BGH,
Beschl. v. 26.1.2006 - 5 StR 334/05
5 StR 334/05
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 26.1.2006
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26.01.2006 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Berlin vom 8. Dezember 2004 gemäß § 349
Abs. 4 StPO aufgehoben a) mit den zugehörigen Feststellungen
soweit der Angeklagte wegen Betrugs in vier Fällen -
Tatkomplex 4 der Urteilsgründe - verurteilt wurde, b) im
gesamten Strafausspruch. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten
wird nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen. 3. Im Umfang der
Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Verfahrens, an eine andere
Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. G r
ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in
vier Fällen, Subventionsbetrugs, Steuerhinterziehung in 18
Fällen, versuchter Steuerhinterziehung sowie
vorsätzlicher Verletzung der Buchführungspflicht zu
einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Seine hiergegen
gerichtete Revision hat in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen
Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im
Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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I. Nach den Feststellungen des Landgerichts - soweit sie den
Verurteilungen wegen Betrugs zugrunde liegen - erwarb der Angeklagte in
Berlin-Köpenick in der Wilhelminenhofstraße ein
Grundstück. Das mit einem denkmalgeschützten
Gebäude bebaute Anwesen wollte er ausbauen und modernisieren.
Zum Zwecke des Ankaufs und des Umbaus des
Gebäudegrundstücks nahm der Angeklagte, der im Mai
2000 einen entsprechenden Fördervertrag unterzeichnet hatte,
Fördermittel des Landes Berlin in Anspruch, die über
die I B B (IBB) ausgereicht wurden. Danach verpflichtete sich das Land
Berlin, das Vorhaben mit einem nicht rückzahlbaren
Baukostenzuschuss sowie einem zinslosen Darlehen bis zu einer maximalen
Höhe von jeweils 900.000 Euro zu fördern, wobei diese
Beträge später durch zwei
Änderungsverträge auf jeweils 840.000 Euro reduziert
wurden. Die Auszahlung der Fördermittel sollte entsprechend
dem Baufortschritt und den eingesetzten Eigenmitteln erfolgen. Der
Angeklagte legte, um Förderbeträge nach
Baufortschritt abrufen zu können, Rechnungen der L GmbH vor,
denen keine Leistungen zugrunde lagen. Der anderweitig verfolgte S ,
der faktisch die L GmbH leitete, erhielt für die Ausstellung
der Scheinrechnungen eine Provision in Höhe von 10 % der
Rechnungssumme. Die Arbeiten wurden tatsächlich von den
Unternehmen des Angeklagten, der B GmbH und der D GmbH, unter der
Bauleitung des Angeklagten ausgeführt. Auf der Grundlage der
Scheinrechungen leistete die IBB, nachdem die dort
beschäftigte Bauingenieurin G den entsprechenden Bautenstand
in quantitativer und qualitativer Hinsicht bestätigt hatte,
zwischen April und Dezember 2001 in vier Raten Zahlungen in
Höhe von ca. 400.000 DM, 720.000 DM, 430.000 DM und nochmals
430.000 DM an den Angeklagten. Das Landgericht hat hierin jeweils einen
Betrug zu Lasten des Landes Berlin gesehen, weil der Angeklagte durch
die Vorlage der Scheinrech-
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nungen eine Täuschungshandlung begangen habe. Selbst wenn er
die Bauarbeiten durch seine eigenen Unternehmen erbracht und den
jeweils vertraglich vorgesehenen Bautenstand erreicht hätte,
sei bei dem Land Berlin ein Schaden eingetreten. Der Angeklagte habe
aufgrund der vertragswidrigen Vorlage von Scheinrechnungen die ihn
treffenden vertraglichen Verpflichtungen nicht eingehalten. Da deshalb
die Voraussetzungen für die Förderung nicht
vorgelegen hätten, sei dem Land Berlin mit der Auszahlung ein
die gesamte Subventionsleistung umfassender Schaden entstanden, zumal
sich auch nicht feststellen lasse, in welcher Höhe vom
Angeklagten erbrachte Aufwendungen in die Sanierung eingeflossen seien.
