BGH,
Beschl. v. 28.8.2000 - 5 StR 300/00
5 StR 300/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 28. August 2000
in der Strafsache gegen
wegen versuchter Strafvereitelung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. August 2000
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten S wird das Urteil des Landgerichts
Berlin vom 12. Juli 1999, soweit es diesen Angeklagten betrifft, nach
§ 349 Abs. 4 StPO aufgehoben.
2. Soweit der Angeklagte wegen versuchter Nötigung (Komplex 62
der Anklage) und wegen am 12. März 1998 begangener versuchter
Strafvereitelung (Komplex 60 der Anklage) verurteilt worden ist, wird
er freigesprochen. Insoweit trägt die Staatskasse die Kosten
des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten S .
3. Im übrigen (Komplex 61 der Anklage) wird die Sache - unter
Aufhebung auch der zugehörigen Feststellungen - zu neuer
Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden
Kosten der Revision, an das Amtsgericht Tiergarten in Berlin -
Strafrichter - zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Beschwerdeführer wegen versuchter
Strafvereitelung in zwei Fällen und wegen versuchter
Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und
sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung
ausgesetzt worden ist. Die Revision des Beschwerdeführers
führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.
I.
Im ersten als versuchte Strafvereitelung abgeurteilten Fall sowie im
Fall der Verurteilung wegen versuchter Nötigung ergeben die
Feststellungen des Tatrichters kein strafbares Verhalten des
Beschwerdeführers. In beiden Fällen ist auch
für die Möglichkeit weitergehender Feststellungen
eines neuen Tatrichters, aus denen sich ein strafbares Verhalten des
Beschwerdeführers ergeben könnte, nichts ersichtlich,
so daß der Senat auf die Sachrüge jeweils auf
Freispruch durchzuentscheiden hat.
1. Das Landgericht hat den Beschwerdeführer insoweit wegen
versuchter Strafvereitelung verurteilt, weil er dem Mitangeklagten K in
Kenntnis der von diesem begangenen Straftaten des Bandendiebstahls und
Bandenhehlerei zur Flucht ins Ausland geraten habe.
a) Im angefochtenen Urteil ist hierzu folgendes festgestellt: Am 11.
März 1998 wurden die weiteren Mitangeklagten P und St
festgenommen, die - u. a. - mit K in einer Diebesbande mit dem Ziel
fortgesetzter Entwendung hochwertiger Kraftfahrzeuge und deren
gewinnbringender Verwertung verbunden waren. Am Folgetag suchte K den
Beschwerdeführer, einen vorwiegend als Strafverteidiger
tätigen Rechtsanwalt, in seiner Kanzlei auf, um ihn um
Übernahme der Verteidigung des St - zugleich den im selben
Büro anwaltlich tätigen Sohn des
Beschwerdeführers um Übernahme der Verteidigung des P
- zu bitten. Nachdem K auch seine eigene Verstrickung offenbart hatte,
forderte der Beschwerdeführer ihn unter Hinweis auf die ihm
drohende schwere Bestrafung auf, das Land zu verlassen. K lehnte
ausdrücklich ab und floh nicht. Er wurde drei Tage
später seinerseits verhaftet. Davor hatte er die Kanzlei des
Beschwerdeführers ein weiteres Mal aufgesucht; dabei hatte
dieser die Aufforderung zur Flucht nicht wiederholt. Zuvor, am 13.
März 1998, hatte der Beschwerdeführer seinen
Mandanten St bei einem Haftbesuch gefragt, ob er K zur Flucht
veranlassen solle; die gleiche - ergebnislos gebliebene - Frage hatte
der Sohn des Beschwerdeführers auf dessen Veranlassung am
selben Tag seinem Mandanten P gestellt.
