BGH,
Beschl. v. 29.4.2008 - 4 StR 148/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 148/08
vom
29.4.2008
in der Strafsache
gegen
wegen Hehlerei u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung -
zu § 154 a StPO mit Zustimmung - des Generalbundesanwalts und
nach Anhörung des Beschwerdeführers am 29.4.2008
gemäß §§ 154 a Abs. 2, 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Bochum vom 13. Dezember 2007
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der
Beihilfe zum Diebstahl und zur Hehlerei in jeweils zwei
tateinheitlichen Fällen [III. Fälle 1), 2), 5) und
6/7) der Urteilsgründe], der Beihilfe zum versuchten
Diebstahl, der versuchten Strafvereitelung, der Hehlerei sowie des
vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis schuldig ist,
b) im Maßregelausspruch dahin ergänzt, dass der
Führerschein des Angeklagten eingezogen wird,
c) in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den
Fällen III. 1), 2), 5) und 6/7) der Urteilsgründe und
über die Gesamtstrafe aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Einbeziehung der
Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 9. November
2005 und unter Auflösung der dort verhängten
Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren wegen Begünstigung in
zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und
sechs Monaten sowie wegen Hehlerei, wegen Begünstigung in zwei
Fällen, wegen versuchter Strafvereitelung, wegen Beihilfe zum
versuchten Diebstahl "im besonders schweren Fall" und wegen
vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer weiteren
Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt.
Ferner hat es dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen und bestimmt,
dass die Verwaltungsbehörde dem Angeklagten vor Ablauf eines
Jahres keine neue Fahrerlaubnis erteilen darf. Gegen dieses Urteil
wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er allgemein
die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat in
dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im
Übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs. 2 StPO.
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1. Das Urteil hält der sachlich-rechtlichen
Nachprüfung nicht stand, soweit das Landgericht den
Angeklagten der Begünstigung für schuldig befunden
hat [III. Fälle 1), 2), 5) sowie 6/7) der
Urteilsgründe].
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a) Nach den Feststellungen stellte der Angeklagte seinem Bruder Z. T.
regelmäßig seinen ebay account zur
Verfügung. Spätestens seit Anfang 2005 war der
Angeklagte auch damit einverstanden, dass sein Bruder über
seinen ebay account von ihm selbst oder von Dritten gestohlene Sachen
verkaufte. Die jeweiligen Käufer zahlten den Kaufpreis auf ein
Giro-Konto des Angeklagten ein, der den entsprechenden Betrag dann von
seinem Konto abhob und
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das Geld bar an seinen Bruder aushändigte. Der Angeklagte
wollte seinem Bruder dadurch beim Absatz gestohlener Waren helfen. Dass
der Angeklagte selbst einen Teil der Verkaufserlöse
für sich behielt, konnte nicht festgestellt werden.
Auf diese Weise veräußerte Z. T. im Zeitraum von
Mitte Mai 2005 bis Mitte April 2006 in vier Fällen aus
Diebstählen stammende Gegenstände über den
ebay account des Angeklagten, wobei in den Fällen III. 1) und
2) die Gegenstände von Z. selbst gestohlen worden waren,
während in den Fällen III. 5) sowie 6/7) Z. T. sich
die Gegenstände in Kenntnis von deren Herkunft verschafft
hatte.
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b) Das Landgericht hat die Förderung des Absetzens der
gestohlenen Gegenstände und das Weiterleiten der
Verkaufserlöse durch den Angeklagten an seinen Bruder als
Begünstigung nach § 257 StGB gewertet. Hehlerei
(§ 259 Abs. 1 StGB) in der Form der Absatzhilfe hat es
verneint, weil der Angeklagte sich selbst nicht bereichert habe und
sein Bruder hier nicht "Dritter" im Sinne des Hehlereitatbestandes
gewesen sei.
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c) Die rechtliche Beurteilung der Taten als vier selbständige
Taten der Begünstigung im Sinne von § 257 StGB
begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
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aa) Die Begünstigung ist nach ständiger
Rechtsprechung nur strafbar, soweit dem Vortäter dadurch die
unmittelbaren Vorteile der Tat gesichert werden sollen, die er zur Zeit
der Begünstigungshandlung noch innehaben muss (BGHSt 24, 166
f; 36, 277, 281; BGH NStZ 1987, 22; Cramer in MüKo-StGB
§ 257, Rdn. 11, 13; Stree in
Schönke/Schröder StGB 27. Aufl. § 257, Rdn.
