BGH,
Beschl. v. 26.8.2003 - 5 StR 188/03
5 StR 188/03
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
26.08.2003
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue u.a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26.08.2003
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Neuruppin vom 13. November 2002 nach
§ 349 Abs. 4 StPO aufgehoben
a) in den Fällen 4 B, 4 C, 4 D; insoweit wird der Angeklagte
auf Kosten der Staatskasse freigesprochen;
b) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen
aa) in den Fällen 1, 7 und 8 im Schuldspruch;
bb) im gesamten Strafausspruch.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2
StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer
Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden
Kosten des Rechtsmittels, an eine andere
Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vorteilsannahme und
Untreue in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
einem Jahr und
zehn Monaten verurteilt und die Vollstreckung der Strafe zur
Bewährung
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ausgesetzt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge
den im Beschlußtenor
ersichtlichen Erfolg; im übrigen ist sie aus den
Gründen der Antragsschrift
des Generalbundesanwalts vom 28. April 2003 unbegründet im
Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Der Angeklagte war Amtsdirektor des Amtes T im Landkreis
O -R . In dieser Eigenschaft hat er nach den Feststellungen des
Landgerichts zu Lasten des Amtes und der von diesem verwalteten
Gemeinden
Vermögensnachteile bewirkt und in einem Fall einen Vorteil
gefordert.
1. In den Fällen 4 B, 4 C und 4 D hat das Landgericht den
Angeklagten
wegen Untreue verurteilt, da er einen im Eigentum des Amtes stehenden
Traktor während des Jahres 2000 wiederholt für eigene
Zwecke genutzt
hatte. Dies hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht
stand. Schon die Annahme,
der Angeklagte habe das Fahrzeug jeweils täglich
länger als eine Stunde
genutzt, erweist sich als bloße Vermutung, die die
Schuldsprüche nicht tragen
kann (vgl. BGH StV 2002, 235 m. w. N.). So führt die
Strafkammer selbst
aus, sie habe die täglichen Nutzungszeiten „nicht
mehr überprüfen können“
(UA S. 48). Lassen sich die Nutzungszeiten nicht mehr
aufklären, muß zu
Gunsten des Angeklagten davon ausgegangen werden, daß die von
ihm geleistete
Nutzungsgebühr eine ausreichende Kompensation für den
Gebrauch
des Fahrzeugs darstellt (vgl. BGH wistra 2002, 300, 301 m. w. N.) oder
der
Angeklagte zumindest davon ausging. Dies gilt auch im Blick auf die
Ausführungen
des Landgerichts zu einem Nachteil in Gestalt einer
Vermögensgefährdung.
Da weitere Feststellungen auszuschließen sind, spricht der
Senat
den Angeklagten insoweit frei (vgl. BGH NJW 1999, 1562, 1564).
2. Auch die Verurteilung im Fall 1 ist nicht frei von Rechtsfehlern. Die
Strafkammer sieht den Mißbrauchstatbestand als
erfüllt an, da der Angeklagte
ein Grundstück einer amtsangehörigen Gemeinde
für 50.000 DM veräußerte
und dabei zu Gunsten der Gemeinde der Eintragung eines Nutzungsrechts
von nur zehn Jahren zustimmte, obwohl die Gemeindevertre-
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tung den Verkauf zu diesem Preis bei Einräumung eines
dreißigjährigen Nutzungsrechts
beschlossen hatte.