Nach Auffassung des Landgerichts wollte der Beschwerdeführer
den Mitangeklagten K mit seiner Aufforderung zur Flucht als
mögliches seinen Mandanten St belastendes Beweismittel
vorübergehend beiseite schaffen.
b) Die Annahme, der Beschwerdeführer habe bei der
festgestellten Aufforderung an den Mitangeklagten K zur Flucht in
Strafvereitelungsabsicht zugunsten seines Mandanten St gehandelt,
dessen Verteidigung der Beschwerdeführer indes, wie sich den
Feststellungen entnehmen läßt, von vornherein mit
dem Ziel einer Geständnisbereitschaft zu führen
gedachte, ist ebenso problematisch wie die zweifelhafte Frage einer
Abgrenzung der abgeurteilten mittelbaren Täterschaft des
Beschwerdeführers von strafloser Anstiftung zu
gemäß § 258 Abs. 5 StGB strafloser
persönlicher Selbstbegünstigung. Ob die getroffenen
Feststellungen ausreichen oder auch nur ergänzbar
wären, um bei der vorliegenden Fallgestaltung eine
Täterschaft des Beschwerdeführers mit
Rücksicht auf einen durch seine Stellung als Rechtsanwalt
bedingten Wissensvorsprung und eine hierauf beruhende
Einflußmöglichkeit anzunehmen (vgl. zum gesamten
damit zusammenhängenden, von der Revision angesprochenen
Problemkreis nur die Kommentierungen zu § 258 StGB von
Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. Rdn. 5 ff., 14; Stree in
Schönke/Schröder, StGB 25. Aufl. Rdn. 16 ff., 31 ff.;
Ruß in LK 11. Aufl. Rdn. 10 ff., 19 ff., 35; jeweils m.w.N.),
erscheint zweifelhaft. Die Fragen bedürfen hier nicht der
Entscheidung. Die Revision macht nämlich zutreffend geltend,
daß den Feststellungen jedenfalls eindeutig zu entnehmen ist,
daß der Beschwerdeführer von einem etwa strafbaren
Versuch der Strafvereitelung strafbefreiend zurückgetreten ist.
c) Entgegen der rechtlichen Wertung des Landgerichts
läßt sich der Gesamtheit der Urteilsfeststellungen
entnehmen, daß die Voraussetzungen eines nach § 24
Abs. 1 Satz 1 StGB strafbefreienden Rücktritts des
Beschwerdeführers vom unbeendeten Versuch vorliegen.
Da K beim ersten Besuch der Kanzlei des Beschwerdeführers eine
Flucht noch ausdrücklich abgelehnt hatte, die Kanzlei vielmehr
wenige Tage später erneut aufsuchte, wußte der
Beschwerdeführer, daß seine bisherigen
Bemühungen nicht ausgereicht hatten, K zur Flucht zu bewegen.
Ein beendeter Versuch lag damit nicht vor. Aber auch ein
fehlgeschlagener Versuch, von dem der Beschwerdeführer nicht
mehr strafbefreiend hätte zurücktreten
können, war nicht gegeben. Dies wäre nur dann
anzunehmen, wenn der Beschwerdeführer die Weigerung des K zu
fliehen als endgültig erkannt hätte (vgl. BGHR StGB
§ 31 Abs. 1 - Freiwilligkeit 3). Das Gegenteil folgt aus den
eigenen, für die Beweiswürdigung zu diesem
Schuldspruch als besonders wesentlich angesehenen Feststellungen des
Landgerichts (UA S. 84, 183, 255): Danach hat der
Beschwerdeführer zwischen beiden Besuchen des Mitangeklagten K
seinen Mandanten St gefragt, ob er K zur Flucht veranlassen solle, und
hat eine entsprechende Frage seines Sohnes an dessen Mandanten P
veranlaßt. Aus diesem Verhalten wird deutlich, daß
der Beschwerdeführer weitere Einwirkungsmöglichkeiten
auf K als gegeben ansah.
Wenn er K unter diesen Voraussetzungen beim folgenden Besuch trotz
Erörterung der von K begangenen Taten nicht erneut zur Flucht
aufforderte, so folgt daraus, daß er seinen bislang noch
nicht als zureichend, indes auch nicht als gescheitert angesehenen
Versuch aufgegeben hat, und zwar - mangels entgegenstehender
Anhaltspunkte - freiwillig. Damit ist der Beschwerdeführer von
einem etwa strafbaren - unbeendeten, nicht endgültig
fehlgeschlagenen - Versuch der Strafvereitelung jedenfalls
strafbefreiend zurückgetreten. Dies muß seine
Freisprechung in diesem Fall nach sich ziehen.
