BGH,
Beschl. v. 29.9.2003 - 3 StR 338/03
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 338/03
vom
29.09.2003
in der Strafsache
gegen
wegen Raubes u. a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
29.09.2003 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Wuppertal vom 12. März 2003 mit den zugehörigen
Feststellungen
aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die
Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt
unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels,
an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Raubes in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung zu einer
Freiheitsstrafe von sechs Jahren und
sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit
seiner auf
die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision.
Hinsichtlich des Schuld- und Strafausspruchs ist das Rechtsmittel
unbegründet
im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Die Strafkammer hat allerdings
übersehen,
daß der Angeklagte einen schweren Raub
gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 3
Buchst. a StGB begangen haben kann. Nach den Feststellungen hat er bei
der
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Tat gemeinsam mit anderen sein Opfer mit einem Schlag gegen den Kopf zu
Boden gebracht und ihm anschließend so heftige Tritte,
insbesondere in das
Gesicht und gegen die Brust, versetzt, daß der
Geschädigte das Bewußtsein
verlor. Der als Zeuge vernommene behandelnde Arzt hat bekundet, solche
Verletzungen habe er selten gesehen (UA S. 25). Auch hat die Strafkammer
den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c
StGB mit der
jedenfalls bedenklichen Begründung verneint, die Tritte des
Angeklagten in das
Gesicht des Opfers - die unter anderem eine "extreme Schwellung des
linken
Auges" (UA S. 17) zur Folge hatten - seien nur abstrakt
gefährlich gewesen.
Durch diese Fehler wird der Angeklagte aber nicht beschwert.
Dagegen ist das Urteil aufzuheben, soweit eine Entscheidung zur
Unterbringung
des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Nach den Feststellungen hat der Angeklagte den Hang, Alkohol im
Übermaß zu sich zu nehmen (UA S. 14). Er
gehörte einer Gruppe von Alkoholikern
an, die sich regelmäßig zu gemeinsamem Alkoholkonsum
trafen; am Tattag
hatte er eine unbekannte Menge Alkohol getrunken. Die Strafkammer
konnte zwar nicht positiv feststellen, daß der Angeklagte
infolgedessen in seiner
Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war; die
Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt setzt jedoch eine verminderte
Schuldfähigkeit im Sinne von
§ 21 StGB nicht voraus (BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 2).
Die Unterbringung nach § 64 StGB ist zwingend anzuordnen, wenn
deren
Voraussetzungen vorliegen. Das Landgericht hätte deshalb
prüfen müssen,
ob zwischen dem Hang des Angeklagten zu
übermäßigem Alkoholkonsum und
der Tat ein symptomatischer Zusammenhang gegeben war - was angesichts
früherer Straftaten, bei denen der Angeklagte ebenfalls unter
Alkoholeinfluß
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gewalttätig wurde, naheliegt - und ob die Gefahr besteht,
daß der Angeklagte
auch künftig infolge seines Hanges erhebliche rechtswidrige
Taten begehen
wird. Es ist nicht ersichtlich, daß es bei dem Angeklagten an
der erforderlichen
hinreichend konkreten Aussicht eines Behandlungserfolgs mangelt (vgl.
BVerfGE 91, 1), zumal er sich erst einige Wochen vor Beginn der
Hauptverhandlung
- offenbar freiwillig - einer Entgiftung unterzogen hat. Einer etwaigen
Nachholung der Unterbringung steht auch nicht entgegen, daß
allein der Angeklagte
Revision eingelegt hat (vgl. BGHSt 37, 5, 9).
Die Aufhebung des Strafausspruchs ist nicht veranlaßt. Der
Senat kann
ausschließen, daß im Falle der Unterbringung gegen
den erheblich vorbestraften
Angeklagten auf eine niedrigere Strafe erkannt worden wäre.
Tolksdorf Miebach Pfister
Becker Hubert |