BGH,
Beschl. v. 27.10.2009 - 1 StR 515/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 515/09
vom
27. Oktober 2009
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Oktober 2009
beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Konstanz vom 14. Juli 2009 aufgehoben, soweit gegen den Angeklagten ein
Vorwegvollzug von zwei Jahren der Gesamtfreiheitsstrafe vor der
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden ist. Zur
erneuten Entscheidung über den Vorwegvollzug und über
die Kosten des Rechtsmittels wird die Sache an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Der Schuldspruch des oben genannten Urteils wird, auch hinsichtlich der
mitverurteilten M. und F. , dahingehend ergänzt, dass nach den
Worten „des unerlaubten bandenmäßigen
Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge“ die Worte „in fünf
Fällen“ eingefügt werden.
Gründe:
1. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen mehrerer Verbrechen des
unerlaubten bandenmäßigen Handels mit
Betäubungsmitteln zu der Gesamtfreiheitsstrafe von
fünf Jahren und neun Monaten verurteilt, seine Unterbringung
in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass zwei Jahre
der Gesamtfreiheitsstrafe vor der Unterbringung zu vollziehen sind.
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Mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision
erstrebt der Angeklagte, dass der Vorwegvollzug vom Revisionsgericht
auf ein Jahr der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe festgesetzt wird,
hilfsweise die Aufhebung des Urteils im Ausspruch über den
Vorwegvollzug und insoweit die Zurückverweisung der Sache an
eine andere Strafkammer des Landgerichts Konstanz.
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Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 23.
September 2009 ausgeführt:
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„Der Beschwerdeführer beschränkt die
Revision auf die Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzuges. Dies ist
zulässig, da der Beschwerdepunkt nach dem inneren Zusammenhang
des Urteils, losgelöst von seinem nicht angefochtenen Teil,
rechtlich und tatsächlich unabhängig beurteilt werden
kann, ohne eine Überprüfung des Urteils im
Übrigen erforderlich zu machen (st. Rspr., vgl. BGH Beschluss
vom 18.12.2007 - 3 StR 516/07 m.w.N.).
So liegt es hier. Die Kammer hat - sachverständig beraten (UA
S. 13) - rechtsfehlerfrei festgestellt, dass beim Angeklagten die
Voraussetzungen für die Anordnung der Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB
vorliegen (UA S. 14, 15).
Hinsichtlich der Dauer des Vorwegvollzuges kann die Entscheidung, bei
der sich das Landgericht offensichtlich am Zeitpunkt einer
möglichen 2/3-Entlassung orientiert hat (UA S. 15), nicht
bestehen bleiben (§ 349 Abs. 4 StPO).
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Wie der Beschwerdeführer auch zutreffend rügt, soll
gemäß § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB in der am 20.
Juli 2007 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Sicherung der
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer
Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl I 1327ff.; im Folgenden
n.F.) das Gericht bei Anordnung der Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von
über drei Jahren bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der
Maßregel zu vollziehen ist. Eine abweichende Entscheidung zur
Vollstreckungsreihenfolge ist nur dann gerechtfertigt, wenn diese aus
gewichtigen Gründen des Einzelfalls eher die Erreichung eines
Therapieerfolgs erwarten lässt. Liegen - wie hier - keine
Gründe vor, die gegen die Anordnung des Vorwegvollzugs eines
Teils der Strafe sprechen, so hat der Tatrichter im Erkenntnisverfahren
bei der Bemessung des Vorweg zu vollziehenden Teils der Strafe keinen
Beurteilungsspielraum mehr. Dieser Teil ist nach § 67 Abs. 2
Satz 3 StGB n.F. so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer
anschließenden Unterbringung eine Aussetzung des Strafrestes
zur Bewährung nach Erledigung der Hälfte der Strafe
gemäß § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB
möglich ist (vgl. Senat Beschluss vom 6. Mai 2008 - 1 StR
144/08 sowie vom 8. Januar 2008 - 1 StR 644/07).
Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass gemäß
§ 64 StGB die Dauer der Unterbringung im Regelfall mit zwei
Jahren anzusetzen sei, diese indessen bei dem Angeklagten nicht
'unerheblich unterschritten werden' könne (UA S. 15). Die
Bemessung des Vorwegvollzuges und die voraussichtliche Dauer des
Maßregelvollzuges werden es nach Auffassung des Tatgerichts
aller Voraussicht nach bei einem erfolgreichen Abschluss der Therapie
dem Angeklagten möglich machen, das letzte verbleibende
Strafdrittel zur Bewährung auszusetzen (UA a.a.O.).
