BGH,
Beschl. v. 29.4.2003 - 4 StR 119/03
4 StR 119/03
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
29. April 2003
in der Strafsache gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 29. April 2003 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Neubrandenburg vom 24. September 2002 im Rechtsfolgenausspruch mit den
Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher
Körperverletzung und wegen Körperverletzung in zwei
Fällen unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichtes Demmin
vom 20. November 2001 zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und zehn
Monaten verurteilt. Ferner hat es die Unterbringung des Angeklagten in
einer Entziehungsanstalt angeordnet.
Mit seiner auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revision
rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Das
Rechtsmittel hat Erfolg.
Der Generalbundesanwalt hat ausgeführt:
"Die Revision rügt zu Recht, daß das Landgericht ein
Absehen von Jugendstrafe gemäß § 5 Abs. 3
JGG nicht geprüft hat.
Wird aus Anlass der Straftat eines Jugendlichen oder Heranwachsenden
dessen Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet, so ist von
Jugendstrafe abzusehen, wenn die Maßregelanordnung die
Ahndung durch Jugendstrafe entbehrlich macht (§ 5 Abs. 3 JGG).
Durch diese spezifisch jugendstrafrechtliche Vorschrift soll dem
Gedanken der Einspurigkeit freiheitsentziehender Maßnahmen im
Jugendstrafrecht Rechnung getragen werden (vgl. BGHSt 39, 92, 95
m.w.N.). Eine entsprechende Prüfung und Entscheidung ist dem
angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen. Auch wenn das Landgericht die
Vorschrift bedacht haben sollte, muss es sich in den
Urteilsgründen dazu äußern, um eine
Nachprüfung der getroffenen Entscheidung zu
ermöglichen (vgl. Diemer in Diemer/Schoreit/Sonnen JGG 3.
Aufl. § 5 Rdn. 15 m.w.N.). Wegen des Sachzusammenhangs
zwischen Jugendstrafe und Unterbringung (vgl. BGHR JGG § 5
Abs. 3 Absehen 1) ist auch der - für sich gesehen -
rechtsfehlerfrei begründete Ausspruch über die
Unterbringung nach § 64 StGB mit den Feststellungen
aufzuheben. Die Rechtsfolgen sind im Rahmen der gebotenen neuen
Erwägungen, auch unter Berücksichtigung der weiteren
Entwicklung des Angeklagten in der Untersuchungshaft, mit
sachverständiger Hilfe nochmals sorgfältig zu
prüfen."
Dem kann sich der Senat nicht verschließen. Zwar liegt nach
den bisherigen Feststellungen die Annahme, daß die
Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt die Ahndung
seiner Taten durch die Verhängung einer Jugendstrafe
entbehrlich macht, eher fern. Der Senat kann aber gleichwohl
nicht ausschließen, daß das Landgericht,
hätte es diese Frage, wie vom Gesetz zwingend vorgegeben,
geprüft, zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre.
Maatz Richter am Bundesgerichtshof Athing
Dr. Kuckein ist wegen urlaubsbedingter Abwesenheit verhindert zu
unterschreiben
Maatz Ernemann Sost-Scheible |