstands wäre im übrigen auch naheliegend,
weil eine allzu pauschale Einengung der nachgeordneten Einkaufsabteilung
letztlich unpraktikabel und kontraproduktiv wäre. Selbst soweit
der Vorstand das Eingehen von entsprechenden Verbindlichkeiten mit
internen Berichtspflichten verbunden und der Angeklagte L dies gewußt
-1 0-
haben sollte, belegt dies nicht ohne weiteres die Kenntnis vom Mißbrauch
einer Vollmacht, wenn sich die - im Nachgang konkludent ausgehandelten -
Preise im Rahmen des Marktüblichen halten. Hierbei kann dann weiterhin
der Gesichtspunkt Gewicht erlangen, daß Nebenleistungen im Zusammenhang
mit Umzügen wie auch einzelne gesondert in Auftrag gegebene Hausmeisterarbeiten
auf diese Weise abgegolten werden sollten. Insoweit standen
nämlich den zuviel abgerechneten Trägern die nicht abgerechneten
sonstigen Arbeiten entgegen, für deren Erbringung der Angeklagte L
einen Vergütungsanspruch hatte. Insoweit hätte die Vergütung für zwei zusätzliche
Träger auch als Pauschalierung für die vom Angeklagten L zu
erbringenden Nebenleistungen verstanden werden können.
c) Da die Vertragsgrundlagen durch das Landgericht nicht rechtlich
bedenkenfrei geklärt sind, läßt sich auch nicht feststellen, ob und gegebenenfalls
inwieweit ein Nachteil im Sinne des § 266 StGB zu Lasten der
K -Firmen eingetreten ist. Der Nachteil würde sich nämlich aus der Differenz
zwischen dem tatsächlich abgerechneten und dem vertraglich vereinbarten
Preis ergeben. Dies setzt voraus, daß der - gegebenenfalls unter
Bedacht auf den Zweifelssatz zu ermittelnde - Vertragspreis für den jeweiligen
Zeitraum bestimmt und den tatsächlich abgerechneten Preisen gegenübergestellt
wird.
d) Die Schuldsprüche wegen Untreue können auch nicht in den Fällen
aufrechterhalten bleiben, in denen der Angeklagte L an die Mitangeklagten
S und B Schmiergelder gezahlt hat. Die Zahlung von
Schmiergeldern an Mitarbeiter des Vertragspartners begründet nur dann
eine Untreue im Sinne des § 266 StGB, wenn sich feststellen läßt, daß jedenfalls
diese Geldbeträge über den Preis auf den Vertragspartner umgelegt
wurden (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2001 - 5 StR 454/00 -). Ob dies angenommen
werden kann, hängt wiederum von dem noch zu klärenden Zustandekommen
einer konkludenten Änderungsvereinbarung ab. Läge näm-
1 1-
lich eine solche vor, dann hätte der Angeklagte L die Mitangeklagten
B und S aus der ihm insoweit insgesamt zustehenden Vergütung
bezahlt, weshalb ein Vermögensnachteil der K -Firmen ausscheidet.
Für die Vertragsgestaltung waren die Mitangeklagten S und
B , die nach der innerbetrieblichen Aufgabenverteilung mit Organisations-
und Umzugsfragen befaßt waren, auch nicht zuständig. Zahlungen an
sie können deshalb auch nicht ohne weiteres die zu vereinbarenden Vergütungen
beeinflußt haben. Insoweit sind die Zahlungen - wovon auch das
Landgericht auszugehen scheint - zumindest auch erfolgt, um überhaupt
Aufträge von den K -Firmen zu erlangen und diese zeitlich möglichst
wirtschaftlich für die Firma des Angeklagten L zu staffeln.
2. Das landgerichtliche Urteil war weiterhin auch insoweit aufzuheben,
als es die Angeklagten L und Dr. M wegen Untreue im Zusammenhang
mit der Vergütung für die Tätigkeit des bereits im Vorruhestand befindlichen
Angeklagten Dr. M verurteilt hat. Das Landgericht hat dabei den
der jeweiligen K -Firma entstandenen Nachteil darin gesehen, daß deren
Vermögen durch diese Abrechnungspraxis gefährdet worden sei. Obwohl
der Angeklagte Dr. M über seine geleisteten Arbeiten dem Vorstand
Br
monatliche Aufstellungen vorgelegt habe, hätten durch diese unkontrollierbare
Art der Abrechnung nämlich die K -Firmen die Erfüllung der Ansprüche
der Angeklagten L und Dr. M nicht nachweisen können.