2. Entgegen der Auffassung des Landgerichts hat sich der
Beschwerdeführer auch nicht wegen versuchter Nötigung
(§§ 240, 22 StGB) strafbar gemacht.
a) Nach den Urteilsfeststellungen versuchte er am 6. Juli 1998
vergeblich, den Mitangeklagten K , dessen Verteidigung er sofort nach
dessen Inhaftierung - unter Niederlegung des Mandats für St -
übernommen hatte, dazu zu veranlassen, eine von ihm diktierte
unrichtige Erklärung zu unterzeichnen. Mit jener
Erklärung sollten den Beschwerdeführer belastende
Angaben des K gegenüber den Ermittlungsbehörden
wahrheitswidrig dementiert werden; diese betrafen zum einen die
Aufforderung des Beschwerdeführers an K zur Flucht ins
Ausland, zum anderen einen von K dem Beschwerdeführer nach
seiner Inhaftierung erteilten Auftrag, die Beseitigung eines bestimmten
gestohlenen Kraftfahrzeuges zu vermitteln. Der
Beschwerdeführer kündigte K an, wenn dieser die
Erklärung nicht unterzeichne, könne er ihn nicht
weiter verteidigen; eine - tatsächlich gar nicht getroffene,
von dem Beschwerdeführer erlogene - Absprache mit dem
Staatsanwalt - insbesondere eine als maßvoll angesehene
Strafobergrenze und Haftverschonung mit Urteilserlaß
betreffend - werde damit hinfällig werden, K müsse
mit wesentlich höherer Bestrafung und Haftfortdauer rechnen.
b) Die Frage, ob die von der Revision zu diesem Fall vorgetragenen
besonders gewichtigen Bedenken gegen die Beweiswürdigung
durchgreifen müßten, ist, da insoweit jedenfalls
eine Durchentscheidung auf Freispruch eher fern läge,
nachrangig. Die getroffenen Feststellungen wären
nämlich
- ungeachtet eines gegebenenfalls grob standeswidrigen, den
inhaftierten Mandanten nachhaltig bedrängenden und
täuschenden Verhaltens des Beschwerdeführers -
gleichwohl nicht geeignet, eine tragfähige Grundlage
für einen Schuldspruch wegen versuchter Nötigung zu
bilden.
Die Ankündigung des Beschwerdeführers, er werde bei
einem andauernden Verdacht strafvereitelnden Vorverhaltens die
Verteidigung des K nicht fortführen können, entsprach
ersichtlich der strafverfahrens- und standesrechtlichen Rechtslage und
vermag schon daher bei den hier im übrigen festgestellten
Begleitumständen nicht den Tatbestand der Drohung mit einem
empfindlichen Übel zu erfüllen.
Das Landgericht sieht diese in der Ankündigung des Scheiterns
der erlogenen Absprache. Ein Übel in diesem Zusammenhang
konnte für den Mitangeklagten K aber allein im unsicheren
Fortgang seines Strafverfahrens in der Zukunft liegen. Mußte
schon die Durchsetzung der vom Beschwerdeführer behaupteten
Absprache mit dem Staatsanwalt auch seinem Mandanten offensichtlich als
nicht endgültig gesichert erscheinen, war es auch und erst
recht dessen Aussicht für den weiteren Verfahrensablauf unter
Mitwirkung eines anderen Verteidigers. Mehr als eine - freilich zudem
auf erlogener Basis erfolgte - massive Anpreisung seiner
Verteidigerqualität, aus welcher der Mandant positive
Auswirkungen auf den Verfahrensausgang zu erwarten habe, lag in der
Bedrängung, durch die Unterschrift unter die
Erklärung die Fortführung der Verteidigung zu
ermöglichen, objektiv nicht. Anderes war daraus auch
für den Mandanten K offensichtlich nicht zu entnehmen. Hierin
läßt sich indes keine Drohung mit einem
empfindlichen Übel finden, vielmehr lediglich eine hiervon
abzugrenzende Warnung vor naheliegenden für den Mandanten
negativen Konsequenzen für den Weigerungsfall, die indes nach
eigener Darstellung nicht vom Willen des Beschwerdeführers
abhingen (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 240 Rdn. 16).