23).
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Denn um "die" Vorteile der Tat handelt es sich nicht mehr, wenn dem
Vortäter sich erst aus der Verwertung der Tatvorteile
ergebende wirtschaftliche Werte zugewendet oder gesichert werden sollen
(BGH NStZ aaO). Danach ist der Erlös aus einem Verkauf des
Erlangten kein unmittelbarer Vorteil mehr, der Gegenstand der
Begünstigung im Sinne des § 257 Abs. 1 StGB sein kann
(Fischer StGB 55. Aufl. § 257 Rdn. 6). Diese tatbestandlichen
Voraussetzungen des § 257 Abs. 1 StGB hat das Landgericht
nicht hinreichend bedacht.
bb) Allerdings könnte eine taugliche
Begünstigungshandlung im Sinne des § 257 Abs. 1 StGB
darin zu sehen sein, dass der Angeklagte seinem Bruder seinen ebay
account zur Verfügung stellte und ihm dadurch bei dem Verkauf
der entwendeten Gegenstände Hilfe leistete (vgl. Fischer aaO).
Voraussetzung wäre indes, dass der Angeklagte dabei zumindest
auch in der Absicht gehandelt hätte, seinen Bruder vor der
Wiederentziehung der entwendeten Gegenstände zu bewahren
(BGHSt 2, 362, 364). Eine solche Absicht ist jedoch nicht belegt.
Vielmehr hat das Landgericht ausdrücklich festgestellt, dass
weder der Angeklagte noch sein Bruder im Tatzeitraum einen Zugriff der
Ermittlungsbehörden befürchteten.
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Der Angeklagte hat aber entgegen der Auffassung des Landgerichts auch
dadurch, dass er nach dem Verkauf den Erlös jeweils an seinen
Bruder ausgekehrt hat, den Tatbestand der Begünstigung nicht
erfüllt; denn die Erlöse stellten nicht mehr die von
seinem Bruder erlangten unmittelbaren Tatvorteile dar. Anders verhielte
es sich insoweit nur, wenn Z. T, - was aber nicht festgestellt ist -
durch die Verkäufe tatbestandsmäßig Betrug
zum Nachteil der Erwerber begangen hätte und der Angeklagte
tätig geworden wäre, um ihm die betrügerisch
erlangten Verkaufserlöse zu sichern (vgl.
Schönke/Schröder-Stree aaO).
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c) Davon abgesehen, steht dem Schuldspruch wegen Begünstigung
die Subsidiaritätsklausel des § 257 Abs. 3 Satz 1
StGB entgegen, wonach wegen Begünstigung nicht bestraft wird,
wer wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist. Davon ist hier
auszugehen. Denn nach den Feststellungen stellte der Angeklagte seinem
Bruder seinen ebay account bereits spätestens Anfang 2005 in
dem Wissen zur Verfügung, dass sein Bruder unter seinem, des
Angeklagten, Namen über seinen ebay account die entwendeten
Waren veräußern würde. Hat er damit seinem
Bruder aber schon im Voraus die Hilfestellung beim Absatz der
entwendeten Gegenstände zugesagt, liegt darin zugleich eine
Beihilfe zu den von seinem Bruder begangenen Diebstählen [III.
1) und 2)] bzw. zu der Hehlerei in den Fällen III. 5) sowie
6/7).