II. Die Verurteilungen wegen Betrugs halten rechtlicher
Überprüfung nicht stand. 1. Die Ausführungen
des Landgerichts zum Vermögensschaden im Sinne des §
263 StGB begegnen durchgreifenden Bedenken. a) Nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt ein
Vermögensschaden vor, wenn durch die
Täuschungshandlung das Gesamtvermögen des
Verfügenden gemindert wird (BGHSt 16, 321, 325; 220, 221; 3,
99, 102; BGH NStZ 1997, 32). Bei Austauschverhältnissen ist
der gebotene Vermögensvergleich aufgrund einer Saldierung von
Leistung und Gegenleistung vorzunehmen. Dieser Grundsatz findet auch
bei Subventionsleistungen Beachtung, weil dort in vergleichbarer Weise
ein durch gegenseitige Pflichten geprägtes
Leistungsverhältnis gegeben ist. Das
Austauschverhältnis besteht bei der
Subventionsgewährung darin, dass der Subventionsnehmer
gegenüber dem Subventionsgeber die zweckgerichtete Verwendung
der ihm zugewandten Subventionsgelder schuldet (vgl. BGHR StGB
§ 266 Abs. 1 Nachteil 48). Diese Gegenseitigkeitsbeziehung
wird gestört, wenn die Mittelverwendung nicht dem
Subventionszweck entspricht. Deshalb fügt der-
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jenige dem Staat als dem Subventionsgeber einen Schaden zu, der sich
solche haushaltsrechtlich gebundenen Mittel erschleicht, obwohl er
nicht zu der begünstigten Bevölkerungsgruppe
zählt. Ein Schaden ergibt sich für den
Subventionsgeber dann daraus, dass die zweckgebundenen Mittel
verringert werden, ohne dass der erstrebte sozialpolitische Zweck
erreicht wird (BGHSt 31, 93, 95). Maßstab für die
Schadensbestimmung ist deshalb der Subventionszweck, wie er durch die
hierfür einschlägigen Rechtsgrundlagen umschrieben
ist. Wird der Zweck erreicht, dann führt ein sonstiger
Verstoß gegen haushaltsrechtliche Grundsätze nicht
ohne weiteres zu einem Vermögensschaden (vgl. auch BGHSt 31,
93, 96; 19, 37, 45). Dies entspricht im Übrigen der
ständigen Rechtsprechung zur vergleichbaren Problematik des
Nachteils beim Untreuetatbestand im Sinne des § 266 StGB (BGHR
StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 48, 54). b) Das Landgericht hat
keine konkreten Feststellungen zu dem hier der Subventionsvergabe
zugrunde liegenden Zweck getroffen. Es beschränkt sich auf die
Darlegung, dass die Förderleistung in Zusammenhang mit der
Sanierung denkmalgeschützter Bauwerke erbracht wurde.
Weiterhin nennt es Einzelheiten der Vertragsgestaltung, die z. B. ein
Verbot der Einschaltung von Generalunternehmen oder den weitgehenden
Ausschluss der Vergabe von Aufträgen an Subunternehmer
enthalten, was das Landgericht zutreffend als Kostensenkungsklausel
interpretiert, mit der Verteuerungen durch entsprechende
Zuschläge vermieden werden sollen Es liegt allerdings nahe,
dass der Denkmalschutz, nicht aber wirtschaftspolitische Ziele (etwa
die Stützung der mittelständischen Bauwirtschaft) den
wesentlichen Zweck der Subventionierung darstellten. Damit wollte der
Subventionsgeber die Konservierung und Sanierung von aus kulturellen,
geschichtlichen oder architektonischen Gründen erhaltenswerten
Gebäuden fördern. Er verfolgte dabei aber ersichtlich
auch das Interesse, die Eigentümer solcher Denkmale zu
unterstützen, die wegen der erhöhten Aufwendungen und
der eingeschränkten Nutzungsmöglichkeiten bei solchen
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Bauwerken ein besonderes Opfer tragen müssen. Sollte deshalb
die Förderung des Denkmalschutzes der Hauptzweck der
Förderung gewesen sein, ist zu beachten, dass der Angeklagte
den Subventionszweck - nämlich den denkmalschutzgerechten
Umbau des erworbenen Anwesens - jedenfalls dem Grunde nach
erfüllt haben könnte. Dies ließe sich
folgern aus den Bestätigungen der bei der IBB
beschäftigten Ingenieurin G , die quantitativ und qualitativ
den Eintritt des den Förderanträgen zugrunde gelegten
Bautenstandes festgestellt hat. Hätte der Angeklagte diese
Sanierungsarbeiten mit eigenen Kräften seiner eigenen Baufirma
erbracht, dann wären ihm grundsätzlich Aufwendungen
angefallen, die unter dem Gesichtspunkt des Subventionszwecks
ersatzfähig wären. Insoweit ist nämlich
sowohl der Subventionszweck der Förderung des Kulturguts
Denkmal als auch derjenige der individuellen Entlastung des aus dem
Denkmalschutz Verpflichteten erfüllt. c) Dies hat Auswirkungen
auf die Bestimmung des Betrugsschadens. Schaden in dem hier genannten
Sinn ist dann nicht der gesamte ausbezahlte Betrag, sondern lediglich
derjenige Anteil, der von dem Subventionsgeber zuviel an den
Angeklagten geleistet wurde. Entgegen der Auffassung des Landgerichts
erfüllt die wahrheitswidrige Vorlage der Rechnungen nicht
schon deshalb den Betrugstatbestand, weil die IBB als
Subventionsgeberin die Auszahlung hätte verweigern
können, wenn sie die Scheinrechnungen als solche erkannt
hätte. Der Beleg durch Rechnungen betrifft nämlich
lediglich den verwaltungstechnischen Nachweis der zweckgerechten
Erfüllung der Subvention. Eine Täuschung
über Nachweise reicht für sich genommen für
die Annahme eines Vermögensschadens im Sinne des §
263 StGB nicht aus (vgl. auch BGHSt 31, 93, 96). Der Betrug
schützt nämlich nicht die Wahrheit und das Vertrauen
im Geschäftsverkehr, sondern ist eine
Vermögensstraftat. Nicht die Täuschung an und
für sich, sondern die vermögensschädigende
Täuschung ist strafbar (BGHSt 16, 220, 221).