Eine etwa negative Beeinflussung des weiteren Strafverfahrens
für den Fall der Verweigerung der erbetenen
Unterschriftsleistung hat der Beschwerdeführer seinem
Mandanten K hingegen ersichtlich - auch schlüssig oder
versteckt - nicht angedroht. Danach fehlt es nach den Feststellungen am
tatbestandlichen Einsatz eines Nötigungsmittels.
c) Mangels hinreichender Anhaltspunkte für eine sonstige
mögliche Strafbarkeit des Beschwerdeführers ist auch
wegen dieser Tat auf Freispruch durchzuentscheiden.
II.
Im zweiten Fall der Verurteilung wegen versuchter Strafvereitelung hat
die Revision des Beschwerdeführers mit einer
Verfahrensrüge Erfolg, die insoweit zur Aufhebung des
angefochtenen Urteils führt.
1. In diesem Fall hat die sachlichrechtliche
Überprüfung des angefochtenen Urteils - anders als in
den beiden anderen Fällen - nicht ohne weiteres die
Freisprechung des Beschwerdeführers zur Folge. Ihm wird
insoweit zur Last gelegt, im Interesse seines inhaftierten Mandanten K
auf den früheren Mitangeklagten Kr erfolglos dahin eingewirkt
zu haben, daß Kr , der mehrfach gestohlene Fahrzeuge von K
angekauft hatte, ein von K abgestelltes gestohlenes Fahrzeug beiseite
schaffe und für ihn verwerte; ferner sollte Kr in seiner
Werkstatt befindliche Teile gestohlener Fahrzeuge als Beweismittel
beiseite schaffen.
Hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß mit dem
festgestellten Einwirken auf den vorgesehenen Tatmittler hier noch kein
Versuchsbeginn einhergegangen wäre, bestehen nicht (vgl. nur
BGHSt 43, 177, 179 f.; BGH, Urteil vom 12. Juli 2000 - 2 StR 43/00 -;
jeweils m.w.N.). Die Feststellungen ergeben in diesem Fall auch nicht
etwa ohne weiteres die Voraussetzungen für einen
strafbefreienden Rücktritt vom Versuch; vielmehr liegt
hinsichtlich des beiseite zu schaffenden gestohlenen Fahrzeugs ein
fehlgeschlagener, im übrigen ein mit der Einwirkung auf den
die Sachherrschaft ausübenden Tatmittler beendeter Versuch
nahe.
Hinsichtlich der zu beseitigenden Beweismittel könnten
freilich ähnliche Zweifel bei der Abgrenzung zwischen
strafbarer mittelbarer Täterschaft und strafloser Anstiftung
zu straflosem selbstbegünstigendem Verhalten zum Tragen kommen
wie im Fall der Fluchtaufforderung. Die Frage ist vom Senat indes im
bisherigen Verfahrensstadium nicht abschließend zu
beantworten. Hinsichtlich der Verwertung eines gestohlenen
Kraftfahrzeuges kann Anlaß bestehen, den Sachverhalt auch auf
eine mögliche Strafbarkeit unter den Gesichtspunkten der
Begünstigung und der Hehlerei zu überprüfen.
2. Mit der Verlesung eines Schriftsatzes des Sohnes des
Beschwerdeführers, der in der Hauptverhandlung von seinem
Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO Gebrauch
gemacht hatte, hat die Strafkammer - die den entsprechenden in der
Hauptverhandlung vorgebrachten berechtigten Einwand des
Beschwerdeführers zurückgewiesen hatte - gegen
§ 252 StPO verstoßen.
a) Anläßlich der Durchsuchung der
Kanzleiräume des Beschwerdeführers am 30. Juni 1998
war der Zeuge als Sohn des beschuldigten Beschwerdeführers
vorsorglich über sein Zeugnisverweigerungsrecht belehrt
worden. Der verlesene Schriftsatz vom 13. Juli 1998 ist vom
Beschwerdeführer diktiert worden, indes unwiderlegt auf der
Grundlage von Angaben des Zeugen, der den Schriftsatz auch
unterzeichnet hat. Inhaltlich enthält er angebliche
Erkenntnisse des Zeugen über gemeinsame anwaltliche Kontakte
des Beschwerdeführers und des Zeugen zu Mitangeklagten im
Zusammenhang mit den beiden Strafvereitelungsvorwürfen. Der
Zeuge äußert darin seine Bereitschaft, sich zum
Inhalt des Schriftsatzes staatsanwaltlich vernehmen zu lassen. Der
Beschwerdeführer überreichte den Schriftsatz am 14.