Dies begegnet ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht allerdings nicht schon
in dem Zahlungsabfluß bei den K -Firmen einen Nachteil im Sinne des
§ 266 StGB gesehen. Der Angeklagte Dr. M konnte nämlich - ungeachtet
seines Vorruhestandes - aus seinem Arbeitsverhältnis die ausgehandelte
Vergütung beanspruchen. Zwar unterfiel seine Tätigkeit wegen der
-1 2-
Verletzung seiner sozialversicherungsrechtlichen Mitteilungspficht nach
§ 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I dem Ordnungswidrigkeitstatbestand des § 1 Abs. 1
Nr. 1 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit vom 6. Februar 1995
(BGBl. I S. 165). Dies führte jedoch nicht zu einem Wegfall seines Vergütungsanspruchs.
Anders als bei sonstigen Verstößen nach § 1 Abs. 1 Nr. 2
und 3 SchwarzarbG, die grundsätzlich die Nichtigkeit des Vertragsverhältnisses
nach § 134 BGB zur Folge haben (BGHZ 111, 308), wird bei einem
Verstoß gegen sozialversicherungsrechtliche Mitteilungspflichten nicht die
Arbeitsleistung an sich mißbilligt, sondern lediglich die Nichterfüllung sozialversicherungsrechtlicher
Pflichten hieraus. Bei derartigen Verstößen gegen
sozialversicherungsrechtliche Normen soll lediglich deren Erfüllung sichergestellt,
nicht aber die Unwirksamkeit des gesamten Rechtsverhältnisses
herbeigeführt werden (Kania in Personalbuch 2000 7. Aufl. “Schwarzarbeit”
Rdn. 3; Buchner in Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht Band 1- Individualarbeitsrecht
I 1992 § 37 Rdn. 64 ff.), zumal der Wegfall des Lohnanspruches
die Sozialkassen gerade nicht entlasten würde.
Mit der Abrechnung über den Angeklagten L ist hinsichtlich des
Gehaltsanspruches, der dem Angeklagten Dr. M aus seiner Tätigkeit
für die K -Firmen zustand, Erfüllung gemäß § 362 BGB eingetreten. Der
Zahlung seitens der K -Firma an den Angeklagten L stand somit eine
gleichwertige Gegenleistung gegenüber, weil damit deren Verbindlichkeit
gegenüber dem Angeklagten Dr. M erloschen ist. Welche Beweissituation
im Hinblick auf eine gerichtliche Durchsetzung der Lohnforderung
des Angeklagten Dr. M gegeben ist, ist unerheblich, wenn die Forderung
tatsächlich existiert (BGHR StGB § 266 Abs. 1 - Nachteil 46).