Maßgeblich ist deshalb, dass
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die Inanspruchnahme der Subvention auch zweckwidrig gewesen sein muss
(Cramer in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. §
263 Rdn. 104). Das Landgericht hätte deshalb den Wert der
Aufwendungen bestimmen müssen, die der Angeklagte durch seine
Unternehmen (Arbeitskosten, Geräteeinsatz und Material)
erbracht hat. Dies kann gegebenenfalls durch sachverständige
Hilfe oder im Wege einer Schätzung erfolgen. Die
Subventi-onsquote, die auf den Differenzbetrag entfällt, der
sich aus der Summe der Scheinrechnungen abzüglich der
tatsächlichen Aufwendungen des Angeklagten errechnet,
ergäbe dann den anzusetzenden Betrugsschaden. Sollte sich nach
der oben genannten Rechnungsmethode der Schaden nicht
aufklären lassen, käme in Betracht, die an den Zeugen
S für die Erstellung der Scheinrechnungen gezahlten
Provisionsleistungen in Höhe von 10 % der Rechnungssumme als
Mindestschaden anzusehen. Würde sich herausstellen, dass diese
Scheinrechnungen dem Erhalt der Subventionsleistungen gedient haben,
dann drängte sich auf, dass die eigenen Aufwendungen des
Angeklagten wenigstens 10 % unterhalb des Scheinrechnungsbetrages
gelegen haben müssen, weil anderenfalls die Einreichung von
Scheinrechnungen keinen Sinn für ihn gemacht hätte.
Insoweit gelten die Grundsätze, die von der Rechtsprechung zu
Schmiergeldern oder Ausgleichzahlungen als Mindestschaden bei Untreue-
oder Betrugshandlungen entwickelt wurden (vgl. BGHSt 47, 295, 298 f.;
49, 317, 332 f.; BGH, Urt. vom 2.12.2005 - 5 StR 119/05, zur
Veröffentlichung im BGHSt vorgesehen). Sollte der neue
Tatrichter keinen Vermögensschaden feststellen
können, käme eine Strafbarkeit nach § 264
StGB in Betracht. Voraussetzung hierfür wäre, dass
der Angeklagte als Subventionsempfänger die Subvention
für ein von ihm geführtes Unternehmen (zum Begriff
vgl. BGH NJW 2003, 2179, 2181) - wie im Tatkomplex 5 der
Urteilsgründe - in Anspruch genommen hat (§ 264 Abs.
7 Nr. 1 StGB).
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2. Mit der Aufhebung der Verurteilung wegen Betrugs entfallen die vier
höchsten Einzelstrafen. Dies zieht auch die Aufhebung der
restlichen Strafen nach sich, weil nicht ausgeschlossen werden kann,
dass die übrigen Strafen hierdurch beeinflusst waren. Einer
Aufhebung der Feststellungen bedarf es hierzu nicht. Der neue
Tatrichter wird aber im Hinblick auf die Strafzumessung bei den
Steuerhinterziehungen zu berücksichtigen haben, dass das
Landgericht im Tatkomplex 3 davon ausging, dass S die ihm
überwiesene Umsatzsteuer auch für das (Schein-)
Rechnung stellende Unternehmen anmelden würde. Ausgehend von
diesem Vorstellungsbild des Angeklagten wäre damit der von ihm
rechtswidrig in Anspruch genommene Vorsteuerabzug
berichtigungsfähig gewesen. Dies müsste bei der
Strafzumessung Berücksichtigung finden (vgl. BGHSt 47, 343,
350 ff.).
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