Die diesen Feststellungen zugrundeliegende Beweiswürdigung ist
lükkenhaft
und begründet einen sachlich-rechtlichen Mangel. Nach den
Urteilsgründen
hat der Notar, der den Grundstückskaufvertrag und die
Auflassung
beurkundet hat, in eben dieser Urkunde ausdrücklich darauf
hingewiesen,
daß ein nur zehnjähriges Nutzungsrecht dem
Beschluß der Gemeindevertretung
widerspreche (UA S. 8). Gerade vor dem Hintergrund der Einlassung
des Angeklagten, er sei aufgrund von Äußerungen von
Gemeinderatsmitgliedern
davon ausgegangen, daß es zwischenzeitlich zu einem weiteren
Gemeinderatsbeschluß
und der Bewilligung der kürzeren Nutzungsdauer gekommen
sei, hätte das Landgericht darlegen müssen, warum es
gleichwohl
- zumal erst über zwei Jahre später - zur Eintragung
eines auf nur zehn Jahre
befristeten Nutzungsrechts in das Grundbuch gekommen ist. Da die
Revision
insoweit schon mit der Sachrüge durchdringt, kann
offenbleiben, ob sich
das Gericht im Urteil (UA S. 30 Mitte) nicht in Widerspruch zu der
Begründung
des Beschlusses gesetzt hat, mit dem die Vernehmung des Zeugen
W als bedeutungslos abgelehnt worden ist (vgl. BGHR StPO § 244
Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 22).
3. Schließlich hat auch die Verurteilung des Angeklagten in
den Fällen
7 und 8 keinen Bestand. Das Landgericht sieht den Treuebruchstatbestand
darin erfüllt, daß der Angeklagte zum Einsatz in
amtsangehörigen Gemeinden
einen Pritschenwagen und einen Pflug mit treuhänderisch
für die Gemeinden
gebundenen Mitteln erworben hatte, obwohl diese Gegenstände
für
die Gemeinden objektiv untauglich gewesen wären.
Nach ständiger Rechtsprechung macht der weite Rahmen des
objektiven
Tatbestandes der Untreue erforderlich, strenge Anforderungen an den
Nachweis der inneren Tatseite zu stellen. Dies gilt um so mehr, wenn nur
bedingter Vorsatz in Frage steht und der Täter - wie hier -
nicht eigennützig
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gehandelt hat (vgl. BGHSt 47, 295, 302; BGHR StGB § 266 Abs. 1
Nachteil
38 und 48, S. 9 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Der
Täter
muß sich nicht nur der Pflichtwidrigkeit seines Tuns, sondern
auch und gerade
des dadurch bewirkten Nachteils für das zu betreuende
Vermögen bewußt
sein (BGH aaO).
Diesen Anforderungen wird das Urteil nicht gerecht. Die
Ausführungen
des Tatrichters zur subjektiven Tatseite erschöpfen sich
darin, daß dem Angeklagten
nicht habe nachgewiesen werden können, das Fahrzeug und den
Pflug zur privaten Nutzung im Landwirtschaftsbetrieb seiner Ehefrau
angeschafft
zu haben (UA S. 59, 60). Die fehlenden Feststellungen lassen sich
auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe
herleiten. Insoweit
kann vielmehr zu Gunsten des Angeklagten Bedeutung erlangen
- was allerdings angesichts bislang unvollständiger Angaben
zum Stand des
damaligen Ermittlungsverfahrens nicht abschließend beurteilt
werden kann -,
daß der Angeklagte im Oktober 2000 den Wagen verkauft sowie
den Pflug
an sich genommen und den betroffenen Gemeinden die Anschaffungskosten
vollständig ersetzt hat. Ungeachtet dieses Umstandes liegt ein
vorsätzliches
Handeln im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB aber schon nach den
bisher getroffenen
Feststellungen eher fern.
Nach alledem erübrigt sich derzeit ein näheres
Eingehen auf die Ausführungen
des Revisionsführers, mit denen er insbesondere das Vorliegen
eines Nachteils im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB in Abrede
stellt.
4. Die Aufhebung der Schuldsprüche in den Fällen 1, 4
B, 4 C, 4 D, 7
und 8 zieht die Aufhebung des gesamten Strafausspruchs nach sich. Der
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Senat kann nicht ausschließen, daß die Strafen in
den anderen Fällen durch
die Höhe der aufgehobenen Strafen, darunter die Einsatzstrafe,
zu Lasten
des Angeklagten beeinflußt sind.
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