Juli 1998 anläßlich seiner Beschuldigtenvernehmung
durch den Staatsanwalt. Bereits am nächsten Tag wurde sein
Sohn dann vom ermittelnden Staatsanwalt zeugenschaftlich vernommen; in
dieser Vernehmung bezog er sich auf den Schriftsatz.
b) Verweigert ein Zeuge in der Hauptverhandlung berechtigt das Zeugnis,
so dürfen Schriftstücke, die er
anläßlich einer gemäß §
252 StPO unverwertbaren Vernehmung im Ermittlungsverfahren
überreicht und auf die er sich bei dieser Vernehmung bezogen
hat, ihrerseits gemäß § 252 StPO nicht
verlesen und nicht verwertet werden (BGHSt 22, 219; BGHR StPO
§ 252 - Verwertungsverbot 13; BGH StV 1998, 470). Die Revision
macht zutreffend geltend, daß diese Grundsätze hier
ebenfalls zu gelten haben.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann der Schriftsatz nicht als
spontan abgegebene freiwillige Erklärung gewertet werden,
deren Verwertbarkeit mangels Zusammenhangs mit einer Vernehmung zu
erwägen wäre (vgl.
Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. Rdn. 8 f.; Diemer in
KK 4. Aufl. Rdn. 20; Gollwitzer in Löwe/Rosenberg, StPO Rdn.
29 f.; jeweils zu § 252 m.w.N.). Es handelt sich nicht um
Angaben, die "aus freien Stücken" und nicht im
Bewußtsein ihrer späteren
Verwendungsmöglichkeit im Verfahren abgegeben worden sind
(vgl. auch BGHR StPO § 252 - Verwertungsverbot 16, zum Abdruck
in BGHSt bestimmt). Vielmehr ist der Schriftsatz von dem Zeugen mit dem
Ziel der Verwertung im Rahmen seiner zu erwartenden Vernehmung an die
Staatsanwaltschaft gelangt, jene Vernehmung ist alsbald erfolgt und der
Zeuge hat dementsprechend auch den Inhalt des Schriftsatzes zum
Gegenstand seiner Vernehmung gemacht. Unter diesen Voraussetzungen
wäre es unvertretbar, die Verwertbarkeit abweichend
gegenüber einer Fallgestaltung zu behandeln, bei welcher der
Zeuge - oder der Beschuldigte mit dessen Einverständnis -
zunächst nur die Vernehmung zu dem im Schriftsatz behandelten
Beweisthema anregt und den Schriftsatz der Staatsanwaltschaft erst bei
jener alsbaldigen Vernehmung überläßt. Die
nach bindender Rechtsprechung eindeutig gegebene Unverwertbarkeit bei
jener Fallgestaltung muß auch die nur unwesentlich variierte
der vorliegenden Verfahrensgestaltung erfassen.
c) Da das Landgericht im Rahmen der Beweiswürdigung, die
weitgehend der heiklen Frage galt, ob den Angaben des
Beschwerdeführers oder den entgegenstehenden von
Mitangeklagten zu folgen sei, für die Wertung der
Unzuverlässigkeit der Einlassung des
Beschwerdeführers auch den verlesenen, indes unverwertbaren
Schriftsatz seines Sohnes herangezogen hat (vgl. UA S. 194 ff.),
läßt sich ein Beruhen des Schuldspruchs im zweiten
Fall der Verurteilung des Beschwerdeführers wegen versuchter
Strafvereitelung auf dem Verfahrensverstoß nicht
ausschließen.
d) Nach bindender Rechtsprechung könnte nichts Abweichendes
für die Verwertung eines auf entsprechende Weise in das
Verfahren eingeführten Schreibens der Verlobten des
Beschwerdeführers vom 14. Juli 1998 gelten, die in der
Hauptverhandlung ebenfalls gemäß § 52 Abs.