b) Ein Nachteil könnte sich für die K -Firmen deshalb allenfalls
daraus ergeben, daß sie ein zweites Mal auf die Begleichung der Forderungen
in Anspruch genommen werden könnten. Da sie für die Erfüllung beweisbelastet
sind, könnten die K -Firmen bei einer ungerechtfertigten
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zweiten Geltendmachung dieser Ansprüche in ihrer Rechtsverteidigung beeinträchtigt
gewesen sein. Dieses beweismäßige Defizit besteht letztlich in
einer unzureichenden buchhalterischen Erfassung des Zahlungsflusses
durch die K -Firmen. Eine falsche Buchführung begründet aber nicht
schon als solche einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB (BGHSt 20, 304;
BGH StV 1996, 431). In ständiger Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof
in den Fällen unordentlicher Buchführung vielmehr nur einen Nachteil im
Sinne des § 266 StGB angenommen, soweit die Durchsetzung berechtigter
Ansprüche erheblich erschwert, wenn nicht verhindert worden ist (BGH aaO;
vgl. weiter BGHR StGB § 266 Abs. 1 - Nachteil 12). Dieser Ansatz der
Rechtsprechung, der in der Literatur weitgehend auf Zustimmung gestoßen
ist (Schünemann in LK 11. Aufl. § 266 Rdn. 146; Lenckner/Perron in Schönke/
Schröder StGB 26. Aufl. § 266 Rdn. 45 jeweils mit umfänglichen Nachweisen),
muß sinngemäß auch für die umgekehrte Sachverhaltskonstellation
gelten. Erleichtert eine fehlerhafte Buchführung die Geltendmachung ungerechtfertigter
Ansprüche Dritter, begründet dies ebenfalls nicht per se eine
schadensgleiche Vermögensgefährdung, die einen Nachteil im Sinne des
§ 266 StGB darstellt. Auch hier liegt eine im Sinne des Untreuetatbestandes
relevante Vermögensgefährdung nur dann vor, wenn aufgrund der Umstände
des Einzelfalls mit einer ungerechtfertigten Doppelinanspruchnahme zu
rechnen und aufgrund der unzureichenden Buchhaltung eine wesentliche
Erschwerung der Rechtsverteidigung zu besorgen ist.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Nach den Feststellungen des Landgerichts fehlen jegliche Anhaltspunkte
dafür, daß überhaupt ein solches Vorgehen seitens der Angeklagten L
und Dr. M in Aussicht genommen oder gar angedroht war. Vielmehr
hätten beide Angeklagte im Falle einer gerichtlichen Geltendmachung damit
rechnen müssen, daß das gesamte - letztlich zum Nachteil der Sozialverwaltung
entwickelte - Abrechnungssystem ruchbar geworden wäre. Auf der
Grundlage der den Angeklagten ihrerseits zur Verfügung stehenden Be-
1 4-
weismittel wäre auch eine entsprechende Geltendmachung mit erheblichen
Schwierigkeiten verbunden gewesen. Der Angeklagte Dr. M , der im
Vorruhestand auf Stundenbasis tätig wurde, hätte kaum überhaupt einen
Anspruch, schon gar nicht in diesem Umfang, nachweisen können. Im Hinblick
auf den Angeklagten L bestand zu keinem Zeitpunkt die Gefahr
einer Doppelinanspruchnahme.
c) Allein der Gesichtspunkt, daß ein Abrechnungssystem gewählt
wurde, das - was die Festlegung der geleisteten Stunden wie auch die Auszahlung
der hierfür entstandenen Vergütung angeht - risikobehaftet war,
rechtfertigt nicht die Annahme eines Nachteils im Sinne des § 266 StGB.
Genau diese Form der Entlohnung war nämlich zwischen dem Angeklagten
Dr. M und dem Vorstandsmitglied Br vereinbart. Die hierdurch für
den Angeklagten Dr. M geschaffene Möglichkeit, dieses System zu
mißbrauchen, reicht für eine Strafbarkeit nach § 266 StGB nicht aus. Daß er
es tatsächlich zu seinem Vorteil und zum Nachteil der K -Firmen ausgenutzt
hat, hat das Landgericht nicht festgestellt.
d) Insoweit konnte der Senat die Angeklagten L und Dr. M
allerdings nicht schon aus Rechtsgründen nach § 354 Abs. 1 StPO freisprechen.
Den jeweiligen Einzelabrechnungen, die das Landgericht als selbständige
Untreuehandlungen ausgeurteilt hat, läßt sich nämlich nicht entnehmen,
ob die Erhöhung der Transportvergütung allein der absprachegemäßen
Finanzierung der Tätigkeit des Angeklagten Dr. M gedient hat.
Soweit darüber hinausgehende Falschabrechnungen des Angeklagten L
erfolgt sind, ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen, ob und gegebenenfalls
in welchem Umfang der Angeklagte Dr. M dies auch erkannt hat.
