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BGH, Beschluss vom 28. Juni 2005 - 1 StR 187/05


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 28.6.2005 - 1 StR 187/05
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
BGHR: ja
__________________
BtMG § 31 Nr. 1, Nr. 2
Die Kooperation eines Beschuldigten mit den Ermittlungsbehörden, wodurch bislang
nicht bekannte oder an unbekanntem Ort gelagerte Betäubungsmittelmengen sichergestellt
werden, kann die Voraussetzungen des § 31 Nr. 1 und Nr. 2 BtMG erfüllen.
BGH, Beschl. vom 28.06.2005 - 1 StR 187/05 - LG Memmingen
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
BESCHLUSS
1 StR 187/05
vom
28.6.2005
in der Strafsache
gegen
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wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28.06.2005 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Memmingen vom 21. Dezember 2004 im Strafausspruch
mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels,
an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Die gegen dieses
Urteil eingelegte Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen
Rechts rügt, hat hinsichtlich des Strafausspruchs Erfolg. Im übrigen ist das
Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Der Strafausspruch hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Kammer
hat die Strafe dem Regelstrafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG entnommen;
das Vorliegen eines minder schweren Falles gemäß § 29a Abs. 2 BtMG hat sie
verneint. Das Landgericht erörtert jedoch nicht, ob die Voraussetzungen des
"vertypten" Strafmilderungsgrundes des § 31 BtMG vorliegen, obwohl - worauf
auch der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist - nach den Ausführungen
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im Urteil eine solche Prüfung zumindest nicht fernlag (s. UA S. 9) und die
Strafkammer selbst die Zusammenarbeit des Angeklagten mit der Polizei festgestellt
hat (UA S. 13).
Nach den Feststellungen des Landgerichts hatten der Angeklagte und
der gesondert verfolgte B. Anfang 2004 bei dem ebenfalls anderweit
verfolgten Ö. 3.000 Ecstasy-Tabletten zum Preis von 1,75 Euro pro Stück
bestellt und von ihm geliefert erhalten. Davon verkauften sie mehrere Hundert
Tabletten zum Preis von 3,50 Euro je Stück an den gesondert verfolgten P.
. Nachdem P. in der Folgezeit festgenommen worden war, erklärte er
sich zu einem Scheingeschäft bereit, bei welchen dann der Angeklagte festgenommen
werden konnte.
Nunmehr erklärte sich auch der Angeklagte bereit, ein von der Staatsanwaltschaft
genehmigtes Scheingeschäft durchzuführen. Dadurch konnte er
von B. die restlichen 1601 Ecstasy-Tabletten aus der gemeinsamen Bestellung
übernehmen, welche B. nach der Verhaftung des Angeklagten
aus dem ursprünglichen Versteck entfernt und an anderer Stelle deponiert hatte.
Dieses neue Versteck war weder dem Angeklagten noch der Polizei bekannt.
Durch die Zusammenarbeit des Angeklagten mit der Polizei konnten
somit diese 1.601 Tabletten sichergestellt und zugleich verhindert werden, daß
sie weiterveräußert wurden.
Das Landgericht hat bei seinen Erwägungen zur Strafzumessung zwar
ausdrücklich festgestellt, daß der Angeklagte durch seine Zusammenarbeit mit
der Polizei zur Sicherstellung von 1.601 Ecstasy-Tabletten beigetragen hat (UA
S. 13). Nach den Feststellungen bleibt jedoch unklar, ob und wie weit durch die
Angaben der Angeklagten ein wesentlicher Aufklärungserfolg i.S.v. § 31 BtMG
nicht nur durch die Sicherstellung der versteckten Ecstasy-Tabletten sondern
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möglicherweise auch durch die Festnahme des anderweit verfolgten B.
eingetreten ist. Jedoch lassen die Formulierungen in den Urteilsgründen es
zumindest als naheliegend erscheinen, daß die Voraussetzungen des § 31
BtMG gegeben sind. Daher war eine ausdrückliche Erörterung dieser Frage
hier geboten.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können die Voraussetzungen
des § 31 BtMG auch bei einem Angeklagten erfüllt sein, der über
seinen eigenen - bereits bekannten - Tatbeitrag hinaus Tataufklärung betreibt
(BGH NStZ-RR 2002, 251; BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Aufdeckung 29).
Vorliegend war zwar der Tatbeitrag des Angeklagten den Ermittlungsbehörden
bereits bekannt und auch das Rauschgift teilweise sichergestellt worden,
mehr als die Hälfte der Gesamtlieferung der Ecstasy-Tabletten befand
sich jedoch nach der Festnahme des Angeklagten an einem sowohl dem Angeklagten
als auch der Polizei unbekannten Ort und hätte daher auch in den freien
Verkehr gelangen können. Diese Tabletten konnten ersichtlich erst aufgrund
der Bereitschaft des Angeklagten zu einem Scheingeschäft sichergestellt
werden.
Allerdings verlangt § 31 Nr. 1 BtMG nicht notwendig einen Fahndungserfolg
(BGH StV 1994, 544 m.w.Nachw.). Umgekehrt genügt aber die Ermöglichung
eines Fahndungserfolgs, auch wenn das Verhalten des Tatbeteiligten
den Ermittlungsbehörden bereits bekannt ist: Die Auslegung von § 31 BtMG
hat sich an der Zielsetzung dieser Bestimmung zu orientieren (BGHR BtMG §
31 Nr. 1 Aufdeckung 29). § 31 Nr. 1 BtMG soll die Möglichkeit der Verfolgung
begangener Straftaten verbessern (BGHSt 31, 163, 167; 33, 80, 81; BGH StV
1994, 543, 544). Diese Voraussetzungen können aber auch vorliegen, wenn es
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durch die Mitwirkung eines Angeklagten gelingt, weitere - den Ermittlungsbehörden
bislang nicht bekannte oder an unbekanntem Ort versteckte - Betäubungsmittel
sicherzustellen. In solchen Fällen kann sowohl eine im Ergebnis
besonders wirksame Form der Aufklärungshilfe entsprechend § 31 Nr. 1 BtMG
(vgl. auch BGHR aaO) wie auch eine besonders wirksame Form der Verhinderung
geplanter Straftaten im Sinne des § 31 Nr. 2 BtMG gegeben sein.
Auf dem aufgezeigten Rechtsfehler beruht der Strafausspruch auch.
Zwar hat das Landgericht bei seinen Erwägungen zur Strafzumessung die Zusammenarbeit
des Angeklagten mit der Polizei berücksichtigt. Dennoch kann
nicht sicher ausgeschlossen werden, daß die Einzelstrafen milder ausgefallen
wären, wenn die Kammer die Voraussetzungen des § 31 BtMG geprüft hätte.
Die Aufhebung dieser Strafen führt zugleich zur Aufhebung der Gesamtstrafe
einschließlich der dazu getroffenen Feststellungen.
Nack Wahl Kolz
Elf Graf



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