1 Nr. 1 StPO das Zeugnis verweigert hat. Daß die Zeugin bei
ihrer Vernehmung im Ermittlungsverfahren mit dem
Beschwerdeführer noch nicht verlobt war, ihr mithin, als sie
das Schreiben zum Gegenstand ihrer Vernehmung gemacht hatte, noch gar
kein Zeugnisverweigerungsrecht zugestanden hatte, ist nach seitheriger
Rechtsprechung unerheblich (BGHSt 22, 219, 220). Der Senat kann - nicht
anders als jüngst bei anderer Fallgestaltung (BGHR StPO
§ 252
- Verwertungsverbot 17, zum Abdruck in BGHSt 45, 342 bestimmt) - auch
hier offenlassen, ob Anlaß besteht, von dieser Rechtsprechung
abzugehen; denn die auf Verletzung des § 252 StPO
gestützte Verfahrensrüge greift allein wegen der
Verwertung des Schriftsatzes des von Anfang an
zeugnisverweigerungsberechtigten Sohnes des Beschwerdeführers
durch.
3. In der Sache offensichtlich begründet ist auch die von der
Revision erhobene Beanstandung einer Verletzung des Fragerechts durch
unberechtigte Zurückweisung einer Frage des Verteidigers
Rechtsanwalt B an den Mitangeklagten K . Die - bewußt
allgemein und offen gestellte - Frage, inwiefern die von K zuvor
allgemein als teilweise unrichtig bezeichneten Angaben des weiteren
Mitangeklagten Kr im einzelnen unzutreffend gewesen seien, war
ersichtlich zulässig, insbesondere geeignet und sachgerecht.
Es bestand keine gesetzliche Grundlage zur Zurückweisung der
Frage; der Verteidiger brauchte sich nicht auf den konkreten Vorhalt
von Einzelheiten beschränken zu lassen.
4. Wegen dieses verbliebenen Falles der Verurteilung, in dem der Senat
nicht auf Freispruch durchentschieden hat, verweist der Senat die Sache
unter Aufhebung der zugehörigen Feststellungen (§ 353
Abs. 2 StPO) gemäß § 354 Abs. 3 StPO an den
Strafrichter zurück. Dieser ist für das Verfahren,
soweit es sich allein gegen den Beschwerdeführer richtet, nach
§ 25 Nr. 2 GVG zuständig. Eine Fortdauer der
Verbindung mit dem Verfahren gegen den ebenfalls revidierenden
Mitangeklagten P , bei dem indes lediglich eine Teilaufhebung der
Strafe nach geringfügiger Abänderung des
Schuldspruchs erfolgt, kommt offensichtlich nicht in Betracht.
Die Zurückverweisung an den Strafrichter hat auch mit
Rücksicht darauf zu erfolgen, daß die
Zuständigkeit des Landgerichts allein aus der bisherigen
Verbindung des Verfahrens gegen den Beschwerdeführer mit dem
gegen die übrigen Mitangeklagten geführten
umfänglichen Verfahren folgte und daß jene
Verbindung angesichts der denkbar geringen Parallelbezüge und
notwendig deckungsgleichen Beweiserhebungen erheblichen Bedenken
unterliegen muß. Ob die entsprechende - zudem nicht auf
§ 338 Nr. 1 StPO gestützte - Verfahrensrüge
Erfolg gehabt hätte, erscheint angesichts eines dem Tatrichter
in Fragen der Verbindung und Trennung prinzipiell zuzubilligenden
besonders weiten Ermessens gleichwohl fraglich.
Dennoch werden dem Beschwerdeführer im Falle einer erneuten
Verurteilung jedenfalls die beträchtlichen
Unzuträglichkeiten, die er infolge jener zweifelhaften
Verbindung erfahren hat, im weiteren Verfahrensverlauf - un-
geachtet seines eigenen teils höchst bedenklichen
Prozeßverhaltens (vgl. insbesondere auch UA S. 198 ff.) -
zugute zu halten sein.
Harms Häger Basdorf
Tepperwien Brause |