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d) Der Schuldspruch bedarf aber auch hinsichtlich der Konkurrenz der
vom Landgericht als Begünstigung gewerteten Taten der
Änderung. Denn nach den getroffenen Feststellungen ist davon
auszugehen, dass der Angeklagte seinem Bruder von vornherein
für dessen nachfolgende Straftaten die Benutzung seines ebay
account gestattete, ohne dass dies insoweit jeweils ein erneutes
Tätigwerden des Angeklagten verlangte. Darauf kommt es aber
an, da sich nach ständiger Rechtsprechung die Frage der
Konkurrenz für jeden Tatbeteiligten selbständig nach
der Anzahl seiner Tathandlungen beurteilt (vgl. BGHR StGB § 27
Abs. 1 Konkurrenzen 1). Hat der Angeklagte damit aber seinem Bruder
jedenfalls nicht ausschließbar einmal allgemein gestattet,
künftig seinen ebay account für die Verkäufe
zu nutzen, hat er sich ungeachtet der mehreren selbständigen
Straftaten seines Bruders nach dem Zweifelsgrundsatz nur rechtlich
einer einheitlichen Beihilfehandlung schuldig gemacht (vgl. Fischer aaO
§ 27 Rdn. 31 mit Rechtsprechungsnachweisen). Diese
einheitliche Beihilfehandlung wurde erst mit der letzten Tat des
Bruders, und damit nach der Vor-
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verurteilung des Angeklagten vom 9. November 2005 beendet (vgl. Fischer
aaO vor § 52 Rdn. 58 und § 55 Rdn. 7).
e) Der Senat ändert nach alledem den Schuldspruch auf der
Grundlage der getroffenen Feststellungen in entsprechender Anwendung
von § 354 Abs. 1 StPO dahin, dass der Angeklagte statt der
vier als Begünstigung ausgeurteilten Fälle der
(einen) Beihilfe zum Diebstahl bzw. zur Hehlerei in jeweils zwei
tateinheitlichen Fällen schuldig ist. § 265 StPO
steht dem nicht entgegen. Denn es ist auszuschließen, dass
sich der insoweit geständige Angeklagte gegen den
geänderten Schuldspruch wirksamer verteidigt hätte.
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Soweit nicht ausschließbar die Veräußerung
der gestohlenen Gegenstände durch den Bruder des Angeklagten
auch eine tatbestandsmäßige Betrugshandlung
darstellt und der Angeklagte durch die Auskehrung des jeweiligen
Verkaufserlöses insoweit den Begünstigungstatbestand
erfüllt haben kann (s.o. zu b bb a.E.), hat der Senat mit
Zustimmung des Generalbundesanwalts die Verfolgung
gemäß § 154 a Abs. 2 StPO auf den Vorwurf
der Beihilfe zum Diebstahl bzw. zur Hehlerei beschränkt.
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f) Die Änderung des Schuldspruchs hat die Aufhebung der von
der Schuldspruchänderung betroffenen Einzelstrafen sowie des
Gesamtstrafenausspruchs zur Folge. Hierüber ist deshalb neu zu
befinden. Insoweit weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass infolge
der erst nach dem Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 9. November 2005
eingetretenen Beendigung der Beihilfehandlung auch die
Zäsurwirkung jenes Urteils entfällt, dessen
Gesamtstrafe mithin bestehen bleibt. Deshalb ist in dieser Sache nur
noch ein einzige Gesamtstrafe aus den Einzelstrafen der hier
abgeurteilten Taten zu bilden; sie darf dabei mit Blick auf das
Verschlechterungsverbot allerdings nicht höher sein als
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die Differenz zwischen der Summe der im angefochtenen Urteil erkannten
beiden Gesamtstrafen (vier Jahre und neun Monate) und der nunmehr
bestehen bleibenden Gesamtstrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe aus
dem früheren Urteil; sie ist somit begrenzt auf zwei Jahre
neun Monate Gesamtfreiheitsstrafe.
Der Aufhebung der für die Strafzumessung
maßgeblichen Feststellungen im angefochtenen Urteil bedarf es
nicht. Der neue Tatrichter ist dadurch aber nicht gehindert, insoweit
ergänzende Feststellungen zu treffen, die mit den bisher
getroffenen nicht in Widerspruch stehen.
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2. Schließlich bedarf der Maßregelausspruch der
Ergänzung dahin, dass der Führerschein des
Angeklagten eingezogen wird. Diese im angefochtenen Urteil
unterbliebene, nach § 69 Abs. 3 Satz 2 StGB zwingende
Anordnung als Folge der Entziehung der Fahrerlaubnis kann im
Revisionsverfahren auch dann nachgeholt werden, wenn allein der
Angeklagte Revision eingelegt hat (st. Rspr.; BGHSt 5, 168, 178; BGH,
Beschl. vom 11. Juni 1997 - 2 StR 137/97 m.w.N.).
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Tepperwien Maatz Kuckein
Athing Sost-Scheible |