3. Die Verurteilung des Angeklagten L wegen Steuerhinterziehung
durch die Nichtabgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung für 1997 kann aus
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Rechtsgründen keinen Bestand haben; insoweit war der Angeklagte freizusprechen.
a) Der Angeklagte L hatte im Jahr 1997 von Januar bis Oktober
jeweils inhaltlich unrichtige monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben,
insoweit ist er vom Landgericht auch verurteilt worden. Bereits mit
seiner Verhaftung im Dezember 1997 wurde ihm eröffnet, daß ein Steuerstrafverfahren
gegen ihn am 9. Dezember 1997 eingeleitet worden war. Die
unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen des Jahres 1997 waren sodann
Gegenstand des Haftbefehles vom 5. März 1998, wobei dieser zusätzlich
noch die Umsatzsteuervoranmeldung für November 1997 umfaßte. Angesichts
dieser Situation war der Angeklagte L - unter dem steuerstrafrechtlichen
Aspekt - nicht mehr verpflichtet, eine Umsatzsteuerjahreserklärung
für 1997 abzugeben.
b) Einer Verurteilung steht hier das in § 393 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AO
normierte Zwangsmittelverbot (“nemo tenetur se ipsum accusare”) entgegen
(vgl. BGH wistra 1993, 66, 68). Danach sind im Besteuerungsverfahren
Zwangsmittel im Sinne des § 328 AO gegen den Steuerpflichtigen unzulässig,
wenn er dadurch gezwungen würde, sich selbst wegen einer von ihm
begangenen Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit zu belasten, insbesondere
wenn insoweit bereits ein Strafverfahren eingeleitet worden ist.
aa) Allerdings kennt die Rechtsordnung kein ausnahmsloses Gebot,
daß niemand zu Auskünften gezwungen werden darf, durch die er eine von
ihm begangene strafbare Handlung offenbaren muß (BVerfGE 56, 37, 42).
Ausnahmen können insbesondere dann gegeben sein, wenn - außerhalb
eines Strafverfahrens - das Interesse eines gesetzlich Auskunftspflichtigen
mit dem berechtigten Informationsbedürfnis anderer, z. B. von Behörden,
kollidiert (vgl. BVerfGE aaO S. 45). Die gleichmäßige Besteuerung nach der
Leistungsfähigkeit und die Steuergerechtigkeit sind ebenso Abwägungskriterien
wie die Notwendigkeit eines gesicherten Steueraufkommens für den
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Staat, damit er seinen vielfältigen Aufgaben gerecht werden kann. Es ist daher
sachlich gerechtfertigt, daß die Steuerpflichtigen zur wahrheitsgemäßen
Auskunft verpflichtet sind ohne Rücksicht darauf, ob hierdurch Straftaten
oder Ordnungswidrigkeiten aufgedeckt werden (BVerfG - Kammer -
wistra 1988, 302).
bb) Bei divergierenden verfahrensrechtlichen Grundsätzen ist indes
auch im Besteuerungsverfahren auf die strafprozessualen Rechte der Betroffenen
Bedacht zu nehmen. Andernfalls wäre das berechtigte Verteidigungsverhalten
eines Beschuldigten im Strafverfahren tangiert. Im Falle der
Einleitung eines Steuerstrafverfahrens soll daher dem Betroffenen erspart
bleiben, mit Zwangsmitteln zur Abgabe von Erklärungen im Besteuerungsverfahren
gezwungen zu werden, mit denen er von ihm begangene Steuerstraftaten
offenbaren müßte. Dem wird von Gesetzes wegen durch § 393
Abs. 1 Sätze 2 und 3 AO Rechnung getragen. Auf eine solche Offenbarung
früherer eigener Steuerstraftaten liefe es aber hinaus, wenn der Betroffene
durch die gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO strafbewehrte Pflicht zur Abgabe
einer Steuererklärung gezwungen wäre, mit der er - bei wahrheitsgemäßer
Darstellung - vorangegangene Hinterziehungen aufdecken müßte.
cc) In der nach § 18 Abs. 3 UStG abzugebenden Umsatzsteuerjahreserklärung
hat der Unternehmer die zu entrichtenden Steuern bzw. den Überschuß
selbst zu berechnen. Seine Erklärungspflicht erstreckt sich dabei auf
dieselbe Steuerart hinsichtlich eines Gesamtzeitraums, für den er nach § 18
Abs. 1 und 2 UStG bereits Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben hatte.