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Dies ist rechtsfehlerhaft sowohl in der Hinsicht, dass sich die Kammer
entgegen § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB am Zeitpunkt einer
möglichen 2/3-Entlassung orientiert, als auch davon abgesehen
hat, die voraussichtliche Dauer der Unterbringung bestimmt festzusetzen
(Fischer, StGB § 67 Rdn. 11a m.w.N.).
Da insoweit die voraussichtliche Dauer der Therapie nicht
rechtsfehlerfrei festgestellt wurde, ist dem Senat eine
Durchentscheidung verwehrt, mit der er die Dauer des Vorwegvollzuges
selbst bestimmen könnte (vgl. Senat Beschluss vom 6. Mai 2008
- 1 StR 144/08 -). Eine andere Strafkammer wird die voraussichtliche
Dauer der Unterbringung gemäß § 64 StGB
feststellen und danach die des Vorwegvollzuges neu bestimmen
müssen.“
Dem tritt der Senat bei.
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2. Die Urteilsformel bedarf einer Ergänzung:
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Der landgerichtliche Urteilstenor lautet: „Die Angeklagten B.
, M. und F. sind des unerlaubten bandenmäßigen
Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in
Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge in drei Fällen und in Tateinheit mit
versuchter unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge in einem Fall schuldig.“ Die Strafkammer
erkannte dann auf Gesamtfreiheitsstrafen. Der formulierte Schuldspruch
ist offensichtlich unvollständig. Wie sich aus den
Urteilsgründen - sowohl in der Sachverhaltsdarstellung als
auch in der rechtlichen Würdigung und in der Strafzumessung -
zweifelsfrei ergibt, wurden der Angeklagte und die - nicht
revidierenden - Mitverurteilten M. und F. wegen unerlaubten
bandenmäßigen Handels
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mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf
Fällen für schuldig befunden - in dreien dieser
Fälle - so das Landgericht - in Tateinheit mit unerlaubter
Einfuhr von Betäubungsmitteln, in einem weiteren in Tateinheit
mit versuchter unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln,
jeweils in nicht geringer Menge. Es bestehen keine Zweifel daran, dass
das Urteil so „beschlossen“ wurde (vgl. RGSt 13,
267, 269) und dies auch der mündlichen Eröffnung der
Urteilsgründe zugrunde lag (vgl. BGH GA 1969, 119). Das
Verlesen der Urteilsformel und die Eröffnung der
Urteilsgründe bilden eine Einheit (vgl. § 268 Abs. 2
Satz 1 StPO). Die Worte „in fünf
Fällen“ wurden ersichtlich nur wegen eines
Schreibversehens nicht in die Urteilsformel aufgenommen. Dies hat der
Senat korrigiert (entsprechend § 354 Abs. 1 StPO), auch
hinsichtlich der Mitverurteilten (entsprechend § 357 StPO).
Die Behebung derartiger offensichtlicher Versehen (Lücken) bei
der Niederschrift der Urteilsformel, hinter denen sich zweifelsfrei
keine sachliche Änderung verbirgt, ist nicht nur dem
Ausgangsgericht (vgl. BGHSt 5, 5, 10; 25, 333, 336; BGH NStZ 1984, 279;
BGH, Beschl. vom 22. November 1960 - 1 StR 426/60; RGSt 13, 267, 269),
sondern ebenso dem mit der Sache befassten Rechtsmittelgericht
möglich, auch wenn der Schuldspruch schon
rechtskräftig ist (entsprechend BayObLGSt 1972, 1 bei
unvollständiger Wiedergabe der Strafvorschrift).
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3. Zum Konkurrenzverhältnis zwischen
bandenmäßigem unerlaubtem Handeltreiben mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und deren
unerlaubter Einfuhr wird auf BGH, Beschl. vom 8. November 2006 - 1 StR
506/06 Rdn. 2 verwiesen (vgl. auch Weber, BtMG 3. Aufl., § 30a
Rdn. 36). Insoweit ist dem Senat eine Korrektur des
rechtskräftigen Schuldspruchs jedoch verwehrt, da bei der
Annahme von Tateinheit nicht nur ein Formulierungsversehen vorliegt,
wie die Urteilsgründe ausweisen.
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Nack Rothfuß Hebenstreit
Jäger Sander |