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BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2008 - 5 StR 472/08


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 28.10.2008 - 5 StR 472/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 28. Oktober 2008
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Oktober 2008
beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 22. Mai 2008 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
G r ü n d e
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Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Betrug, mit gefährlicher Körperverletzung und mit Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Der Generalbundesanwalt hat beantragt, die Sache an das Landgericht zurück zu verweisen, um über die Verhängung einer Maßregel nach § 64 StGB neu zu befinden. Diesem Antrag folgt der Senat nicht.
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1. Der Angeklagte, ein Algerier, gegen den - allerdings unter befristeter Duldung - eine bestandskräftige Ausweisungsverfügung besteht, hat nach den Feststellungen des Landgerichts betrügerisch von einem Kokainhändler mindestens 200 g Kokain erlangt und sich später durch Sprühen mit Reizgas und mit Gewalt im Besitz des Rauschgifts gehalten. Bei der gesamten Tatausführung stand er - so die Urteilsgründe - unter dem Einfluss von Kokain. Das Landgericht hat in seiner Entscheidung die Frage einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB nicht erörtert.
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2. Dies nötigt bei der hier vorliegenden Sachverhaltskonstellation nicht zu einer Aufhebung des Urteils in diesem Punkt.
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a) Schon das Vorliegen der Voraussetzungen des § 64 StGB ist zweifelhaft. Das Landgericht geht zwar rechtsfehlerfrei davon aus, dass bei dem Angeklagten ein übermäßiger Rauschmittelkonsum gegeben ist, weil er seit zwei Jahren regelmäßig Kokain konsumiert. Gleichwohl hat die Tat damit nicht zwingend einen symptomatischen Bezug zu dem Betäubungsmittelabusus des Angeklagten, wie das Landgericht im Rahmen der Strafzumessung zugunsten des Angeklagten unterstellt hat. Diese Tat, mag sie auch unter Kokaineinfluss begangen worden sein, lässt sich in ihrer Größenordnung und in der uneingeschränkte Leistungsfähigkeit offenbarenden Raffinesse der Tatausführung nicht ohne weiteres als Beschaffungsdelikt charakterisieren, das auf die Befriedigung seiner Sucht zielte. Insoweit steht das Betäubungsmitteldelikt weniger in einer inneren Beziehung zur Sucht, sondern ist vielmehr Mittel zur Erlangung erheblicher wirtschaftlicher Werte. Ein im Sinne des § 64 StGB erforderlicher symptomatischer Zusammenhang zwischen Betäubungsmittelabhängigkeit und Tat kann nämlich auch bei Betäubungsmittelstraftaten fehlen, wenn sie allein der Finanzierung des allgemeinen Lebensbedarfs (und damit mittelbar auch des Betäubungsmittelkonsums) dienen (vgl. BGHR StGB § 64 Hang 2, Zusammenhang symptomatischer 2). Dies liegt bei der abgeurteilten Tat zumindest nicht fern.
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b) Das Landgericht hätte aber angesichts der Besonderheiten in der Person des Angeklagten von einer Anordnung nach § 64 StGB absehen dürfen. Durch die Gesetzesnovelle vom 16. Juli 2007 (BGBl I 1327) wurde die ursprünglich zwingend vorgeschriebene Rechtsfolge der Unterbringung in eine Soll-Vorschrift umgestaltet. Die gesetzliche Neuregelung räumt dem Tatrichter die Möglichkeit ein, von einer Unterbringung nach § 64 StGB in Ausnahmefällen abzusehen. Nach der Regierungsbegründung zum Gesetzesentwurf sollte nämlich gerade bei ausreisepflichtigen Ausländern die Möglichkeit eröffnet werden, von einer Unterbringung nach § 64 StGB Abstand zu
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nehmen (BT-Drucks 16/5137 S. 10). Dies gilt insbesondere dann, wenn noch erhebliche sprachliche Verständigungsprobleme hinzukommen und auch eine Erfolg versprechende Therapie schon aufgrund der unzulänglichen Kommunikationsgrundlage mit den Therapeuten kaum vorstellbar wäre (BT-Drucks aaO).
Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor. Allerdings weist der Generalbundesanwalt zutreffend darauf hin, dass die Entscheidung über die Anwendung des § 64 StGB im (eingeschränkten) Ermessen des Tatrichters steht, der seine Ermessensentscheidung für das Revisionsgericht nachprüfbar darstellen muss. Das landgerichtliche Urteil, das § 64 StGB gänzlich unerörtert gelassen hat, entspricht diesen Vorgaben nicht. Der Senat sieht aber bei der hier gegebenen besonderen Sachverhaltskonstellation davon ab, die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen, weil eine andere Entscheidung in der Sache praktisch ausgeschlossen erscheint. Im Übrigen hat der Angeklagte die Nichtanwendung des § 64 StGB nicht ausdrücklich beanstandet.
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3. Ungeachtet des Aufhebungsantrags des Generalbundesanwalts hinsichtlich der Nichtverhängung der Maßregel nach § 64 StGB kann der Senat nach § 349 Abs. 2 StPO durch Beschluss entscheiden und die Revision
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insgesamt verwerfen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. September 2008 - 5 StR 423/08). Eine Anordnung der Maßregel würde nämlich nicht allein zu Gunsten des Angeklagten wirken (BGHR StPO § 349 Abs. 2 Verwerfung 3).
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