BGH,
Beschl. v. 27.4.2010 - 1 StR 153/10
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 153/10
vom
27. April 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Verabredung eines Totschlags
- 2 -
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. April 2010
beschlossen:
Die Revision des Angeklagten C. gegen das Urteil des Landgerichts
Mannheim vom 27. November 2009 wird mit der Maßgabe
verworfen, dass die Verurteilung auch wegen einer Verabredung zum
Menschenraub, auch hinsichtlich des Angeklagten Ca. , entfällt.
Der Angeklagte C. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Die Strafkammer hat Folgendes festgestellt:
1
Der Angeklagte C. beschloss, seine Ehefrau als Strafe dafür zu
töten, dass sie sich von ihm getrennt hatte und mit einem
anderen Mann zusammenlebte. Mit einem Elektroschockgerät bzw.
einem Pfefferspray wollte er sie wehrlos und bewegungsunfähig
machen, um sie dann entweder mit einem Messer zu töten, oder
zunächst mit Kabelbindern und Klebeband zu fixieren. Den
Leichnam oder den bewegungsunfähigen Körper wollte er
in einer Folie verpackt in den Rhein werfen. Falls er dies nicht
„fertig brächte“, wollte er sie
„an einen unbekannten Ort bringen und sie unter Ausnutzung
ihrer Hilflosigkeit gefügig“ machen. Es gelang ihm,
dass sich der frühere Mitangeklagte Ca. diesen Plan zu Eigen
machte und beide verabredeten sich, die Tötung oder gewaltsame
Entführung zu begehen. Die Ehefrau wurde von ihren Kindern
vorgewarnt und alarmierte die Polizei. Als diese eintraf, befanden sich
der Angeklagte und Ca. , (u.a.)
2
- 3 -
mit Springmesser, Elektroschockgerät und Pfefferspray
bewaffnet, unmittelbar vor der Tür des Hauses, in dem die
Ehefrau wohnte.
Auf der Grundlage dieser Feststellungen wurden die Angeklagten wegen
Verabredung eines Totschlags, „alternativ eines
Menschenraubs“ zu Freiheitsstrafen verurteilt.
3
Die Revision des Angeklagten führt zum Wegfall des
Schuldspruchs auch wegen Verabredung zum Menschenraub (§ 349
Abs. 4 StPO), bleibt aber im Übrigen erfolglos (§ 349
Abs. 2 StPO).
4
Menschenraub (§ 234 StGB) setzt voraus, dass sich der
Täter des Opfers bemächtigt, um es in hilfloser Lage
auszusetzen, oder um es - hier offensichtlich nicht
einschlägig - dem Dienst in einer militärischen oder
militärähnlichen Einrichtung im Ausland
zuzuführen. Beim Aussetzen in hilfloser Lage muss es dem
Täter darauf ankommen, das Opfer in eine Lage zu bringen, in
der es, zur Selbsthilfe unfähig, auf fremde Hilfe angewiesen
und konkret an Leib oder Leben gefährdet ist (BGH NStZ 2001,
247; Sonnen in NK-StGB 3. Aufl. § 234 Rdn. 24 jew. m.w.N.).
Unbeschadet der Frage nach der hinsichtlich der Leib- oder Lebensgefahr
erforderlichen Vorsatzform (vgl. BGH aaO), kann ein hierauf gerichteter
Vorsatz der allein getroffenen Feststellung, die Ehefrau hätte
nach der Verabredung unter Ausnutzung ihrer Hilflosigkeit an dem
unbekannten Ort „gefügig“ gemacht werden
sollen, nicht entnommen werden.
5
Der danach gebotene Wegfall der Verurteilung wegen Verabredung auch zum
Menschenraub gefährdet den Schuldspruch wegen Verabredung zum
Totschlag nicht. Der Tatbestand des § 30 Abs. 2 StGB ist auch
dann erfüllt, wenn die Teilnehmer an der Verabredung mehrere
Begehungsmöglichkeiten ins Auge fassen und in ihren Willen
aufnehmen, jedoch nur eine von ihnen ein Verbrechen
6
- 4 -
ist (BGH NStZ 1998, 510; Schünemann in LK 12. Aufl. §
30 Rdn. 70 jew. m.w.N.).
Soweit der Angeklagte wegen Verabredung zum Totschlag verurteilt ist,
bleibt die Revision aus den vom Generalbundesanwalt zutreffend
dargelegten Gründen, die auch durch die Erwiderung der
Revision nicht entkräftet werden, erfolglos.
7
Der Strafausspruch kann ebenfalls bestehen bleiben. Die Strafkammer ist
ausdrücklich von dem gemäß § 30
Abs. 1 Satz 2 StGB i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB gemilderten
Strafrahmen des § 212 Abs.1 StGB (zwischen zwei Jahren und elf
Jahren und drei Monaten) ausgegangen. Die Urteilsgründe
enthalten keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass die
Strafkammer wegen der Annahme, der Angeklagte hätte
für den Fall, dass der geplante Totschlag nicht gelingen
sollte, einen Menschenraub geplant, eine höhere Strafe
verhängt hätte. Auch im Übrigen ist der
Strafausspruch rechtsfehlerfrei.
8
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO.
9
- 5 -
Gemäß § 357 StPO war die Berichtigung des
Schuldspruchs auch auf den früheren Mitangeklagten Ca. zu
erstrecken. Auch bei ihm bleibt aus den dargelegten Gründen
der Strafausspruch bestehen.
10
Nack Wahl Elf
Graf Jäger |