Bei der Pflicht zur Abgabe einer Jahreserklärung handelt es sich um eine
gegenüber der Pflicht zur Abgabe von Voranmeldungen eigenständige Erklärungspflicht,
deren Nichterfüllung einen selbständigen Unrechtsgehalt
besitzt (vgl. BGHR AO § 370 Abs. 1 - Konkurrenzen 13). Da die von beiden
Erklärungspflichten umfaßten Zeiträume bei gleicher Steuerart teilidentisch
sind und dasselbe Steueraufkommen betreffen, gerät der Steuerpflichtige,
-1 7-
der keine oder unrichtige bzw. unvollständige Umsatzsteuervoranmeldungen
abgegeben hat, hinsichtlich der Jahreserklärung in eine unauflösbare Konfliktlage,
wenn ihm im Hinblick auf die Umsatzsteuervoranmeldungen die
Einleitung eines Steuerstrafverfahrens bekanntgegeben worden ist. In einem
solchen Fall kann der Steuerpflichtige nämlich nicht mehr - wie ansonsten
möglich (vgl. BGHR AO § 371 Abs. 1 - Unvollständigkeit 2) - durch die Abgabe
einer wahrheitsgemäßen Umsatzsteuerjahreserklärung Straffreiheit für
die bezüglich der Umsatzsteuervoranmeldungen begangenen Steuerhinterziehungen
erlangen (vgl. § 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. b AO). Er kann im Rahmen
der Umsatzsteuerjahreserklärung entweder durch eine Korrektur mit den
richtigen Umsätzen sich selbst belasten oder den Steuerschaden durch die
Abgabe einer unrichtigen Jahreserklärung vertiefen. Diese Konfliktlage will
§ 393 Abs. 1 AO vermeiden. Dies kann im Falle der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens
im Hinblick auf Umsatzsteuervoranmeldungen nur bedeuten,
daß die Strafbewehrung der Verletzung der Pflicht zur Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung
bis zum 31. Mai des Folgejahres (§ 149 Abs. 2
AO) jedenfalls solange suspendiert ist, wie das Steuerstrafverfahren andauert
(vgl. auch Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht 5. Aufl. § 393
Rdn. 36 ff.; Meyer DStR 2001, 461, 465) und soweit sich die Erklärungszeiträume
der Steuererklärungen decken.
dd) Dem steht Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht entgegen,
wonach eine Einschränkung der Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen
oder der Feststellungslast nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens und
Schätzung nach § 162 Abs. 2 Satz 1 AO auf eine mit dem Gleichheitsgrundsatz
unvereinbare Privilegierung des in ein Strafverfahren verwickelten
Steuerpflichtigen hinausliefe und deshalb nicht in Betracht komme (BFH/NV
1997, 641; vgl. auch Schleswig-Holsteinisches FG, EFG 2001, 252; FG
Düsseldorf, 12. Mai 1999 - 9 V 2019/99 -; FG München EFG 1996, 570).
Der Senat kann offen lassen, ob dem in dieser Allgemeinheit zu folgen ist.
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Eine Abweichung liegt jedenfalls nicht vor. Zu differenzieren ist nämlich in
zweifacher Hinsicht:
(1) Das Zwangsmittelverbot beeinflußt nicht die bloße Mitwirkungspflicht
des Steuerpflichtigen und die sich daran anschließenden steuerrechtlichen
Folgerungen (z. B. Schätzung im Besteuerungsverfahren nach
§ 162 AO). Es berührt lediglich die strafrechtliche Sanktionierung dieser
Pflicht (vgl. BGH wistra 1999, 385 f.). Da die Androhung von Kriminalstrafe
im übrigen häufig in ihren Auswirkungen die in § 393 Abs. 1 Satz 2 AO in
Verbindung mit § 328 AO bezeichneten Zwangsmittel übertreffen wird, fordert
eine an dem Sinn und Zweck dieser Bestimmung orientierte Auslegung,
den Steuerpflichtigen auch im Falle einer notwendigen Selbstbelastung von
einer strafbewehrten Pflicht zur Selbstbezichtigung freizustellen (vgl. Hans-
OLG wistra 1996, 239). Insoweit konkretisiert die Regelung des § 393 Abs. 1
Sätze 2 und 3 AO für das Steuerstrafverfahren nur den allgemeinen Grundsatz,
daß eine unzumutbare Handlung nicht erzwungen werden darf, weil die
Zumutbarkeit normgemäßen Verhaltens bei jedem Unterlassungsdelikt vorliegen
muß (Stree in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. Vorbem. §§ 13 ff.
Rdn. 155 f.; vgl. auch BGH NStZ 1984, 164).
(2) Zum anderen findet das Zwangsmittelverbot dort seine Grenze, wo
es nicht mehr um ein bereits begangenes steuerliches Fehlverhalten des
Betroffenen geht, hinsichtlich dessen ein Steuerstrafverfahren bereits eingeleitet
ist. Selbst wenn die Abgabe der Steuererklärungen für nachfolgende
Besteuerungszeiträume mittelbare Auswirkungen auf das laufende Steuerstrafverfahren
haben sollte, könnte das nicht ihre Unterlassung rechtfertigen,
weil andernfalls neues Unrecht geschaffen würde, zu dem das Recht auf
Selbstschutz nicht berechtigt (vgl. BGHSt 3, 18, 19; BGH wistra 1993, 66,
68), und gleichzeitig ein Verstoß gegen den steuerlichen Gleichbehandlungsgrundsatz
ermöglicht würde. Diese Einschränkung greift jedoch für das
Verhältnis von Umsatzsteuervoranmeldungen zur Umsatzsteuerjahreserklä-
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rung wegen der Gleichheit der betroffenen Steuerart und der Teilidentität
des von der jeweiligen Erklärungspflicht erfaßten Steueranmeldungszeitraums
sowie des betroffenen Steueraufkommens nicht ein. Der Senat
braucht daher nicht zu entscheiden, ob steuerliche Erklärungspflichten, die
lediglich mittelbar zu einer Selbstbelastung des Steuerpflichtigen in einem
Steuerstrafverfahren führen, ein strafrechtliches Verwertungsverbot auslösen
können, wie es etwa das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 56, 37,
41 ff.) im Fall von Angaben des Gemeinschuldners im Konkursverfahren
ausgesprochen hat (vgl. Rüping/Kopp NStZ 1997, 530, 533 f.).
III.
Das landgerichtliche Urteil war weiterhin bezüglich des Angeklagten
Dr. M im Ausspruch über die Einzelstrafe hinsichtlich der Verurteilung
wegen Betruges aufzuheben. Der Angeklagte Dr. M hat sich des Betruges
in der Begehungsform des Unterlassens schuldig gemacht, weil er
- entgegen seiner in § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I normierten Offenbarungspflicht
- gegenüber den Sozialbehörden den empfangenen Arbeitslohn verschwiegen
hat. Hinsichtlich der Tatbestandsverwirklichung durch Unterlassen
eröffnet § 13 Abs. 2 StGB eine Milderungsmöglichkeit nach § 49
Abs. 1 StGB. Die Prüfung, ob eine solche Strafrahmenverschiebung vorzunehmen
ist (vgl. BGHR StGB § 13 Abs. 2 - Strafrahmenverschiebung 1, 2),
hat das Landgericht verabsäumt.
Soweit der Schuldspruch des landgerichtlichen Urteils bestätigt wird,
können die verhängten Einzelstrafen im übrigen aufrechterhalten bleiben.
Der Senat kann ausschließen, daß diese Strafen von den Rechtsfehlern beeinflußt
worden sind, die zu einer Teilaufhebung des Urteils geführt haben.
IV.
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Die Aufhebung im Schuldspruch wegen Untreue war gemäß
§ 357 StPO auf den nichtrevidierenden Mitangeklagten S zu erstrekken,
weil der sachlich-rechtliche Mangel in gleicher Weise auch ihn betrifft.
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Anhaltspunkte, die eine andere rechtliche Beurteilung ihm gegenüber
rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Der Nichtrevident ist zur Anwendung
des § 357 StPO angehört worden und hat ihr nicht widersprochen.
Harms Häger Basdorf
Raum Brause



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